Was muss ich beachten? Arbeitsunfall & Schmerzensgeld

Wurde dein Arbeitsunfall in Kauf genommen oder hast du durch einen Wegeunfall Folgeschäden erlitten, so steht dir möglicherweise Schmerzensgeld zu. In einem Erstgespräch mit einem KLUGO Partner-Anwalt und Rechtsexperten kannst du erfahren, wie deine Erfolgsaussichten sind.

Was sollte ich tun, wenn ich einen Arbeitsunfall erleide? In diesem Beitrag erklären wir dir, wie du bei einem Arbeits- oder Wegeunfall am besten Verletztengeld und Schmerzensgeld durchsetzen kannst.

von KLUGO
11.11.2024
5 Min Lesezeit

Arbeitsunfall & Schmerzensgeld Das Wichtigste in Kürze

  • Bei Berufsunfällen zahlt deine Berufsgenossenschaft Verletztengeld und Übergangsgeld.

  • Unter Umständen hast du Anspruch auf Schmerzensgeld von deinem Arbeitgeber.

  • Den Arbeitsunfall solltest du unverzüglich dem Betrieb und der Berufsgenossenschaft melden.

Was zählt als Arbeitsunfall?

Als Arbeitsunfall zählen alle Unfälle, die dir als Arbeitnehmer im Zusammenhang mit deiner versicherten Tätigkeit passieren. Das Siebte Sozialgesetzbuch (SGB 7) definiert Unfälle als „zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen“.

Das Wichtigste zum Schmerzensgeld nach Arbeitsunfall

Damit du nach einem Arbeitsunfall Geld erhältst, muss dein Arbeitsunfall bei der Berufsgenossenschaft gemeldet werden. Generell jeder Arbeitsunfall sollte so schnell wie möglich gemeldet werden, schon damit die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall für dich sichergestellt ist. Die Meldefrist beträgt drei Tage. Eine Meldung ist zwingend notwendig, wenn du durch den Arbeitsunfall mehr als drei Tage arbeitsunfähig bist. Bei der Drei-Tages-Frist wird der Tag des Unfallereignisses nicht mitgezählt. Eine nachträgliche Meldung kann für dich Probleme mit sich bringen.

Innerhalb deines Betriebes sollte dein Arbeitsunfall im betriebsinternen Verbandbuch dokumentiert werden. Außerdem sollten aus Sicht des Arbeitsschutzes Vorkehrungen getroffen werden, damit es nicht zu weiteren Unfällen mit der gleichen Unfallursache kommt.

Nach jedem Arbeitsunfall solltest du einen Durchgangsarzt aufsuchen. Durchgangsärzte sind spezialisierte Fachärzte mit einer Zulassung der Berufsgenossenschaften. Die Berufsgenossenschaft prüft bei deinem Arbeitsunfall auch, ob Ansprüche gegenüber Dritten, die den Unfall verursacht haben, geltend gemacht werden können. Falls dies der Fall ist, muss dieser die Kosten tragen und deine Ansprüche gegen den Schädiger gehen auf die Berufsgenossenschaft über, sofern diese den Schaden ersetzt. In vielen derartigen Fällen wird die Haftpflichtversicherung des Schädigers einspringen.

Grundsätzlich besteht bei einem Arbeitsunfall kein Anspruch auf Schmerzensgeld. Etwas anderes gilt nach geltender Rechtsprechung nur dann, wenn dem Arbeitgeber Vorsatz nachgewiesen werden kann. Verunfallte Beschäftige, die für lange Zeit ausfallen, erhalten Verletztengeld von der zuständigen Berufsgenossenschaft.

Jan Reilbach Rechtsanwalt
Jan Reilbach

Ist das möglich? Schmerzensgeld nach Arbeitsunfall?

In der Regel hast du als Arbeitnehmer nach einem Arbeitsunfall keinen Anspruch auf Schmerzensgeld. Nur dann, wenn dein Arbeitgeber ein Verschulden trifft, ist dein Arbeitgeber zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtet. Deshalb wird in den meisten Fällen, in denen es zu einem Arbeitsunfall kommt, kein Schmerzensgeld gezahlt.

