Privates Surfen am Arbeitsplatz – Kündigungsgrund?

Schon mal während der Arbeitszeit schnell einen Facebook-Post gelikt, eine Nachricht an die Partnerin geschrieben oder ein Reiseschnäppchen gebucht? Privates Surfen im Internet am Arbeitsplatz ist mittlerweile total verbreitet – vor allem, wenn die Arbeit keinen Spaß mehr macht oder man sich unterfordert fühlt. Doch wie riskant kann das eigentlich werden? Und kann privates Surfen am Ende sogar den Job kosten? Das erfährst du in diesem Beitrag.

von KLUGO
11.11.2024
3 Min Lesezeit

Privates Surfen am Arbeitsplatz – Kündigungsgrund? Das Wichtigste in Kürze

  • Eine fristlose Kündigung wegen privater Internetnutzung ist nur in Ausnahmefällen möglich; in der Regel ist eine vorherige Abmahnung erforderlich.

  • Private Internetnutzung kann das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber schädigen und unter bestimmten Bedingungen zu einer Kündigung führen.

  • Kurzzeitige private Internetnutzung, wie das Buchen eines Flugs, wird in der Regel toleriert, solange sie nicht exzessiv ist.

  • Arbeitnehmer sollten bei einer Kündigung wegen privater Internetnutzung schnell handeln und rechtliche Unterstützung suchen.

Ist Surfen im Internet ein Kündigungsgrund?

Die gute Nachricht für dich als Arbeitnehmer: Eine fristlose Kündigung wegen privater Internetnutzung kann arbeitsrechtlich nur in Ausnahmefällen ausgesprochen werden. Das ist allerdings kein Freifahrtschein, während deiner Arbeitszeit nach Lust und Laune im Internet zu surfen.

Vertragsverletzung durch Internetnutzung

Laut einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm (vom 17.06.2016 – 16 Sa 1711/15) verletzt das Surfen während der Arbeitszeit deine vertraglichen Pflichten, und das kann je nach Nutzungsdauer sogar einen Kündigungsgrund darstellen.

Verhältnismäßigkeit der Kündigung

Damit eine Kündigung rechtlich gerechtfertigt ist, muss deine private Internetnutzung ein Ausmaß annehmen, das das Vertrauen des Arbeitgebers zerstört. In solchen Fällen kann die Fortführung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar werden. Der entscheidende Punkt ist die Verhältnismäßigkeit der Kündigung.

Einzelfallprüfung erforderlich

Diese muss immer im Einzelfall geprüft werden, da es keine gesetzlichen Vorgaben zur privaten Internetnutzung am Arbeitsplatz gibt. Die Rechtsprechung fordert jedoch, dass du vor einer Kündigung abgemahnt wirst (ArbG Berlin, Urteil vom 09.05.2014 – Ca 4045/14). Wenn dein Arbeitgeber mit einer positiven Verhaltensänderung in Bezug auf deine private Internetnutzung rechnen kann, entfällt der Grund für eine Abmahnung.

Klärung mit dem Arbeitgeber

Wenn du auf Nummer sicher gehen möchtest, klär am besten vorher mit deinem Arbeitgeber, ob private Internetnutzung an deinem Arbeitsplatz erlaubt ist und in welchem Rahmen. In manchen Unternehmen gibt es dazu Betriebsvereinbarungen. Laut einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24.10.2013 (Az.: 10 Sa 173/13) reicht ein Verstoß gegen eine solche Betriebsvereinbarung jedoch nicht für eine Kündigung aus. Das Gericht fordert zusätzlich, dass eine konkrete Störung oder Gefährdung der Betriebsabläufe oder eine erhebliche Verletzung deiner vertraglichen Pflichten vorliegt.

Kündigung bei besonderer Schädigung des Arbeitgebers

Anders verhält es sich jedoch, wenn die private Internetnutzung des Arbeitnehmers zu einer Rufschädigung, Gefährdung der Sicherheit oder zusätzlichen Kosten für das Unternehmen führt. Wenn privates Surfen am Arbeitsplatz beispielsweise:

  • Einen Virenbefall der Firmenrechner zur Folge hat,

  • Der Ruf des Unternehmens durch den Besuch von Pornoseiten geschädigt wird,

  • Der Firma zusätzliche Kosten wegen des Herunterladens umfangreicher Datenmengen entstehen,

steht eine Gefährdung oder Störung der betrieblichen Abläufe im Raum. In solchen Fällen kann das Surfen während der Arbeitszeit zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen. In der Regel ist jedoch auch in diesen Fällen eine vorherige Abmahnung des Mitarbeiters erforderlich.

Minutenweises Surfen am Arbeitsplatz

Die inzwischen allgemein an deutschen Gerichten praktizierte Rechtsprechung zum Arbeitsrecht sieht vor, dass eine minutenweise Privatnutzung des Internets während der Arbeitszeit die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht negativ beeinträchtigt.

Wenn Arbeitnehmer beispielsweise zwischendurch einen privaten Flug buchen oder eine private Überweisung tätigen, laufen sie nicht Gefahr, sich eine Abmahnung vom Arbeitgeber einzuhandeln. Die Nutzung sollte jedoch kurz sein, also nicht „nachweislich exzessiv“, und keinesfalls die betrieblichen Abläufe stören.

Gegen eine Kündigung wegen Surfens am Arbeitsplatz vorgehen

Wenn du von deinem Arbeitgeber eine Kündigung wegen privater Internetnutzung am Arbeitsplatz erhältst, musst du schnell reagieren. Innerhalb von drei Wochen musst du eine Kündigungsschutzklage vor einem Arbeitsgericht einreichen, um die Wirksamkeit der Kündigung zu verhindern. Wie in diesem Beitrag deutlich gemacht wurde, ist privates Surfen während der Arbeitszeit ein rechtlicher Graubereich. Daher sollten Arbeitnehmer, die mit einer Kündigung konfrontiert sind, unbedingt die fachliche Unterstützung eines Fachanwalts für Arbeitsrecht einholen.

Viele Arbeitgeber machen nämlich Fehler bei der Beweisführung und überschreiten bei der Überwachung ihrer Mitarbeiter oft das gesetzlich Erlaubte. Um diese Schwachstellen aufseiten des Arbeitgebers aufzudecken, ist kompetente rechtliche Beratung unerlässlich. Eine telefonische Erstberatung kann dir dabei helfen, eine erste Orientierung zu deinem individuellen Fall zu erhalten.

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