Ehe, Scheidung und Unterhalt in Deutschland Die 12 größten Irrtümer
Rund 37 Prozent aller in Deutschland geschlossenen Ehen werden geschieden. Über die Eheschließung, den Ablauf der Scheidung und der Unterhaltspflicht kursiert viel Halbwissen. Hier werden die zwölf größten Irrtümer aufgeklärt!
Irrtümern bei Scheidung, Ehe & Unterhalt Das Wichtigste in Kürze
Zwar muss eine Ehe vollzogen werden, aber der Partner darf nicht zum ehelichen Sex gezwungen werden.
Trotz Ehe gehört nicht beiden der jeweilige Besitz. Auch darf jeder selbst über seinen Besitz bzw. Verkauf dessen entscheiden.
Bei Scheidung benötigt der Antragstellende einen Anwalt. Es herrscht Anwaltspflicht.
Auch Arbeitslose müssen Unterhalt zahlen. Der Staat leistet aber einen Unterhaltsvorschuss, wenn derjenige nicht zahlen kann.
Für die Verbindlichkeiten bzw. Schulden des anderen haftet man weder während der Ehe noch nach der Scheidung.
Viert große Eheirrtümer in Deutschland
Lass uns zunächst die größten Irrtümer über die Ehe in Deutschland aus der Welt schaffen:
1. Ehe heißt nicht, „zum Sex verpflichtet“ zu sein
Falsch! Wer sich in Deutschland traut, geht damit eine sogenannte eheliche Lebens- und Geschlechtsgemeinschaft ein. Sex hat demnach mehr als nur den Stellenwert von vergnüglicher Kür. Er gehört zur Ehe dazu. Allerdings dürfte derjenige, der ehelichen Sex vor Gericht einfordert, hierzulande kaum Chancen haben, denn man kann ihn nicht erzwingen, ohne Gesetze zu brechen. Somit stellt das Nichtnachkommen dieser ehelichen Pflicht auch keinen soliden Scheidungsgrund dar.
2. Ehe heißt, der Besitz gehört immer beiden
Falsch! Ihr entscheidet euch mit der Ehe zwar für den gesetzlichen Güterstand, die Zugewinngemeinschaft. Das heißt, dass das Vermögen, das nach der Eheschließung zusammen aufgebaut wird, zu gleichen Teilen beiden Ehepartnern gehört. Anders das Vermögen, das jeder Partner mit in die Ehe brachte, das bleibt auch im Falle einer Scheidung im Eigentum desjenigen, der es vorher erworben hatte. Ihr könnt aber auch einen Ehevertrag aufsetzen, indem ihr ausdrücklich eine Gütertrennung vereinbart: Dann bleiben die Besitzverhältnisse konsequent getrennt wie vor der Ehe. Oder ihr entscheidet euch im Vertrag für eine Gütergemeinschaft: Dann gehört beiden Partnern gemeinschaftlich das von euch in die Ehe eingebrachte sowie das während der Ehezeit erworbene Vermögen.
3. Jeder Ehepartner kann verkaufen, was er will
Falsch! Jeder Ehepartner benötigt die Zustimmung des anderen, wenn er über wesentliche Teile seines Vermögens verfügt. Das bedeutet man kann nicht die Eigentumswohnung oder das gemeinsam genutzte Auto ohne die Zustimmung des Anderen verkaufen. Der Gesetzgeber sichert auf diese Weise, dass nicht ein Ehepartner, beiden die wirtschaftliche Grundlage entziehen kann.
4. Stirbt der eine Partner, erbt der andere alles
Falsch! Ohne Testament greift die gesetzliche Erbfolge. Diese hängt vom jeweiligen Güterstand ab, also davon, wem welcher Teil des Vermögens gehört.
Vier große Scheidungsirrtümer in Deutschland
Das Statistische Bundesamt ermittelt seit 1950 die jährliche Scheidungsrate in Deutschland. Sie sinkt seit 2003 kontinuierlich und lag im Jahr 2016 mit 162.397 Scheidungen bei rund 410.000 Eheschließungen bei 39,6 Prozent. Etwas mehr als jede dritte Ehe wird also geschieden. Auch über die Scheidung in Deutschland kursieren verschiedene Scheidungsirrtümer:
1. Bei einer einvernehmlichen Scheidung braucht man keinen Anwalt
Falsch! Das deutsche Familienrecht sieht vor, dass zumindest der Ehepartner sich von einem Anwalt rechtlich vertreten lässt, der die Scheidung einreicht. Es herrscht somit ein sogenannter Anwaltszwang. Er gilt ausdrücklich auch für einvernehmliche Scheidungen.
Bei diesen gilt allerdings, dass der von einem Anwalt vertretene Partner den notwendigen Scheidungsantrag im Scheidungsverfahren stellen kann, während der andere Partner anschließend bei Gericht ohne einen eigenen Vertreter erscheinen darf. Er kann sich dem, was die Gegenpartei vorbringt dann anschließen, so dass die Scheidung zustande kommt.