Hat dein Arbeitgeber den Arbeitsunfall hingegen vorsätzlich oder fahrlässig verursacht, so ist einerseits ein vertraglicher Schadensersatz aus deinem Arbeitsvertrag nach § 280 BGB denkbar, aber auch Schadensersatz nach § 104 SGB VII.

Danach sind Unternehmer dir als Versicherten, wenn du für deren Unternehmen tätig bist, sowie deinen Angehörigen und Hinterbliebenen verpflichtet, „wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben“.

schmerzensgeld nach arbeits- und wegeunfall
Schmerzensgeld nach Arbeits- und Wegeunfall – Infografik

Beispiel: Der Chef eines Handwerksunternehmens sichert eine Vorrichtung an einer Maschine nicht richtig und deshalb verletzt sich ein Arbeiter am Körper und seine Kleidung wird beschädigt.

Der Arbeitgeber hat dann Anspruch auf Schmerzensgeld, also auf Ersatz seines immateriellen Schadens. Er kann nicht nur Schmerzensgeld verlangen, also Ersatz seines immateriellen Schadens, sondern auch Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens haben. Darunter fällt seine beschädigte Kleidung, darunter können aber auch zum Beispiel ärztliche Behandlungskosten oder Medikamente fallen.

Liegt ein Verschulden des Arbeitgebers vor, kann ein deliktischer Anspruch auf Schmerzensgeld beziehungsweise Schadensersatz nach § 823 BGB bestehen. Danach ist zum Ersatz eines entstehenden Schadens verpflichtet, wer „vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt“.

Schmerzensgeldtabelle

Verletzung nach Arbeitsunfall

Urteil

Schmerzensgeld

Eine in der Ausbildung befindliche Arzthelferin infiziert sich bei der Blutabnahme mit Hepatitis C wegen fehlender Verwendung von Sicherheitskanülen – schweres Verschulden des ausbildenden Arztes

LAG Nürnberg, 2017, Az. 7 Sa 231/16

150.000 €

Monteur fällt während der Reparatur eines Lastenaufzugs in Aufzuggrube und erleidet ein Schädel-Hirn-Trauma 3. Grades sowie eine offene Oberschenkelfraktur rechts 3. Grades und ist wegen Dauerschäden zu 70 % erwerbsunfähig

OLG Frankfurt am Main, 2008, Az. 17 U 270/05

45.000 €

Auszubildender erleidet Hornhautverletzung und Oberlidrandverletzung am linken Auge aufgrund eines Treffers mit von Kollegen geworfenem Wuchtgewicht

LAG Hessen, 2013, Az. 13 Sa 269/13

25.000 €

So machst du Schmerzensgeld nach Arbeitsunfall geltend

Ein Schadensersatz- bzw. Schmerzensgeldanspruch ist direkt gegenüber deinem Arbeitgeber und nicht gegenüber der Berufsgenossenschaft geltend zu machen. Er kann formlos geltend gemacht werden. Allerdings ist die Höhe eines solchen Schadensersatzes für juristische Laien nicht immer leicht zu bestimmen. Auch kann sich im Einzelfall die Bestimmung der einzelnen Schadensposten, also die Bestimmung dessen, was überhaupt als Schaden geltend gemacht werden kann, schwieriger gestalten.

