Besteht sogar Anspruch auf Schadensersatz? Preisfehler: Ist ein falscher Preis verbindlich?

Bist du auch von einem Preisfehler betroffen und willst deine Rechte verteidigen? Dann solltest du dir erste Handlungsempfehlungen in unserer Erstberatung einholen.

Du hast online ein unglaubliches Schnäppchen entdeckt: Ein Produkt, das normalerweise mehrere hundert Euro kostet, wird für nur wenige Euro angeboten. Zu schön, um wahr zu sein? Möglicherweise handelt es sich um einen Preisfehler. Aber was bedeutet das rechtlich? Ist ein falscher Preis verbindlich oder kann der Verkäufer den Verkauf verweigern? In diesem Artikel klären wir die wichtigsten Fragen rund um Preisfehler und deine Rechte als Verbraucher.

von N. Haussmann
25.10.2024
4 Min Lesezeit

Preisfehler Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Preisfehler allein macht einen Kaufvertrag nicht automatisch ungültig.

  • Der Verkäufer kann unter bestimmten Umständen den Vertrag wegen eines Preisfehlers anfechten.

  • Ein rechtsgültiger Vertrag kommt in der Regel erst mit der Bestellbestätigung oder dem Versand der Ware zustande.

  • Bei offensichtlichen Preisfehlern kann der Verkäufer in der Regel innerhalb weniger Tage den Vertrag anfechten.

  • Ein Anspruch auf Schadensersatz besteht meist nur, wenn der Preisfehler nicht offensichtlich war und der Käufer den Irrtum nicht erkennen konnte.

Preisfehler: Ist ein falscher Preis verbindlich?

Grundsätzlich gilt: Ein Preisfehler allein macht einen Kaufvertrag nicht automatisch ungültig. Entscheidend ist, ob und wann ein rechtsgültiger Vertrag zustande gekommen ist. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, die wir im Folgenden genauer betrachten.

Ist der Verkäufer verpflichtet, trotz Preisfehler zu liefern?

Die kurze Antwort lautet: Es kommt darauf an. Wenn ein rechtsgültiger Kaufvertrag zustande gekommen ist, muss der Verkäufer grundsätzlich zu dem vereinbarten Preis liefern – auch, wenn dieser offensichtlich zu niedrig ist.

Allerdings gibt es einige Ausnahmen und Einschränkungen. Der Verkäufer kann sich in bestimmten Fällen auf einen Irrtum berufen und den Kaufvertrag wegen falschem Preis anfechten. Doch dazu später mehr.

Wichtig: Die bloße Präsentation von Waren im Online-Shop stellt in der Regel noch kein verbindliches Angebot dar. Der Vertrag kommt erst zustande, wenn der Verkäufer deine Bestellung annimmt, zum Beispiel durch eine Auftragsbestätigung.

Viele Online-Shops behalten sich in ihren AGB zudem vor, erst mit dem Versand der Ware einen Vertrag zu schließen. In diesem Fall kommt der Vertrag also erst zu diesem Zeitpunkt zustande.

Falsche Preisauszeichnung online: Wann kommt ein Vertrag zustande?

Bei Online-Käufen ist der genaue Zeitpunkt des Vertragsschlusses entscheidend. Hier spielen auch die verschiedenen Zahlungsmethoden eine wichtige Rolle:

  • Vorkasse/Überweisung: Bei dieser Zahlungsart kommt der Vertrag in der Regel erst zustande, wenn der Verkäufer deine Bestellung bestätigt hat. Er hat also noch die Möglichkeit, die Bestellung abzulehnen, wenn er den Preisfehler bemerkt.

  • PayPal/Kreditkarte: Hier wird der Artikel oft direkt bei der Bestellung reserviert. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass damit schon ein Vertrag geschlossen wurde. Entscheidend sind die AGB des Shops und ob eine Bestellbestätigung erfolgt.

  • Kauf auf Rechnung: Auch hier kommt der Vertrag in der Regel erst mit der Bestellbestätigung des Verkäufers zustande.

  • Sofortüberweisung: Bei dieser Methode wird das Geld sofort überwiesen. Trotzdem gilt auch hier: Ein Vertrag kommt erst zustande, wenn der Verkäufer die Bestellung annimmt.

Wie eben bereits erwähnt, legen viele Online-Shops in ihren AGB fest, dass der Vertrag erst mit dem Versand der Ware oder einer ausdrücklichen Annahmeerklärung zustande kommt. In diesem Fall hat der Verkäufer demzufolge noch die Möglichkeit, die Bestellung abzulehnen, wenn er den Preisfehler bemerkt – und zwar unabhängig von der von dir gewählten Zahlungsmethode.

Näher über die Rechte von Verbrauchern beim Onlinekauf informieren kannst du dich hier.

Kaufvertrag anfechten wegen falschem Preis: Darf der Verkäufer das?

Selbst, wenn ein Vertrag zustande gekommen ist, hat der Verkäufer unter bestimmten Umständen die Möglichkeit, diesen anzufechten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn er sich auf einen Irrtum berufen kann.

Im Falle eines Preisfehlers kommen vor allem zwei Arten von Irrtümern in Betracht:

  1.  Erklärungsirrtum (§ 119 Abs.1 Alt. 2 BGB): Der Verkäufer hat sich bei der Eingabe des Preises vertippt oder versehentlich eine falsche Zahl eingetragen.

