Ist sie zulässig? Mündliche Abmahnung

Hast du eine mündliche Abmahnung erhalten und daraufhin eine Kündigung? Dann solltest du dich anwaltlich beraten lassen. Denn vor Gericht muss eine mündliche Abmahnung erstmal bewiesen werden. Dies gestaltet sich jedoch meist schwierig. Lass dich jetzt von unseren Partner-Anwälten und Rechtsexperten beraten.

Viele Arbeitnehmer gehen davon aus, dass eine Abmahnung schriftlich erfolgen muss – das ist jedoch falsch. Auch mündliche Abmahnungen sind rechtsgültig.

von M. Lind
11.11.2024
4 Min Lesezeit

Mündliche Abmahnung Das Wichtigste in Kürze

  • Sofern sich dein Arbeitgeber an die Formalitäten hält, ist eine mündliche Abmahnung zulässig.

  • Du kannst eine mündliche Abmahnung im Rahmen einer Gegendarstellung entkräften.

  • Willst du eine mündliche Abmahnung aus der Personalakte entfernen, musst du es gut begründen.

  • Auch nach einer mündlichen Abmahnung kann dir bei wiederholtem Fehlverhalten eine Kündigung drohen.

Hast du eine mündliche Abmahnung erhalten, solltest du dir rechtlichen Rat in Form einer Erstberatung holen.

Kann ich mündlich abgemahnt werden?

Kurz und knapp: Ja, eine mündliche Abmahnung ist ebenso rechtsgültig wie eine Abmahnung in Schriftform. Zwar greifen dennoch viele Arbeitgeber auf eine schriftliche Abmahnung zurück, um den Druck auf den Arbeitnehmer zu erhöhen, doch auch eine mündliche Abmahnung sollte ernst genommen werden. Damit eine mündliche Abmahnung rechtsgültig ist, muss dein Arbeitgeber aber auch hier einige Formalitäten beachten.

Möchte dein Arbeitgeber dich mündlich abmahnen, so muss er deutlich machen, dass es sich bei seiner Aussage nicht nur um eine Ermahnung handelt, sondern tatsächlich um eine Abmahnung. Die mündliche Abmahnung muss also als eine solche erkennbar sein. Da bei der Form der mündlichen Abmahnung immer die Gefahr von Missverständnissen im Raum steht, muss diese sehr präzise ausgedrückt werden und exakt dein Fehlverhalten benennen. Nur so kann dein Arbeitgeber sicherstellen, dass du alle angemahnten Verhaltensweisen verstehst und in Zukunft besser handeln kannst.

Zusammenfassung:

Auch eine mündliche Abmahnung ist rechtsgültig. Sie ist jedoch an ähnliche formale Anforderungen gebunden wie eine schriftliche Abmahnung.

Welche Formalitäten müssen bei einer mündlichen Abmahnung erfüllt sein?

Dein Arbeitgeber muss sich auch bei einer mündlichen Abmahnung an einige Formalitäten halten. Zunächst einmal darf der Grund der Abmahnung nicht bereits einen längeren Zeitraum zurückliegen – eine mündliche Abmahnung wird daher meist innerhalb von sechs Monaten nach deinem Fehlverhalten ausgesprochen. Die zeitliche Nähe zu deiner Verfehlung spielt insbesondere bei der mündlichen Abmahnung eine wichtige Rolle, da hier davon auszugehen ist, dass dein Arbeitgeber eine sofortige Änderung deines Fehlverhaltens wünscht. Liegt zwischen deinem Fehlverhalten und der mündlichen Abmahnung ein zu langer Zeitraum, könntest du im Falle eines Gerichtsverfahrens die Wirksamkeit der Abmahnung anzweifeln.

Auch muss er die Beweiskraft bei einer mündlichen Abmahnung sicherstellen. Kommt es aufgrund der Abmahnung zu deiner Kündigung oder einem Klageverfahren, muss dein Arbeitgeber nachweisen können, dass die Abmahnung formal und inhaltlich korrekt ausgesprochen und an dich übermittelt wurde. Daher wird er eine mündliche Abmahnung nur im Beisein möglicher Zeugen aussprechen. Andernfalls geht er das Risiko ein, dass es im Falle einer Klage Aussage gegen Aussage steht – und in diesen Fällen entscheidet das Gericht häufig zugunsten von Arbeitnehmern.

