Was du wissen solltest Ablauf eines Strafverfahrens
Es kommt immer dann zu einem Strafverfahren, wenn eine Person möglicherweise strafrechtlich geschützte Rechtsgüter geschädigt hat. Ob der Beschuldigte tatsächlich eine Verurteilung erfährt, wird im Strafverfahren geklärt. Dieses startet in einem ersten Schritt mit dem Ermittlungsverfahren.
Ablauf eines Strafverfahrens Das Wichtigste in Kürze
Das Strafverfahren besteht aus vier verschiedenen Verfahrensabschnitten.
Das Ermittlungsverfahren ist der erste Verfahrensabschnitt. Es ist die Vorstufe zum Zwischenverfahren.
Ein Fachanwalt für Strafrecht steht dem Beschuldigten schon ab dem Ermittlungsverfahren zur Seite und kann sich über die Akteneinsicht einen Überblick verschaffen.
Das Hauptverfahren endet mit dem richterlichen Urteil. An dieses kann sich die Berufung oder Revision als Rechtsmittel anschließen.
Welche Phasen hat das Strafverfahren?
Ein Strafverfahren ist in verschiedene Phasen unterteilt: Ermittlungsverfahren, Zwischenverfahren, Hauptverfahren und Vollstreckungsverfahren.
Was ist das Ermittlungsverfahren?
Das Ermittlungsverfahren kann von Amts wegen oder durch eine Strafanzeige eingeleitet werden, wobei jeder berechtigt ist, eine Strafanzeige zu stellen. Liegt ein Anfangsverdacht vor, wird das Ermittlungsverfahren eröffnet. Das Ermittlungsverfahren hat dann den Zweck, zu überprüfen, ob ein hinreichender Tatverdacht gegeben ist. Der Sachverhalt wird also genauer geprüft, indem entsprechende Ermittlungen eingeleitet werden. Herrin des Ermittlungsverfahrens ist die zuständige Staatsanwaltschaft. Die konkreten Ermittlungen werden aber grundsätzlich von der Strafverfolgungsbehörde und Polizei durchgeführt. Ist das Ermittlungsverfahren beendet, folgt entweder eine Einstellung des Verfahrens, ein Strafbefehl oder eine Anklage.
Für die Beteiligten im Strafprozess ist es wichtig zu wissen, dass das Ermittlungsverfahren grundsätzlich die Vorstufe zum Zwischenverfahren darstellt. Hier werden daher auch Zeugen vernommen, die zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen können und Beweise gesammelt, die im weiteren Verlauf von Bedeutung sind. Für den Beschuldigten selbst empfiehlt es sich, in diesem Abschnitt des Strafverfahrens zum Sachverhalt zu schweigen und Aussagen nur mit anwaltlicher Begleitung zu tätigen. Selbst belasten muss sich nämlich niemand.
KLUGO Tipp:
Mach im Verlauf des Ermittlungsverfahrens keine Aussagen, da diese gegen dich verwendet werden können. Wende dich an einen Fachanwalt für Strafrecht und verschaffen dir Akteneinsicht, bevor du ein Verhör antrittst.
Braucht man im Ermittlungsverfahren einen Rechtsanwalt?
Generell empfiehlt es sich, spätestens bei einer Vorladung zur Vernehmung als Beschuldigter anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Strafverteidiger kann im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Akteneinsicht verlangen und sich so einen Überblick verschaffen. Vor der Sichtung der Akten ist es in keinem Fall empfehlenswert, sich im Rahmen einer Vernehmung zur Sache zu äußern. Dies gilt völlig unabhängig davon, ob du zu Recht als Beschuldigter vorgeladen wurdest oder tatsächlich gar nichts mit den Vorwürfen zu tun hast.
Eine Person gilt nach juristischem Verständnis dann als Beschuldigter, wenn gegen sie in einem Strafverfahren ermittelt wird und ein konkreter Verdacht besteht, dass durch sie eine strafbare Handlung begangen wurde. Auch dem Beschuldigten stehen umfassende Rechte zu: So kann dieser nur dann in Haft genommen werden, wenn dafür ein ausreichender Grund vorliegt. Hier kommen als Haftgründe, insbesondere Flucht oder Fluchtgefahr in Betracht, aber auch das Risiko der Verdunkelung oder Wiederholung. Sind diese gegeben, beantragt die Staatsanwaltschaft beim zuständigen Ermittlungsrichter einen Haftbefehl für den Beschuldigten.