Vor allem dann, wenn es um Folgeschäden geht oder Vorerkrankungen, die durch einen Arbeitsunfall verschlimmert werden. Dann steht stets die Frage der Verursachung durch den Arbeitgeber im Raum. Daher empfiehlt sich, wenn du nach einem Arbeits- oder Wegeunfall Schmerzensgeld fordern willst, in der Regel die Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Schmerzensgeld nach Wegeunfall

Auch dein Arbeitsunfall, der auf dem Weg zur Arbeit passiert, ist versichert, wenn dieser auf dem unmittelbaren Weg zur Arbeit geschieht. Grundsätzlich ist nur der direkte Weg zwischen deiner Wohnung und Arbeitsstätte über die Berufsgenossenschaft versichert. Nimmst du auf dem Weg zur Arbeit noch einen größeren Umweg, bist du auf diesem nicht versichert. Anders sieht es aus, wenn du dein Kind von der Kindertagesstätte oder der Schule abholst und dafür einen Umweg nehmen musst. Dann besteht trotzdem Versicherungsschutz.

Kannst du auch bei einem Wegeunfall Schmerzensgeld erhalten? Ja, denn ein Wegeunfall unterscheidet sich insofern nicht von anderen Arten von Arbeitsunfällen. Auch er sollte jedoch bei deinem Arbeitgeber und bei der Berufsgenossenschaft gemeldet werden. Wenn dein Wegeunfall zu einer Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Tagen führt, besteht auch bei einem Wegeunfall eine gesetzliche Meldepflicht.

Bei Wegeunfällen kommt es häufiger zur Zahlung von Schmerzensgeld als nach Arbeitsunfällen an der Arbeitsstätte. Der Grund dafür ist, dass beispielsweise bei Verkehrsunfällen auf dem Weg zur Arbeit häufig ein Verkehrsteilnehmer den Unfall verschuldet hat. Bei Wegeunfällen ist deshalb viel häufiger ein Verschulden eines Dritten gegeben, welches Schmerzensgeld auslöst, als bei Arbeitsunfällen, die sich häufig auch ohne Verschulden deines Arbeitgebers ereignen.

Kosten und Kostenübernahme bei Arbeitsunfall

Kommt es zu einem Rechtsstreit über die Zahlung von Schmerzensgeld, kann es zu außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten oder Gerichtskosten kommen. Unterliegt dein Arbeitgeber bzw. die Gegenseite, ist diese verpflichtet, die Kosten zu übernehmen. Musst du selbst Kosten übernehmen und verfügst du nicht über das notwendige Einkommen hierfür, kannst du beim zuständigen Gericht, aber auch über deinen Rechtsanwalt, Prozesskostenhilfe beantragen.

Wenn du eine Rechtsschutzversicherung hast und die Police der Versicherung die Durchsetzung von Schmerzensgeld nach einem Arbeitsunfall umfasst, übernimmt deine Rechtsschutzversicherung sämtliche Kosten, wenn dir eine Deckungszusage erteilt wird.

Schmerzensgeld bei Arbeitsunfall Wie hilft dir ein Anwalt weiter?

Wenn du einen Arbeitsunfall erlitten hast und dieser bewusst in Kauf genommen wurde oder einen Wegeunfall mit Folgeschäden davongetragen hast, solltest du einen KLUGO Partner-Anwalt und Rechtsexperten um rechtliche Unterstützung bitten. Er kann dich folgendermaßen unterstützen:

  • Er kann deinen Anspruch auf Schmerzensgeld prüfen.

  • Die Höhe des möglichen Schmerzensgeldanspruchs ermitteln.

  • Kommt dein Arbeitgeber deiner Forderung nicht anstandslos und in vollem Umfang nach, kann ein Anwalt ein Mahn- oder Vollstreckungsverfahren veranlassen.

  • Er kann dir aber auch dabei helfen, deine Forderung außergerichtlich mit einer Mediation oder vor Gericht einzutreiben.

Sei schnell: Schmerzensgeldforderungen unterliegen der Verjährung. Deshalb ist es wichtig, dich hinsichtlich möglicher Spätfolgen abzusichern, denn wird dein Anspruch auf Schmerzensgeld nicht rechtzeitig geltend gemacht, kann dein Anspruch verloren gehen.

Häufige Fragen: Schmerzensgeld bei Arbeitsunfall

Was zahlt die Berufsgenossenschaft?

