Arbeitsrecht Habe ich auf der Arbeit einen Anspruch auf Hitzefrei?
Bei extremer Hitze ist dein Nervensystem weniger effektiv, deine Leistungsfähigkeit sinkt. Die Studie „Hitzebeanspruchung und Leistungsfähigkeit in Büroräumen bei erhöhten Außentemperaturen“ der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat gezeigt, dass du durch den Klimawandel mit einer erhöhten Wärmebelastung rechnen musst. Das bedeutet, auch wenn dein Arbeitsplatz, bisher nicht oder nur geringer Hitze ausgesetzt war, unterliegt er in Zukunft den Auswirkungen der Temperaturveränderungen. Du solltest vorbereitet sein, denn rund um Hitzefrei gibt es vieles zu beachten.
Hitzefrei auf der Arbeit Das Wichtigste in Kürze
Einen gesetzlichen Anspruch auf Hitzefrei hast du nicht.
Es kann aber Ausnahmen bei sehr hohen Temperaturen geben.
Die Vorgaben zur Raumtemperatur von Arbeitsplätzen regeln die ASR A3.5.
Bis 26 Grad gibt es nur Empfehlungen für angemessenen Sonnenschutz.
Ab 30 Grad Raumtemperatur am Arbeitsplatz muss dein Arbeitgeber handeln.
Habe ich einen Anspruch auf Hitzefrei?
Dein Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass deine Gesundheit unversehrt bleibt und er muss dich auch vor Auswirkungen durch hohe Temperaturen am Arbeitsplatz entsprechend schützen. Du hast aber keinen gesetzlichen Anspruch auf Hitzefrei. Allerdings muss die Geschäftsleitung dafür sorgen, dass dein Arbeitsplatz nicht zur Sauna wird.
Die Vorgaben dazu sind in der Arbeitsstättenverordnung enthalten und sehen im Grundsatz vor, dass die Betriebsräume so einzurichten sind, dass deine Sicherheit und Gesundheit gewährleistet ist.
Führt die Sonneneinstrahlung durch Fenster, Oberlichter und Glaswände zu einer Erhöhung der Raumtemperatur über +26 °C, so muss dein Arbeitgeber diese Bauteile mit geeigneten Sonnenschutzsystemen auszurüsten. Störende direkte Sonneneinstrahlung auf deinen Arbeitsplatz ist zu vermeiden. Anforderungen an einen wirksamen Blendschutz an Fenstern, Oberlichtern und Glaswänden enthält die ASR A3.4 „Beleuchtung“.
Was gilt bei Hitze laut Arbeitsrecht?
Konkret sehen die „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“, kurz Arbeitsstättenregeln (ASR), vor, dass die Lufttemperatur in deinen Arbeitsräumen 26 Grad Celsius nicht übersteigen soll. Das gilt auch für die Sozialräume, in denen du dich aufhältst. Die Fürsorgepflicht deines Arbeitgebers bei Hitze ist in ASR A3.5 Raumtemperatur enthalten und gilt zusammen mit der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).
Die technischen Regeln geben auch Beispiele für gestalterische Maßnahmen, um die Raumtemperatur in deinem Büro bei maximal 26 Grad zu halten bzw. zu verhindern, dass die Temperatur über diese Marke steigt.
Dazu gehören beispielsweise:
Vordächer
Balkone
Feststehende Lamellen
Bepflanzungen
Sonnenschutzvorrichtungen von außen
Jalousien oder hinterlüftete Markisen
Innenliegende hochreflektierende oder helle Sonnenschutzvorrichtungen
Sonnenschutzverglasungen
Blendschutz
Ab wie viel Grad muss ich bei Hitze nicht mehr arbeiten?
Steigt die Temperatur über 26 Grad Celsius, obwohl dein Arbeitgeber alle Maßnahmen, wie oben in der Aufzählung beispielhaft genannt, getroffen hat, dann können zusätzliche Maßnahmen getroffen werden, wie:
Lüftung in den frühen Morgenstunden
Lockerung der Bekleidungsregeln
Festlegung zusätzlicher Entwärmungsphasen
Nutzung von Ventilatoren
Effektive Steuerung des Sonnenschutzes
Nutzung von Gleitzeitregelungen zur Arbeitszeitverlagerung
Dein Arbeitgeber sollte dir Trinkwasser zur Verfügung stellen.
Sind diese Maßnahmen nicht ausreichend, kannst du in Einzelfällen das Arbeiten einstellen. Allerdings sieht der Gesetzgeber hier noch weitere Möglichkeiten vor, die genau das verhindern sollen. Dazu gehört beispielsweise, dass du eine schwere körperliche Arbeit einstellst und stattdessen eine andere Tätigkeit übernimmst, um die Belastungen durch die hohe Hitze zu reduzieren.
Droht dir eine Gesundheitsgefährdung durch besondere Arbeits- oder Schutzkleidung, die du tragen musst, die aber die Wärmeabgabe stark behindert, kann es für dich ebenfalls rechtlich in Ordnung sein, deine Arbeit einzustellen. Bist du ein schutzbedürftiger Mitarbeiter, wie Jugendlicher, älterer Mitarbeiter, schwanger oder stillende Mutter, so unterliegst du einer besonderen Schutzwürdigkeit. Du solltest jedoch nicht einfach die Arbeit einstellen oder gar verweigern. Vielmehr solltest du den Dialog mit deinem Vorgesetzten suchen, um eine Lösung zu finden.
Welche Maßnahmen muss mein Arbeitgeber bei +30 Grad ergreifen?
Ab diesen Temperaturen gilt es, dich vor ernsthaften Gefahren durch Hitze zu schützen. Mit technischen oder organisatorischen Maßnahmen muss dein Arbeitgeber ab diesen Temperaturen die Risiken für seine Belegschaft senken.