Das Strafverfahren dient der Aufklärung eines strafrechtlichen Sachverhalts und ggf. der Verhängung einer Strafe oder anderen Sanktion. Die Unterstützung durch einen Rechtsanwalt ist wegen einer möglicher Geld- oder Freiheitsstrafe unverzichtbar."
Pierre Torster Rechtsanwalt
Einstellung, Strafbefehl oder Anklage: Wie geht es nach dem Ermittlungsverfahren weiter?
Nach Beendigung des Ermittlungsverfahrens gibt es für den weiteren Verlauf folgende Optionen:
Die Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren ein.
Das Verfahren wird durch den Strafbefehl abgekürzt, es kommt zu einer Strafe.
Die Anklage leitet das Zwischenverfahren ein.
Ein Verfahren kann aus verschiedenen Gründen durch die Staatsanwaltschaft eingestellt werden. Zum einen kann es sein, dass aufgrund der Ermittlung die Annahme besteht, dass nicht ausreichend Beweise gefunden werden können, um den Beschuldigten unter Tatverdacht zu stellen. Zudem ist es möglich, dass es sich um einen Erstverstoß handelt, dessen verursachter Schaden so gering ist, dass von einer weiteren Verfolgung abgesehen werden kann. Als letzter Grund sind Auflagen wie der Täter-Opfer-Ausgleich zu nennen, die zur Einstellung führen können.
Wozu gibt es den Täter-Opfer-Ausgleich?
Beim Täter-Opfer-Ausgleich nach § 46a StGB steht die Wiederherstellung des Rechtsfriedens zwischen Opfer und Täter im Vordergrund. Es handelt sich juristisch nicht um einen eigenständigen Abschnitt des Strafverfahrens, sondern vielmehr um eine außergerichtliche Konfliktbewältigung. Im Vordergrund steht dabei die einvernehmliche Lösung von Konflikten und die Wiedergutmachung des erlittenen Schadens. Dies geschieht grundsätzlich durch Mitwirkung einer unabhängigen Person bzw. eines Mediators.
Auflagen sorgen für eine vorläufige Einstellung des Verfahrens. Werden diese final erfüllt, wird auch das Strafverfahren endgültig eingestellt.
Absehen von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen gemäß § 153a StPO
Die genauen Voraussetzungen, unter denen eine Strafverfolgung eingestellt werden kann, sind in der Strafprozessordnung festgehalten:
In Bezug auf das Absehen der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen gemäß § 153a ist in Absatz (1) zu lesen, dass hierfür die Zustimmungen des zuständigen Gerichts und des Beschuldigten notwendig sind. Außerdem müssen die Auflagen und Weisungen geeignet sein, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen.
Was ist das vereinfachte Strafverfahren?
Beim sogenannten vereinfachten Strafverfahren – oder auch Strafbefehlsverfahren – (§§ 407 ff. StPO) wird der durch die Strafprozessordnung vorgesehene Ablauf des Strafverfahrens abgekürzt, indem man auf die mündliche Hauptverhandlung verzichtet. Hauptzweck ist dabei die Entlastung der Justiz und eine kostensparende und zügige Durchführung des Verfahrens. Voraussetzung ist aber, dass es sich lediglich um Delikte handelt, die keine schwerwiegenden Straftaten darstellen und daher lediglich der leichteren Kriminalität zuzuordnen sind.
Der schriftliche Strafbefehl, der im vereinfachten Strafverfahren zugestellt wird, entfaltet seine Rechtskraft analog zum Strafurteil, wenn innerhalb einer Frist von zwei Wochen kein Einspruch eingelegt wird, § 43 Abs. 1 StPO.
Typische Fälle für das vereinfachte Strafverfahren sind zum Beispiel:
Auch die möglichen Rechtsfolgen im Strafbefehlsverfahren fallen weniger schwerwiegend aus als die Rechtsfolgen im herkömmlichen Strafverfahren.
Hier kommen beispielsweise in Betracht:
Geldstrafe nach § 40 StGB
Fahrverbot nach § 44 StGB
Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB
Einziehung nach § 74 StGB
Im Falle einer minder schweren Straftat kann die Staatsanwaltschaft beim Gericht einen direkten Strafbefehl beantragen. Dieser wird ohne weitere Verhandlung an den Beschuldigten gerichtet, wobei dieser zwei Wochen Zeit hat, Einspruch zu erheben.
