Welche rechtlichen Probleme tauchen auf? Feiern trotz Krankschreibung ist ein Kündigungsgrund

Wenn du krankgeschrieben bist, erhältst du zunächst vom Arbeitgeber eine Lohnfortzahlung. Da ist es verständlich, dass du alle Aktivitäten unterlassen sollst, die deiner Genesung im Wege stehen. Gehst du trotz Krankschreibung feiern, kann sogar der Verdacht im Raum liegen, du hättest dir die Krankschreibung durch Vortäuschung falscher Tatsachen erschlichen. Und das kann zur fristlosen Kündigung führen.

von N. Haussmann
11.11.2024
3 Min Lesezeit

Feiern trotz Krankmeldung Das Wichtigste in Kürze

  • Das AG Siegburg entschied, dass die Kündigung einer krankgeschriebenen Pflegeassistentin, die feiern war, rechtmäßig war.

  • Ausgehen während der Krankschreibung kann arbeitsrechtliche Konsequenzen haben.

  • Der Arbeitgeber muss Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Krankschreibung beweisen.

  • Bei arbeitsrechtlichen Problemen kannst du dich von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen.

Worum ging es in dem Fall, den das AG Siegburg zu entscheiden hatte?

Das AG Siegburg hatte in einem Fall zu entscheiden, in dem sich eine Pflegeassistentin krank meldete, aber feiern gegangen ist, was letztlich zu einer fristlosen Kündigung führte.

Die Pflegeassistentin war für die Spätschicht eingeteilt und meldete sich für den 02.07. und 03.07.2022 krank. In ihrem WhatsApp-Status fand sich dann allerdings ein Bild, das sie offensichtlich bei bester Gesundheit auf einer "White Night Ibiza Party" zeigte. Aufgrund dieser Täuschung entschied das Arbeitsgericht, dass die fristlose Kündigung seitens des Arbeitgebers gerechtfertigt war.

Die Klägerin versuchte vor Gericht ihre Abwesenheit mit psychischen Problemen zu erklären, die jedoch laut Gericht nach zwei Tagen ohne therapeutische Maßnahmen unglaubhaft erschienen. Das Gericht stellte außerdem fest, dass die Klägerin bereits in früheren Verfahren Unwahrheiten verbreitet hatte.

Bisher ist das Urteil noch nicht rechtskräftig. Ob die Klägerin in Berufung gehen wird, bleibt abzuwarten.

Weshalb ist eine fristlose Kündigung bei Feiern trotz Krankschreibung gerechtfertigt?

Eine fristlose Kündigung trotz Krankmeldung kann aus verschiedenen Gründen gerechtfertigt sein:

  • Wenn du vorgibst, krank zu sein, um dich der Arbeit zu entziehen, aber tatsächlich an sozialen Veranstaltungen teilnimmst, wird das Vertrauensverhältnis zwischen deinem Arbeitgeber und dir erheblich beeinträchtigt. Dein Arbeitgeber muss darauf vertrauen können, dass du ehrlich bist, insbesondere wenn es um deine Gesundheit und deine Fähigkeit geht, deine Arbeit zu erledigen.

  • Eine fristlose Kündigung kann gerechtfertigt sein, um einen Präzedenzfall zu setzen und deine Mitarbeiter vor dem Missbrauch von Krankheitszeiten abzuschrecken. Wenn Mitarbeiter sehen, dass du ungestraft davonkommt, indem du vorgibst krank zu sein, während du tatsächlich feierst oder andere Aktivitäten unternimmst, könnte dies zu einem ungesunden Arbeitsumfeld führen und die Produktivität beeinträchtigen.

  • Wenn du trotz Krankschreibung wichtige Aufgaben vernachlässigst, kann dies zu erheblichen finanziellen Verlusten für das Unternehmen führen. In einigen Fällen kann die fristlose Kündigung demzufolge als notwendige Maßnahme angesehen werden, um den Schaden zu begrenzen.

  • Viele Arbeitsverträge und Unternehmensrichtlinien enthalten Bestimmungen, die es dir verbieten können, während einer Krankheitszeit bestimmte Aktivitäten auszuüben, die deine Genesung oder deine Fähigkeit zur Arbeit beeinträchtigen könnten. In solchen Fällen könnte eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sein, wenn du gegen diese Vereinbarungen verstößt.

Welchen rechtlichen Wert hat eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?

Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, umgangssprachlich auch als AU bekannt, hat einen hohen rechtlichen Wert im Arbeitsrecht. Sie dient als offizielle Bestätigung eines Arztes darüber, dass du aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage bist, deine Arbeitspflichten zu erfüllen. Diese Bescheinigung ist in der Regel erforderlich, um einen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gemäß den gesetzlichen Vorschriften zu haben.

Dein Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, die AU-Bescheinigung anzuerkennen.

In welchen Fällen darf dein Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzweifeln?