  2. Inhaltsirrtum (§ 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB): Der Verkäufer war sich der Bedeutung seiner Erklärung nicht bewusst, z. B. weil er den tatsächlichen Wert der Ware nicht kannte.

In beiden Fällen kann der Verkäufer den Vertrag anfechten, wenn der Irrtum wesentlich war und anzunehmen ist, dass er bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung des Falles die Erklärung nicht abgegeben hätte.

Allerdings muss die Anfechtung unverzüglich erfolgen, sobald der Verkäufer den Irrtum bemerkt.

Was ist, wenn der Verkäufer den Vertrag zu spät angefochten hat?

Wenn der Verkäufer den Vertrag zu spät anfechtet, bleibt der Vertrag wirksam. Das bedeutet, er muss die Ware zum vereinbarten (falschen) Preis liefern.

Gemäß § 121 BGB muss die Anfechtung unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Aber was bedeutet unverzüglich in diesem Zusammenhang?

Unverzüglich bedeutet nach ständiger Rechtsprechung ohne schuldhaftes Zögern. Es wird also keine sofortige Reaktion verlangt, sondern dem Anfechtenden wird eine angemessene Überlegungsfrist zugestanden. Wie lang diese Frist im Einzelfall ist, hängt von den konkreten Umständen ab.

Bei einem offensichtlichen Preisfehler in einem Online-Shop wird man in der Regel davon ausgehen können, dass der Verkäufer innerhalb weniger Tage reagieren muss. Eine Anfechtung nach mehreren Wochen dürfte in den meisten Fällen als verspätet gelten.

Beispiel

Ein Elektronikkonzern bot versehentlich Smartphones für 92 Euro statt 1.099 Euro an, inklusive gratis Kopfhörern. Ein Kunde bestellte neun Smartphones und erhielt zunächst die Kopfhörer. Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied, dass mit dem Versand der Kopfhörer ein Kaufvertrag zustande kam, da sie im Zusammenhang mit den Smartphones standen.

Der Versuch des Händlers, den Kaufvertrag wegen falschem Preis anzufechten, kam zu spät, da die Anfechtung erst zwei Wochen später erfolgte. Der Kunde hatte also Anspruch auf die günstigen Smartphones – und der Verkäufer musste liefern.

Habe ich Anspruch auf Schadensersatz, wenn der Verkäufer den Vertrag angefochten hat?

Wenn der Verkäufer den Vertrag erfolgreich angefochten hat, stellt sich die Frage, ob du als Käufer einen Anspruch auf Schadensersatz hast. Die Antwort lautet: Es kommt darauf an.

Grundsätzlich sieht das Gesetz in § 122 BGB einen Schadensersatzanspruch vor, wenn der andere Teil auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut hat. Allerdings ist dieser Anspruch ausgeschlossen, wenn der Geschädigte den Grund der Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit kannte oder kennen musste.

Bei einem offensichtlichen Preisfehler, etwa wenn ein hochwertiges Elektronikprodukt für nur wenige Euro angeboten wird, wird man in der Regel davon ausgehen müssen, dass der Käufer den Irrtum erkennen konnte. In diesem Fall besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Schadensersatz.

Anders kann es aussehen, wenn der Preisfehler nicht offensichtlich war. Wenn du zum Beispiel ein Produkt bestellt hast, das nur geringfügig unter dem üblichen Marktpreis lag, und der Verkäufer den Vertrag trotzdem anficht, könntest du möglicherweise Schadensersatz verlangen. Dies könnte etwa die Differenz zum nächstgünstigsten Angebot umfassen oder Kosten, die dir durch die Suche nach einer Alternative entstanden sind.

Grundsätzlich muss jeder Fall individuell beurteilt werden. Die Erfolgsaussichten eines Schadensersatzanspruchs hängen also stark vom Einzelfall ab. Ein Anwalt für Vertragsrecht kann dir bei Fragen oder Problemen jederzeit weiterhelfen.

Preisfehler Wie helfen dir unsere Partner-Anwälte und Rechtsexperten weiter?

Die Rechtslage bei Preisfehlern ist komplex. Als Verbraucher solltest du daher bei extrem günstigen Angeboten vorsichtig sein und damit rechnen, dass der Verkäufer möglicherweise vom Vertrag zurücktreten oder ihn anfechten wird. Gleichzeitig hast du in bestimmten Fällen durchaus Rechte, die du geltend machen kannst.

Wenn du in Bezug auf einen Preisfehler Hilfe benötigst, schildere dein Anliegen jetzt auf unserer Online-Plattform und sprich sofort im Anschluss mit einem unserer Partner-Anwälte und Rechtsexperten im Rahmen unserer telefonischen Erstberatung. Wenn du möchtest, kannst du auch einen Termin für einen Rückruf vereinbaren.

So oder so: Wir sind für dich da und helfen dir, deine Rechte durchzusetzen.

Über unsere AutorenNina Haussmann

Nina Haussmann ist seit 2016 freiberufliche Texterin, Ghostwriterin und Lektorin. Mit einem Bachelor-Abschluss in Germanistik und Politikwissenschaften und einem Master-Abschluss in Deutscher Literatur hat sie nicht nur ein fundiertes Wissen über die Feinheiten der deutschen Sprache, sondern auch die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte verständlich aufzubereiten. Hauptsächlich schreibt sie Texte im juristischen Bereich, vorwiegend zum Thema Erbrecht, und Ratgebercontent. So unterstützt sie auch die KLUGO-Redaktion seit Anfang 2020 regelmäßig mit Blog- und Contentbeiträgen.

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