2. Ein Anwalt kann beide Ehepartner bei der Scheidung vertreten
Falsch! Ein Anwalt vertritt immer nur eine Partei. Als sogenannter Parteivertreter wahrt er ausschließlich die Interessen einer Partei und vertritt sie. Laut dem bereits oben erwähnten Anwaltszwang kann nur ein Anwalt Anträge im Namen der vertretenen Partei stellen. Das ist auch der Grund dafür, dass jede Partei jeweils einen Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Familienrecht braucht.
3. Statt scheiden lassen, nur trennen – das spart Kosten
Falsch! Ihr könnt euch zwar zur Trennung ohne Scheidung entschließen, müsst jedoch bedenken, dass das Auswirkungen auf den Zugewinnausgleich hat: Der wird per Stichtag berechnet. Und Stichtag ist der Tag, an dem der Scheidungsantrag zugegangen ist – und nicht der Trennungstag. Das bedeutet, dass beim Zugewinnausgleich auch sämtliche vermögensbildende Einkünfte berücksichtigt werden, die seit der Trennung anfielen. Ganz ähnlich ist es mit dem Versorgungsausgleich. Außerdem kann keiner der beiden Partner erneut heiraten, solange die Scheidung nicht erfolgte. Und solange bleibt auch der jeweils andere Ehepartner erbberechtigt. Er hat einen Anspruch auf seinen Pflichtteil, selbst wenn es ein Testament gibt, das ihn ausschließt.
4. Selbst nach der Scheidung haftet man noch für die Schulden des anderen
Falsch! Denn jeder Ehepartner haftet grundsätzlich nur für die Verbindlichkeiten, die er selbst eingegangen ist. Dieser Grundsatz besteht auch nach einer Scheidung. Nur wenn beide gemeinsam Verträge unterschrieben haben, haften auch beide für daraus resultierende Schulden.
Vier große Unterhaltsirrtümer in Deutschland
Als Unterhalt wird das bezeichnet, was ein Partner leistet, um für den Lebensbedarf des anderen Partners und/oder des/der aus der Ehe hervorgegangenen Kindes/r zu sorgen. Unterhalt kann finanzieller Art sein, in Sachen erfolgen oder mit Erziehung, Betreuung, Pflege und persönlicher Zuwendung. Folgende Irrtümer über den Unterhalt in Deutschland sind weit verbreitet:
1. Nachehelicher Unterhalt muss höchstens drei Jahre gezahlt werden
Falsch! Der nacheheliche Unterhalt ist in Deutschland nicht pauschal geregelt. Der Bundesgerichtshof entschied vielmehr, dass in jedem Einzelfall zu klären sei, ob Ansprüche des eventuell unterhaltsberechtigten Ehepartners vorlägen. Sei dies der Fall, müsse geklärt werden, für welchen Zeitraum er Anspruch habe. Kriterien seien dabei ehebedingte Nachteile, die Betreuungssituation der Kinder sowie konkrete Umstände der Gestaltung der Ehe (sogenannte elternbezogene Gründe).
2. Unterhalt für Kinder ist nur bis zu deren 27. Lebensjahr zu zahlen
Falsch! Ist man zum Unterhalt eines Kindes verpflichtet und wirtschaftlich ausreichend leistungsfähig, dann muss man zahlen, bis das Kind seine erste Ausbildung abgeschlossen hat. Wichtig ist bei dieser deutschen Unterhaltsregelung, dass sie an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten anknüpft. Es gilt: Wer kein Einkommen beziehungsweise Vermögen hat, kann auch keinen Unterhalt zahlen.
3. Arbeitslose brauchen keinen Unterhalt (mehr) zu zahlen
Falsch! Verliert man seinen Job, bleibt die Pflicht, Unterhalt zu zahlen, dennoch bestehen. Als Unterhaltspflichtiger darfst du die Zahlungen weder nach eigenem Ermessen kürzen noch streichen. Allerdings musst du selbst genug Geld zum Leben haben (siehe oben). Kann den Unterhaltszahlungen nicht nachgekommen werden, springt der Staat ein. Der entsprechende Unterhaltsvorschuss muss beim Jugendamt beantragt werden. Der Unterhaltspflichtige muss diese Sozialleistung zurückzahlen, wenn er wieder Geld verdient.
4. Unterhalt muss nicht versteuert werden
Falsch! Der unterhaltspflichtige Ehepartner kann einen sogar zwingen – notfalls per Gerichtsurteil – den Unterhalt zu versteuern. Der Grund: Nur wenn der Unterhalt versteuert wird, kann der Unterhaltspflichtige selbst die Unterhaltszahlungen steuerlich absetzen. Das sogenannte Realsplitting ist in Deutschland Pflicht, solange der Unterhaltszahler dem Empfänger alle finanziellen Nachteile ausgleicht.
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