Als Arbeitnehmer musst du auch bei einer mündlichen Abmahnung klar erkennen können, dass es sich um eine solche handelt. Andernfalls müsstest du befürchten, dass jedes Gespräch mit deinem Chef oder jede Diskussion im Team als mögliche Abmahnung gewertet wird. Dein Arbeitgeber ist daher dazu verpflichtet, dein Fehlverhalten klar anzusprechen, detailliert auf deine vertragsrechtlichen Verstöße einzugehen und die ausgesprochene Abmahnung als solche erkennbar zu machen. Dabei muss er auch auf den genauen Zeitpunkt deines Fehlverhaltens – Ort, Datum und Uhrzeit – eingehen, damit du sofort zuordnen kannst, um welches Fehlverhalten es sich handelt. Die möglichen Konsequenzen deiner mündlichen Abmahnung muss er ebenfalls sorgsam kommunizieren: Änderst du dein Verhalten nicht oder wiederholst es sogar, so droht dir die Kündigung.

Mündliche Abmahnungen sind rechtsgültig. Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass nur schriftliche Abmahnungen zulässig sind. Allerdings tragen Arbeitgeber:innen die Beweislast. Im Fall von mündlichen Abmahnungen dürfte die Beweisführung recht schwierig sein. Es ist deshalb nicht Ihr Problem, wenn Ihr Arbeitgeber/Ihre Arbeitgeberin in Beweisnot gerät.

Christoph Lattreuter Rechtsanwalt
Christoph Lattreuter

Wer kann eine mündliche Abmahnung aussprechen?

Eine weitere Fehlannahme liegt darin, dass nur dein Chef eine mündliche Abmahnung aussprechen kann. Aber auch das ist falsch: Tatsächlich kann eine mündliche Abmahnung von jedem Mitarbeiter mit Direktionsrecht ausgesprochen werden, sofern es sich dabei um deinen direkten Vorgesetzten handelt. Konkret heißt das, dass auch dein nächsthöherer Vorgesetzter aus derselben Abteilung eine Abmahnung aussprechen darf, nicht aber ein höhergestellter Angestellter aus einer anderen Abteilung, der sonst keinerlei Weisungsbefugnis gegenüber dir hat.

KLUGO Tipp:

Nicht nur dein Chef, sondern alle direkten Vorgesetzten können eine mündliche Abmahnung aussprechen.

Muss eine mündliche Abmahnung schriftlich festgehalten werden?

Grundsätzlich kann eine Abmahnung rein mündlich erfolgen und bedarf keiner zusätzlichen Schriftform. Die meisten Arbeitgeber möchten die Abmahnung jedoch auch in der Personalakte festhalten, sodass zumindest im Nachgang häufig auch eine schriftliche Variante vorgelegt wird. Davon profitiert vor allem dein Arbeitgeber: Wenn du die schriftliche Abmahnung unterschreibst, kann dein Arbeitgeber beweisen, dass du Kenntnis von der Abmahnung hast und die genauen Vorwürfe dir gegenüber deutlich verstanden hast.

Als Arbeitnehmer hast du aber auch das Recht, eine Abmahnung nicht anzunehmen. Dies gilt sowohl für mündliche als auch für schriftliche Abmahnungen. In diesem Fall ist eine Gegendarstellung zur Abmahnung notwendig, in der du den Sachverhalt aus deiner eigenen Sichtweise schilderst und erklärst, warum du die Abmahnung für ungerechtfertigt hältst. Auch deine Gegendarstellung kann mündlich erfolgen, aber auch hier empfiehlt sich die schriftliche Variante schon aus Gründen der Nachweisbarkeit.

Wann ist eine mündliche Abmahnung unwirksam?

Hält sich dein Arbeitgeber nicht an die formalen Bedingungen einer mündlichen Abmahnung, so gilt diese als unwirksam – zum Beispiel dann, wenn der Sachverhalt deiner Abmahnung nicht genau definiert wird und du keine Kenntnis über den Zeitpunkt des Vergehens hast. Aber auch ungerechtfertigte Abmahnungen können unwirksam sein. In diesem Fall musst du als Arbeitnehmer eine Gegendarstellung erstellen. Sofern im Unternehmen ein Betriebsrat vorhanden ist, kann dich dieser bei der Gegendarstellung unterstützen. Aber auch die Hilfe eines Fachanwalts für Arbeitsrecht ist hier sinnvoll, um alle Tücken und Fehlerquellen auszuschließen und eine rechtsgültige Gegendarstellung zu erstellen.

Wie lange ist eine mündliche Abmahnung gültig?

Eine mündliche Abmahnung steht der schriftlichen Abmahnung in nichts nach. Daher verliert auch eine mündliche Abmahnung nicht über die Zeit hinweg an Gültigkeit. Viele Arbeitnehmer gehen davon aus, dass eine Abmahnung – egal ob schriftlich oder mündlich ausgesprochen – nach zwei Jahren aus der Personalakte entfernt werden muss und dann ihre Gültigkeit verliert. Dies ist jedoch eine Fehlannahme. Schriftliche und mündliche Abmahnungen verbleiben dauerhaft in der Personalakte.