Obwohl die AU-Bescheinigung einen hohen rechtlichen Wert hat, gibt es bestimmte Situationen, in denen dein Arbeitgeber berechtigt ist, sie anzuzweifeln oder zu überprüfen:

  1. Wiederholtes Krankheitsverhalten: Wenn du wiederholt kurzfristig krankgeschrieben bist, kann dein Arbeitgeber berechtigt sein, die AU-Bescheinigung genauer zu prüfen, um sicherzustellen, dass kein Missbrauch vorliegt.

  2. Ungewöhnliche Umstände: Wenn die Umstände der Krankmeldung ungewöhnlich erscheinen oder Zweifel an ihrer Richtigkeit bestehen, kann dein Arbeitgeber zusätzliche Informationen oder ärztliche Nachweise von dir verlangen.

  3. Verdacht auf Fehlverhalten: Wenn dein Arbeitgeber konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass du die Krankheit nur vortäuschst oder falsche Angaben machst, um dich vor der Arbeit zu drücken, kann er die AU-Bescheinigung anzweifeln und weitere Untersuchungen durchführen.

  4. Missbrauch von Freizeit: Wenn dein Arbeitgeber feststellt, dass du während deiner Krankheitszeit Aktivitäten ausübst, die deiner angeblichen Krankheit widersprechen, kann auch dies Zweifel an der Richtigkeit der AU-Bescheinigung aufkommen lassen.

Es gibt verschiedene Urteile, die einen Überblick darüber geben, wann dein Arbeitgeber berechtigte Zweifel an einer Krankschreibung anmelden kann. So entschied beispielsweise das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 8. September 2021, Az. 5 AZR 149/21), dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die exakt in den Kündigungszeitraum fällt, einen berechtigten Zweifel des Arbeitgebers rechtfertigt und er keine Lohnfortzahlung leisten muss.

Wenn dein Arbeitgeber Zweifel an der Richtigkeit einer Krankmeldung hat, ist er verpflichtet, nachzuweisen, dass seine Zweifel berechtigt sind. Zunächst sollte er ein offenes Gespräch mit dir suchen und versuchen, eine Lösung zu finden, bevor er weitere Schritte unternimmt.

Wie kann dein Arbeitgeber bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit vorgehen?

Krankgeschrieben und feiern gehen ist keine gute Idee. Wenn dein Arbeitgeber Zweifel an der Richtigkeit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat, sollte er angemessen und respektvoll vorgehen, um die Situation zu klären, ohne deine Privatsphäre zu verletzen.

Der Arbeitgeber sollte folgenderweise vorgehen:

  • Er sollte darauf achten, dass bei der Überprüfung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen alle geltenden Arbeitsgesetze und Datenschutzbestimmungen eingehalten werden.

  • Ein vertrauliches Gespräch mit dir über seine Bedenken bezüglich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann geführt werden. Er sollte dir die Möglichkeit geben, deine Situation zu erklären.

  • Wenn er weiterhin Zweifel hat, kann er dich bitten, dich einer ärztlichen Untersuchung durch einen Betriebsarzt oder einen unabhängigen Arzt zu unterziehen. Diese Untersuchung sollte freiwillig sein und mit deinem Einverständnis erfolgen.

  • Er kann gegebenenfalls zusätzliche medizinische Informationen oder ärztliche Gutachten anfordern, um deine Arbeitsunfähigkeit zu überprüfen.

  • Halte alle Schritte und Kommunikationen schriftlich fest, um im Falle des Falls stets einen Nachweis zu haben.

Wenn du unsicher bist oder rechtliche Bedenken hast, ist es ratsam, rechtlichen Rat einzuholen, um sicherzustellen, dass du angemessen handelst und mögliche rechtliche Risiken minimierst. Ein Anwalt für Arbeitsrecht ist in einem solchen Fall der richtige Ansprechpartner für dich.

Wie hilft dir ein Anwalt bei arbeitsrechtlichen Problemen im Zusammenhang mit einer Krankmeldung?

Wenn du arbeitsrechtliche Probleme hinsichtlich einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bekommen hast, weil dein Arbeitgeber diese anzweifelt, kannst du erste hilfreiche Informationen zum weiteren Vorgehen in unserer Erstberatung erhalten.

Über unsere AutorenNina Haussmann

Nina Haussmann ist seit 2016 freiberufliche Texterin, Ghostwriterin und Lektorin. Mit einem Bachelor-Abschluss in Germanistik und Politikwissenschaften und einem Master-Abschluss in Deutscher Literatur hat sie nicht nur ein fundiertes Wissen über die Feinheiten der deutschen Sprache, sondern auch die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte verständlich aufzubereiten. Hauptsächlich schreibt sie Texte im juristischen Bereich, vorwiegend zum Thema Erbrecht, und Ratgebercontent. So unterstützt sie auch die KLUGO-Redaktion seit Anfang 2020 regelmäßig mit Blog- und Contentbeiträgen.

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