Erhebt die Staatsanwaltschaft hingegen eine Anklage, kommt es zu einer mündlichen Hauptverhandlung und der Angeschuldigte wird zum Angeklagten.
Zusammenfassung:
Eine mündliche Verhandlung kann abgewendet werden, wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren aufgrund mangelnder Beweise einstellt oder einen Strafbefehl fordert. Hält die Staatsanwaltschaft eine Verurteilung für hinreichend, reicht sie eine Anklage beim Gericht ein.
Wann kommt es zum Zwischenverfahren?
Das Zwischenverfahren kommt dann zustande, wenn die Staatsanwaltschaft beschließt, dass ein hinreichender Tatverdacht besteht, und beim Gericht eine Anklage einreicht. Das Gericht hat nun als dritte Instanz die Aufgabe, den Sachverhalt zu prüfen und zu entscheiden, ob es wirklich zu einer Hauptverhandlung kommt. Der Strafverteidiger hat innerhalb des Zwischenverfahrens die Möglichkeit, das Hauptverfahren ganz oder in Teilen abzuwenden.
Wie läuft das Hauptverfahren ab?
Das Hauptverfahren kommt dann zustande, wenn das Gericht beschließt, dass die Anklage durch die Staatsanwaltschaft gerechtfertigt ist. Der Ablauf des Hauptverfahrens besteht aus Fragen zur Person des Angeklagten, anschließend aus der Beweisaufnahme und zuletzt aus dem Strafverfahren, in dem das Urteil des Gerichts gebildet und verkündet wird. Wie umfangreich ein Hauptverfahren wird und wie lange es dauert, hängt von der Komplexität des Falls und der Staatsanwaltschaft sowie dem Strafverteidiger ab. Die Dauer des Hauptverfahrens kann zwischen einigen Tagen bis hin zu einigen Monaten variieren. Der Strafverteidiger hat die Aufgabe, durch die Einbringung von Zeugen und Beweisen die Strafe des Angeklagten abzuwenden oder ein faires Strafmaß zu sichern.
Das Hauptverfahren endet regelmäßig mit einem Urteil durch das zuständige Gericht. Das Urteil kann dabei ganz unterschiedliche Sanktionen wie zum Beispiel die Verurteilung mit einer Geldstrafe oder mit einem Freiheitsentzug nach sich ziehen – aber auch einen Freispruch für den Angeklagten bedeuten.
So läuft das Hauptverfahren grundlegend ab:
In der Hauptverhandlung werden Fragen zur Person des Angeklagten gestellt und die Anklage vorgelesen. Eine Stellungnahme des Angeklagten ist möglich.
Bis zur finalen Urteilsverkündung ist auch im Hauptverfahren die Einstellung des Verfahrens möglich, wenn sich die Schuld des Angeklagten nach der Beweisaufnahme als nicht so schwerwiegend herausstellt.
In der Beweisaufnahme werden Zeugen und Sachverständige angehört und Beweise vorgelegt. Staatsanwalt sowie Verteidiger halten ein Plädoyer; der Angeklagte hat das letzte Wort.
Im Strafverfahren zieht sich das Gericht zurück, entscheidet über das Strafmaß und verkündet dieses im Anschluss.
Wann kommt es zur Berufung oder Revision?
Ist das Urteil gesprochen, bedeutet dies nicht zwingend, dass der Rechtsweg endet. Der Verurteilte wie auch die Staatsanwaltschaft haben nun eine Woche lang die Möglichkeit, Berufung oder Revision einzulegen.
Die Berufung ist dann eine Option, wenn es sich um ein Urteil des Amtsgerichts der ersten Instanz handelt. Im Falle der Berufung wird das Urteil in Form einer Gerichtsverhandlung durch das Landgericht komplett überprüft. Hierbei können neue Beweismittel eingebracht werden. Bei der Revision wird das Urteil durch das Oberlandesgericht oder den Bundesgerichtshof auf Rechtsfehler überprüft, wobei in der Regel keine neue Beweisaufnahme stattfindet.
Bei Fragen zum Thema Strafverfahren wende dich gerne an die telefonische Erstberatung, bei der wir dich mit einem unserer KLUGO Rechtsexperten und Partner-Anwälten und verbinden. Hier erhältst du eine erste Einschätzung zum Sachverhalt. Wenn du dies wünschst, verbinden wir dich im Anschluss gerne weiter, um eine umfassende Erstberatung von einem KLUGO Partner-Anwalt und Rechtsexperten für Strafrecht zu erhalten.