Das solltest du wissen VW beendet Jobgarantie: Was bedeutet das für Arbeitnehmer?

Im September 2024 gab es den Paukenschlag: Volkswagen beendet die Jobgarantie, die seit 1994 bestand. Der Betriebsrat möchte dagegen vorgehen, die Mitarbeitenden sind verunsichert. Aber was passiert eigentlich mit der Aufkündigung der VW-Jobgarantie?

von C. Kürschner
11.11.2024
2 Min Lesezeit

VW beendet Jobgarantie Das Wichtigste in Kürze

  • Mit Jobgarantie genießen Mitarbeitende für einen bestimmten Zeitraum die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes. Im Gegenzug verzichten sie auf Lohn und/oder Sonderzahlungen.

  • Jobgarantien gibt es vor allem in Konzernen wie bei den Automobilherstellern Volkswagen, Audi und Porsche.

  • Die Absatzkrise fordert Veränderungen in der Unternehmensstruktur, die Kündigung der Jobgarantie ist ein möglicher Hebel.

Was ist die Jobgarantie?

Mit einer Jobgarantie erhalten Mitarbeitende eines Unternehmens die Zusicherung, über einen bestimmten Zeitraum sicher beschäftigt zu sein. Der dafür notwendige Beschäftigungssicherungsvertrag wird zwischen der Gewerkschaft bzw. dem Betriebsrat und dem Unternehmen bzw. dem Arbeitgeberverband geschlossen. Viele Automobilkonzerne bieten eine Jobgarantie an. Bei Porsche gibt es die Beschäftigungsgarantie bis 2030, bei Mercedes bis 2029.

Welche Folgen hat die Jobgarantie?

Eine solche Jobgarantie kann sich sehr stabilisierend auf ein Unternehmen auswirken. Es fördert den Zusammenhalt unter der Belegschaft und es verhindert größere Produktionslücken. Jedoch geht ein Unternehmen mit der Jobgarantie auch Risiken ein: Es geht über einen längeren Zeitraum von fünf bis zehn Jahren oder sogar länger eine finanzielle Verpflichtung ein. Um dieses Risiko auszugleichen, nehmen die Mitarbeitenden finanzielle Einbußen hin. So ist es möglich, die Jobgarantie an einen Verzicht auf spezielle Zahlungen oder Teilerlasse vom Weihnachtsgeld zu knüpfen.

Wieso kündigt VW die Jobgarantie?

Der Automobilproduzent Volkswagen bot seit 1994 eine Jobgarantie, die nun aufgelöst werden soll. Der Grund liegt in der anhaltenden Absatzkrise, die Sparmaßnahmen notwendig macht. Die angekündigten Sparpläne sehen ein Ende der Jobgarantie vor und auch Werksschließungen sind nicht mehr ausgeschlossen. Zudem gibt es künftig keine Übernahmegarantie für Auszubildende und die Regelungen für Leiharbeit werden angepasst. Die angedachten Veränderungen könnten auch die Volkswagen-Tochter Audi betreffen.

Mit diesen Maßnahmen versucht sich Volkswagen einen Handlungsspielraum zu verschaffen, um auf die veränderten Marktbedingungen flexibler reagieren zu können. Volkswagen hat laut Experten eine sehr komplizierte Organisationsstruktur und ist deshalb im Hinblick auf Entscheidungen eher schwerfällig. Der Betriebsrat hat eine enorme Entscheidungsgewalt und damit einen großen Einfluss auf Entscheidungsprozesse. Mit der Aufkündigung der Jobgarantie soll der Betriebsrat unter Druck gesetzt werden, um Veränderungen in der Struktur erreichen zu können.

Wann ist eine Kündigung der Jobgarantie möglich?

Im Beschäftigungssicherungsvertrag gibt es zumeist ein Sonderkündigungsrecht. Dies greift dann, wenn es zu gravierenden Veränderungen im Unternehmen bzw. den Marktanforderungen kommt und die reale Jobgarantie nicht mehr garantiert werden kann. In diesem Fall können beide Parteien eine Lösung aushandeln. Scheitern diese Verhandlungen, kann der Betrieb die Jobgarantie einseitig kündigen.

Wann läuft der Vertrag aus?

Der aktuelle Beschäftigungssicherungsvertrag zwischen Konzern und Betriebsrat läuft Ende des Jahres 2024 aus.

Welche Folgen hat die Kündigung der Jobgarantie arbeitsrechtlich?

Wenn der Betriebsrat sich gegen die Kündigung der Jobgarantie stellt, kann dies zu einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung führen. Im ersten Schritt würde die Gewerkschaft oder im Falle von VW der Betriebsrat prüfen lassen, ob die Kündigung des Beschäftigungssicherungsvertrags wirksam ist. Erhalten einzelne Mitarbeitende eine Kündigung, können sie eine Kündigungsschutzklage einreichen und auf die – aus ihrer Sicht – gültige Jobgarantie verweisen.

Wann können erste Kündigungen folgen?

Rein rechnerisch sind im Juli 2025 die ersten betriebsbedingten Kündigungen möglich.

Muss das Geld, worauf Mitarbeiter wegen der Jobgarantie verzichtet haben, zurückgezahlt werden?

Ja, der Arbeitslohn und Sonderzahlungen, auf die Mitarbeitende dafür verzichtet hätten, müssen dann zurückgezahlt werden.

Was passiert mit befristet Beschäftigten?

In der aktuellen Absatzkrise fallen zunächst die befristeten Arbeitsstellen und Leiharbeiterverträge weg. So produziert Mercedes wegen fehlender Nachfrage die S-Klasse seit Oktober 2024 nur noch im Einschicht-Betrieb. Laut Einschätzungen von Experten wird dies dazu führen, dass Verträge von befristet Beschäftigten zum Teil nicht verlängert werden. Auch die VW-Tochter Porsche hat angekündigt, dass 2025 mehrere Hundert Zeitarbeitsverträge auslaufen werden. Bei Volkswagen ist dies zukünftig auch möglich. Werden ganze Werke geschlossen, ergehen betriebsbedingte Kündigungen.

Was können Betroffene VW-Beschäftigte tun?

Kündigungen sind nicht die konsequente Folge des Wegfalls der Jobgarantie bei VW. Sie ermöglicht in Zeiten von Absatzkrisen nur ein schnelleres Handeln durch die Konzernführung. Deshalb rechnen Experten aktuell nicht damit, dass es ab 2025 zu einer Kündigungswelle bei VW kommen wird. Die Hürden sind hoch, bei Werkschließungen müssen Sozialpläne erstellt und Abfindungen verhandelt werden.

Wenn du dich dennoch rechtzeitig über deine Möglichkeiten als Arbeitnehmer informieren möchtest, kannst du dir Rat von einem Anwalt für Arbeitsrecht einholen. Dieser berät dich zu deinen Chancen einer Kündigungsschutzklage oder der Aushandlung einer Abfindung.

Über unsere AutorenChristiane Kürschner

Christiane Kürschner ist freie Redakteurin und Texterin aus Berlin. Als studierte Philosophin hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, auch komplexe Themen und Rechtsgrundlagen in unterhaltsamen Beiträgen leicht verständlich zu vermitteln. Die Diplomjournalistin ist seit 2018 Teil des KLUGO-Redaktionsteams.

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