Dabei kann er beispielhaft folgende Maßnahmen ergreifen:
Nutzung der Gleitzeitregelung
Lockerung der Bekleidungsregelungen
Festlegung zusätzlicher Entwärmungsphasen
Nutzung von Ventilatoren
Reduzierung innerer thermischer Lasten
Nachtauskühlung über Steuerung der Lüftungseinrichtungen
Sonnenschutz auch nach Arbeitsende geschlossen halten
Bereitstellung von Trinkwasser
Welche Maßnahmen muss mein Arbeitgeber bei +35 Grad ergreifen?
Ab einer Lufttemperatur von 35 Grad und darüber hinaus ist dein Arbeitsraum nicht mehr zum Arbeiten geeignet. Die Temperatur wird allerdings dann gemessen, wenn alle anderen Maßnahmen bereits realisiert wurden. Das bedeutet, nur dann, wenn trotz Lüftung, Jalousien, Ventilatoren und so weiter, die Lufttemperatur auf über 35 Grad Celsius steigt, gilt diese Aussage.
Bei Temperaturen über 35 °C ist dein Arbeitsplatz laut ASR A3-5 4.4 nicht mehr zum Arbeiten geeignet. Technische und organisatorische Maßnahmen wie Luftduschen, Entwärmungsphasen oder die Zurverfügungstellung von Hitzeschutzkleidung sind dann obligatorisch, wobei dein Arbeitgeber zwischen den möglichen Schutzmaßnahmen, die ihm als geeignet erscheinenden, wählen darf.
Sind die Vorgaben der ASR rechtlich bindend?
Bei den Technischen Regeln handelt es sich nur um Empfehlungen, nicht aber um gesetzlich einzuhaltende Vorgaben. Zwar werden die ASR als Standard herangezogen und von den meisten Betrieben anerkannt bzw. umgesetzt. Allerdings haben die ASR keinen Anspruch auf Rechtsverbindlichkeit. Sie lassen deinem Arbeitgeber darüber hinaus einen gewissen Spielraum.
Wichtig für dich als Betroffenen ist auch das Verständnis der unterschiedlichen Temperaturbegriffe der ASR, die folgende Aufteilung bzw. Definition vorsehen:
Die Raumtemperatur ist die Temperatur, die von Menschen empfunden und durch Lufttemperatur und die Temperatur der umgebenden Flächen bestimmt wird.
Bei der Lufttemperatur handelt es sich um die den Menschen umgebende Luft, und zwar ohne Einwirkung von Wärmestrahlung.
Das Klimasummenmaß ist die Zusammenfassung von Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftgeschwindigkeit, Wärmestrahlung und weiteren Klimagrößen.
Gilt im Homeoffice auch Hitzefrei?
Die bisherigen Studien lassen den Schluss zu, dass hohe Temperaturen einen direkten Einfluss auf die menschliche Psyche und die Leistungsfähigkeit haben. Die Symptome von psychischen Erkrankungen verschlimmern sich während Hitzewellen oder treten verstärkt neu auf. Auch im Homeoffice bist du als Arbeitnehmer hohen Temperaturen ausgesetzt, wenn das Wetter mal wieder neue Hitzerekorde anstrebt.
Wenn du also im Homeoffice bei über 35 Grad zu Hause in Räumen oder auf der Terrasse arbeitest, liegt das in deiner eigenen Verantwortung.
Es gibt hier keinen Anspruch auf Hitzefrei, denn genau wie für Telearbeitsplätze existieren keine Hitzegrenzen. Da hier nur die Vorgaben für Bildschirmarbeitsplätze greifen, die keine Empfehlungen für die Raumtemperatur enthalten, bleibt dir nichts anderes übrig, als Selbsthilfe zu betreiben und für Abkühlung zu sorgen.
Welche Konsequenzen drohen deinem Arbeitgeber, wenn er die Vorgaben nicht einhält?
Auch wenn die ASR nur einen Empfehlungscharakter haben, muss dein Arbeitgeber mit Konsequenzen rechnen. In der Praxis orientieren sich Behörden und Gerichte an den Vorgaben der ASR (OLG Düsseldorf, Urteil v. 27.10.2020, 21 U 57/17; BGH, Beschluss v. 15.9.2021, VII ZR 178/20).
Ein Verstoß kann als Verletzung des Arbeitsschutzes gewertet und gemäß § 25 ArbSchG als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro geahndet werden.
Was kann ich tun, wenn ich kein Hitzefrei auf der Arbeit bekomme, aber mich schlecht fühle?
Wenn du an Schwindel oder Übelkeit leidest und dies auf die Hitze am Arbeitsplatz zurückzuführen ist, solltest du zunächst schnellstens einen Arzt aufsuchen. Eine Überhitzung oder Dehydration ist kein Kinderspiel und sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sollte dann vorgelegt werden, wenn du länger als einen Tag ausfällst.
Wie hilft dir ein Anwalt bei Hitze im Büro?
Bei einer Raumtemperatur von über 35 Grad sind Arbeitsräume nicht mehr zum Arbeiten geeignet, doch das interessiert viele Arbeitgeber nicht. Allerdings ist diese Aussage auch nicht einfach so als Standard anzunehmen. Ob du einen Anspruch auf Hitzefrei hast oder nicht, finden unsere KLUGO Partner-Anwälte für Arbeitsrecht gemeinsam mit dir in einer Erstberatung heraus. Genauso kannst du dir aber auch erste Handlungsempfehlungen einholen, wenn du eine Abmahnung erhalten hast, weil du wegen Hitze im Büro nach Hause gegangen bist.