Ist das möglich? Kündigung wegen politischer Einstellung

Ob in der Teeküche, beim Feierabendgespräch mit den Kollegen oder im Unternehmenschat: im Austausch mit anderen ist es nicht ungewöhnlich, auch über gesellschaftspolitische Ereignisse zu sprechen. Aber was passiert, wenn politische Aussagen für Streit sorgen und wann kann deine politische Einstellung zur Kündigung führen?

von C. Kürschner
07.09.2024
2 Min Lesezeit

Kündigung wegen politischer Einstellung Das Wichtigste in Kürze

  • Nur in Ausnahmefällen darfst du wegen deiner politischen Einstellung gekündigt werden.

  • Kündigung oder Abmahnung gibt es nur, wenn du durch politische Aussagen den Betriebsfrieden störst.

  • Ein weiterer Grund für eine Kündigung oder Abmahnung ist die massive Schädigung des öffentlichen Ansehens des Unternehmens.

  • In öffentlichen Einrichtungen und der Kirche dürfen politische Aussagen nicht den kirchlichen Werten entgegenstehen, ansonsten droht auch eine Kündigung.

Kann mir mein Arbeitgeber wegen meiner politischen Einstellung kündigen?

Nein, dein Arbeitgeber kann dir wegen politischer Äußerungen am Arbeitsplatz nicht ohne triftige Gründe kündigen. In Deutschland ist die freie Meinungsäußerung ein hohes Gut und in Art. 5 I des Grundgesetzes verankert. Deshalb darfst du auch im Arbeitsumfeld deine politische Meinung äußern. Jedoch hat diese Freiheit auch ihre Grenzen. Wenn deine politische Einstellung den Betriebsfrieden massiv stört, kann dies nach einer Abmahnung zu deiner Kündigung führen.

Sind politische Äußerungen am Arbeitsplatz ein Kündigungsgrund?

Politische Äußerungen am Arbeitsplatz können ein Kündigungsgrund sein. Voraussetzung dafür ist zumeist, dass es zu einer "wiederholten, ernsthaften Störung des Betriebsfriedens" durch dich als Mitarbeiter kommt (§ 104 Satz 2 BetrVG). In diesem Fall sind deine politischen Äußerungen so präsent (z. B. durch Streit, Spaltung der Belegschaft, Angst der Kollegen), dass sie den normalen Arbeitsablauf stören.

In diesen Fällen können deine politischen Äußerungen beispielsweise als Störung des Betriebsfriedens gewertet werden:

  • Du versuchst deine Kollegen immer wieder politisch zu beeinflussen oder hetzt sie auf.

  • Dein Arbeitsumfeld ist interkulturell geprägt und du äußerst dich immer wieder ausländerfeindlich.

  • Wenn du antisemitische Hetze betreibst oder Terrorsympathien hegst, erfüllst du ggf. den Straftatbestand der Volksverhetzung. In diesem Fall kann deine politische Einstellung zur fristlosen Kündigung führen.

So wurde einem Mitarbeiter fristlos gekündigt, nachdem er einem türkischen Arbeitskollegen über einen längeren Zeitraum hinweg islamfeindliche und beleidigende Inhalte per Handy geschickt hatte (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 5.12.2019, Az: 17 Sa 3/19).

In der Regel erhältst du aber zuerst eine Abmahnung. Erst wenn du sichtbar kein Bemühen zeigst, deine politischen Äußerungen am Arbeitsplatz bzw. deine Aktivitäten zu unterbinden, kann die Kündigung ausgesprochen werden. Auch der Betriebsrat kann sich einschalten und die Versetzung oder die Kündigung wegen deiner politischen Einstellung verlangen.

Kann politischer Aktivismus außerhalb der Arbeit zu einem Problem für mein Arbeitsverhältnis werden?

Ja, das kann es. Wenn es durch deine politischen Äußerungen ernsthafte Zweifel an deiner Eignung für deinen Job gibt, ist es ein Problem. 2012 wurde einem Mitarbeiter aus der Finanzverwaltung gekündigt. Er war NPD-Aktivist und hat Newsletter der Organisation öffentlich verbreitet, in der zum politischen Umsturz aufgerufen wurde. Daraufhin wurde er ordentlich gekündigt. Seine Kündigungsschutzklage wurde abgewiesen, das Bundesarbeitsgericht bestätigt die Auffassung des öffentlichen Arbeitgebers, dass es dem Kläger „angesichts seiner unzureichenden Verfassungstreue an der für seine Tätigkeit erforderlichen Eignung“ fehle (BAG, Urteil vom 06.09.2012, 2 AZR 372/11).

Was gilt für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst?

Wer im öffentlichen Dienst arbeitet, hat eine besonders große Verantwortung, der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu dienen. So gehen wir davon aus, dass ein Polizist verfassungstreu ist – die Teilnahme an einer rechtsradikalen Demo würde dem widersprechen und du müsstest mit einer Entlassung rechnen. Arbeitest du hingegen in einer weniger wichtigen Rolle im öffentlichen Dienst, bist du beispielsweise Facility Manager oder bist du in der Buchhaltung tätig, dann können deine politischen Äußerungen weniger gewichtig sein. Es kommt im Zweifel also auf den Einzelfall an.

In Unternehmen kann die Eignung nur sehr selten in Frage gestellt werden. Hier können politische Aussagen in sozialen Netzwerken oder die Teilnahme an Demonstrationen in der Regel nur abgemahnt werden, wenn durch sie das Unternehmen geschädigt wird. Wann dies der Fall ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Wenn du eine Abmahnung erhalten hast, kannst du dich von einem Anwalt für Arbeitsrecht beraten lassen.

Welche Sonderregelungen gelten für kirchliche Institutionen?

Das evangelische wie auch katholische Kirchenarbeitsrecht fordern von ihren Arbeitnehmern eine große Loyalität und die Anerkennung der christlichen Werte. Rechtsextremistische Aussagen oder auch die Einschränkung der Menschenrechte stehen diesen Werten entgegen. Deshalb lehnt sowohl die evangelische wie die katholische Kirche die AfD ab. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische-Oberlausitz beschloss vor kurzem, keine Ämter an AfD-Mitglieder zu vergeben, im Saarland wurde im April dieses Jahres ein AfD-Politiker vom katholischen Kirchenamt ausgeschlossen.

Aber auch in kirchennahen Einrichtungen können nicht willkürlich Kündigungen wegen der politischen Einstellung von Mitarbeitenden ausgesprochen werden. Allerdings werden politische Äußerungen am Arbeitsplatz ähnlich wie in öffentlichen Einrichtungen stärker gewichtet. Wenn sich beispielsweise ein Mitarbeiter einer Behinderteneinrichtung der Diakonie für Euthanasie ausspricht, verstieße das gegen die Werte der Kirche. Hier droht mindestens eine Abmahnung, wenn nicht sogar die Kündigung.  

Hast du eine Abmahnung erhalten, weil du dich politisch geäußert hast? Oder droht dir sogar die fristlose Kündigung? Dann komme schnell mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht und Rechtsexperten ins Gespräch, der dir Tipps für das weitere Vorgehen gibt.

Über unsere AutorenChristiane Kürschner

Christiane Kürschner ist freie Redakteurin und Texterin aus Berlin. Als studierte Philosophin hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, auch komplexe Themen und Rechtsgrundlagen in unterhaltsamen Beiträgen leicht verständlich zu vermitteln. Die Diplomjournalistin ist seit 2018 Teil des KLUGO-Redaktionsteams.

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