Wenn du nach einem Arbeitsunfall arbeitsunfähig bist, steht dir zunächst der gesetzliche Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu. Bist du danach immer noch arbeitsunfähig, hast du einen Anspruch auf Verletztengeld. Dies zahlt die Berufsgenossenschaft. Für die Folgeschäden nach deinem Arbeitsunfall kommt die Berufsgenossenschaft ebenfalls auf.

Nach deinem Arbeitsunfall prüft die Berufsgenossenschaft zunächst mögliche Ansprüche. Springt die Berufsgenossenschaft ein, zahlt sie dir ein Verletztengeld in Höhe von 80 % deines normalen Bruttoverdienstes.

Das Verletztengeld wird umgangssprachlich auch als „Krankengeld der Berufsgenossenschaft“ bezeichnet. Dein Verletztengeld ist gedeckelt auf die Höhe deines normalen Nettolohns. Die Berufsgenossenschaft kommt für alle Kosten auf, die im Zusammenhang mit deiner Heilung entstehen. Dazu zählen: Allgemeine Behandlungskosten, Operationen, Medikamente, Hilfsmittel und bestimmte Therapien und Rehabilitationsmaßnahmen.

Ist mein Arbeitsunfall auf der Weihnachtsfeier versichert?

Passiert dir ein Unfall während einer betrieblichen Weihnachtsfeier, sieht die Rechtslage wie folgt aus: Es besteht laut Bundessozialgericht Versicherungsschutz über deinen Betrieb gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch VII, wenn die Weihnachtsfeier im Einvernehmen mit deiner Betriebsleitung stattfand. Versicherungsschutz besteht auch nur dann, wenn dein Arbeitgeber alle Betriebsangehörigen eingeladen hat.

Wie viel Schmerzensgeld wird mir nach einem Arbeitsunfall gezahlt?

Wie viel Schmerzensgeld dir nach einem Arbeitsunfall gezahlt wird, variiert stark und ist abhängig vom konkreten Einzelfall. Die Höhe des Schmerzensgeldes ist abhängig von der Schwere deines immateriellen Schadens.

Geht es um eine kleinere Verwundung oder möglicherweise auch um psychische Langzeitfolgen mit entsprechend hohen Behandlungskosten? Ist deine Verletzung heilbar oder führt diese zu einem chronischen Leiden mit zusätzlichen Kosten, etwa für Pflege und Hilfsmittel? Anders als beispielsweise im Verkehrsrecht existieren hier keine festgelegten Schmerzensgeldtabellen.

Gerichte haben, was die Höhe von Schmerzensgeld betrifft, außerdem ganz unterschiedlich geurteilt. So haben Gerichte entschieden, dass für eine Verbrennung am Oberschenkel 4.250 Euro Schmerzensgeld zu zahlen sind und für eine Schädelfraktur mit Schädelhirntrauma 15.000 bis 25.000 Euro. In welcher Höhe dir Schmerzensgeld gezahlt wird, hängt nicht zuletzt auch von deiner richtigen juristischen Strategie und deinem Verhandlungsgeschick ab.

Kommt die Berufsgenossenschaft auch für Spätfolgen meines Arbeitsunfalls auf?

Die Berufsgenossenschaft kommt bei deinem Arbeitsunfall auch für mögliche Spätfolgen auf. So ist denkbar, dass du, etwa wegen Folgebeschwerden nach einem Arbeitsunfall, nicht an deinem alten Arbeitsplatz weiterarbeiten kannst.

In einem solchen Fall sowie für die Zeit einer beruflichen Rehabilitation zahlt die Berufsgenossenschaft ein Übergangsgeld. Das Übergangsgeld beträgt von der Höhe her bei dir als Versicherten, der mindestens ein Kind hat oder pflegebedürftig ist, 75 %. Bei allen übrigen Versicherten liegt es bei 68 % des Verletztengeldes. Neben dem Übergangsgeld übernimmt die Berufsgenossenschaft auch die während deines Ausfalls anfallenden Kranken-, Renten- und Pflegeversicherungsbeiträge.

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