Die Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte ist nur unter sehr begrenzten Voraussetzungen möglich. Du hast zwar das Recht, eine Abmahnung aus der Personalakte entfernen zu lassen – aber nur, wenn diese unberechtigt ist. Für eine rechtsgültige Abmahnung besteht keine Möglichkeit zu einer solchen Forderung.

Zusammenfassung:

Eine mündliche Abmahnung unterliegt keiner Gültigkeitsfrist. Einmal ausgesprochen, bleibt die Abmahnung gültig. Nur durch eine Gegendarstellung oder ein Klageverfahren kann erreicht werden, dass die Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird, sofern es sich um eine unwirksame oder ungerechtfertigte Abmahnung handelt.

Welche Gründe gibt es für eine mündliche Abmahnung?

Eine mündliche Abmahnung wird durch den Arbeitgeber meist dann ausgesprochen, wenn er eine sofortige Änderung eines bestimmten Fehlverhaltens wünscht. Erscheinst du zu spät bei der Arbeit, so hat dein Arbeitgeber im Anschluss die Möglichkeit, eine mündliche Abmahnung auszusprechen – in der Erwartung, dass schon am nächsten Tag eine Verbesserung deines Verhaltens eintritt. Ist dies nicht der Fall, kann dein Arbeitgeber bei einem wiederholten Fehlverhalten eine Kündigung aussprechen.

Die Gründe bei einer mündlichen Abmahnung können aber grundsätzlich dieselben sein wie bei einer schriftlichen Abmahnung:

  • Häufige Verspätungen

  • Diebstahl am Arbeitsplatz

  • Beleidigung von Mitarbeitern, Kunden oder Vorgesetzten

  • Arbeitsverweigerung

  • Alkoholkonsum am Arbeitsplatz

  • Verletzung der Anzeige- und Nachweispflicht bei Krankheiten

  • Stören des betrieblichen Friedens

  • Schlecht- oder Minderleistung

  • Verstoß gegen Schutzpflichten (z. B. Hygienevorschriften)

Weitere Abmahngründe erfährst du hier.

Kann ich eine mündliche Abmahnung dem Betriebsrat melden?

Viele Arbeitnehmer gehen davon aus, dass eine Abmahnung auch immer dem Betriebsrat gemeldet und dort besprochen werden muss. Das ist jedoch falsch. Zwar melden viele Arbeitgeber eine Abmahnung auch an den Betriebsrat, ein Mitbestimmungsrecht hat dieser jedoch nicht. Fühlst du dich als Arbeitnehmer dagegen ungerecht behandelt oder hältst du die Abmahnung für ungerechtfertigt, dann ist der Gang zum Betriebsrat durchaus sinnvoll.

Etwas anders verhält es sich, wenn dein Arbeitgeber dich nach einer Abmahnung kündigen möchte. Wenn es dann tatsächlich zur Kündigung kommt und die Abmahnung als Grundlage dieser Kündigung dient, muss dein Arbeitgeber den Betriebsrat darüber informieren (§ 102 Abs. 1 BetrVG). Das gilt auch dann, wenn du eine schriftliche Gegendarstellung eingereicht hast: In diesem Fall muss dein Arbeitgeber im Falle einer Kündigung den Betriebsrat nicht nur über die Abmahnung informieren, sondern auch über den Inhalt deiner Gegendarstellung.

Mündliche Abmahnung erhalten So reagierst du richtig

  1. Prüfe den Sachverhalt genau.

  2. Greife auf die Unterstützung eines Fachanwalts für Arbeitsrecht zurück, der dich bei der Gegendarstellung und einem möglichen Klageverfahren unterstützt, wenn die Abmahnung ungerechtfertigt ist.

  3. Halte gegebenenfalls Rücksprache mit dem Betriebsrat.

  4. Ist deine Abmahnung unwirksam oder ungerechtfertigt, dann kannst du die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte verlangen.

Bei diesem Prozess unterstützen dich die KLUGO Rechtsexperten und Partner-Anwälte, die dir im Rahmen der telefonischen Erstberatung eine erste Einschätzung zum Sachverhalt vermitteln. Du entscheidest selbst, ob du auch bei der Erstellung der Gegendarstellung oder eines eventuellen Klageverfahrens auf die Unterstützung unserer Partner-Anwälte aus dem Arbeitsrecht zurückgreifen möchtest.

Über unsere AutorenMelanie Lind

Melanie Lind arbeitet bereits seit 2017 als selbstständige Texterin und seit 2019 für die KLUGO Redaktion. Zuvor absolvierte sie eine Ausbildung im Marketing-Bereich. Vor ihrer Selbstständigkeit war sie bereits als Texterin tätig und hat sich kontinuierlich im Bereich Content-Management und SEO weitergebildet.

Ihr großes Interesse am deutschen Rechtssystem und Recht auch für Laien verständlich zu machen, brachte sie zu KLUGO.

melanie lind