Arbeitsrecht Kündigung Betriebsbedingte Kündigung: Abfindung, Gründe & Fristen
Eine betriebsbedingte Kündigung kann für dich als Arbeitnehmer eine schwierige und ungewisse Situation darstellen. Du hast das Recht, deine Kündigung zu hinterfragen und zu prüfen, ob sie rechtmäßig ist. Mit KLUGO kannst du ganz einfach den passenden Rechtsexperten finden, der dir in deiner Situation weiterhilft. Lass dich professionell unterstützen, um eine faire Lösung zu finden.
Die Arbeitswelt verändert sich ständig. Unternehmen verlagern ihre Standorte, und die technische Entwicklung stellt immer neue Anforderungen an dich als Arbeitnehmer. Das kann dazu führen, dass dein Arbeitgeber dir aus betriebsbedingten Gründen kündigt, wenn eine Weiterbeschäftigung nicht mehr möglich ist. In diesem Beitrag erfährst du alles Wichtige zu den Gründen, Fristen und der Möglichkeit einer Abfindung – damit du weißt, ob deine Kündigung wirklich legitim ist.
Betriebsbedingte Kündigung Das Wichtigste in Kürze
Eine betriebsbedingte Kündigung geht immer vom Unternehmen aus und zählt – wie die personen- oder verhaltensbedingte Kündigung – zu den ordentlichen Kündigungen.
Zulässig ist die betriebsbedingte Kündigung bei betrieblichen Gründen, fehlender anderer Beschäftigungsmöglichkeit und korrekter Sozialauswahl.
Eine Kündigung ist formal korrekt, wenn sie schriftlich erfolgt und Form, Inhalt sowie Zugang stimmen. Mündliche oder digitale Wege wie SMS und WhatsApp sind unzulässig.
Unter bestimmten Voraussetzungen besteht die Möglichkeit, die betriebsbedingte Kündigung durch eine Kündigungsschutzklage anzufechten.
Du hast drei Wochen nach Kündigungserhalt Zeit, gegen eine betriebsbedingte Kündigung vorzugehen.
Inhaltliche Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung
Wenn dein Arbeitgeber dir betriebsbedingt kündigen möchte, können dafür unterschiedliche Gründe vorliegen. Wichtig ist, dass die Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz vier wesentliche Kriterien erfüllt, damit sie rechtlich zulässig ist.
Die vier wesentlichen Kriterien, die eine betriebsbedingte Kündigung rechtlich zulässig machen, sind:
Betriebliche Erfordernisse
Wegfall einer dauerhaften Beschäftigungsmöglichkeit
Interessenabwägung des Arbeitgebers
Treffen einer Sozialauswahl
1. Betriebliche Erfordernisse
Bei einer betriebsbedingten Kündigung kann es sowohl innerbetriebliche als auch außerbetriebliche Gründe geben.
Innerbetriebliche Gründe bei einer betriebsbedingten Kündigung:
Standort der Produktion ändert sich
Betrieb wird stillgelegt
Umfang der Produktion verändert sich (Produktion wird umgestellt oder eingeschränkt)
Neue oder veränderte Fertigungsmethoden werden eingeführt
Durch Anschaffung neuer Maschinen muss rationalisiert werden.
Aufgaben werden an externe Mitarbeiter oder Leiharbeiter abgegeben.
Ganze Abteilungen werden an Fremdfirmen abgegeben (sogenanntes Outsourcing).
Außerbetriebliche Gründe bei einer betriebsbedingten Kündigung:
Verschlechterung und damit Rückgang der Auftragslage
Umsätze und Absätze sinken
Weniger Nachfrage
Marktveränderung
Haushaltsmittel werden gestrichen (öffentlicher Dienst)
2. Wegfall einer dauerhaften Weiterbeschäftigung
Eine betriebsbedingte Kündigung wird erst dann als rechtmäßig anerkannt, wenn eine dauerhafte Weiterbeschäftigung für dich nicht mehr möglich ist. Eine Standortverlagerung oder Werksschließung allein reicht dafür nicht aus. Dein Arbeitgeber ist verpflichtet, intern eine andere Stelle für dich zu finden, entweder durch Versetzung oder Änderungskündigung. Beide Optionen können nachteilig für dich sein:
Bei einer Versetzung ändern sich der Arbeitsort und möglicherweise auch die Art und der Umfang deiner Tätigkeit.
Bei einer Änderungskündigung wird dein aktueller Arbeitsvertrag beendet, und ein neuer Vertrag wird aufgesetzt, der ungünstigere Bedingungen enthalten kann.
Existiert keine andere Beschäftigungsmöglichkeit, spricht man von „Dringlichkeit“. Sollte jedoch nach deiner Kündigung ein anderer Mitarbeiter auf deine Stelle gesetzt werden, ist die Kündigung unwirksam.
3. Interessenabwägung des Arbeitgebers
Eine Interessenabwägung findet statt, wenn die Interessen deines Arbeitgebers mit deinen Interessen gegeneinander abgewogen werden. Überwiegen die Argumente deines Arbeitgebers, dass eine Weiterbeschäftigung aus wirtschaftlichen und unternehmerischen Gründen nicht sinnvoll ist, hat er einen Vorteil. Diese Voraussetzungen sind gegeben, wenn die beiden oben genannten Kriterien – betriebliche Erfordernisse und fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten – erfüllt sind.
4. Treffen einer Sozialauswahl
Bei einer betriebsbedingten Kündigung muss letztendlich auch eine korrekte Sozialauswahl erfolgen. Dabei wird anhand eines Punktesystems festgelegt, welche Mitarbeiter gemäß § 1 Abs. 3 KSchG besonders schutzbedürftig sind.
Der Arbeitgeber muss bei der Auswahl folgende Kriterien beachten:
Dauer der Betriebszugehörigkeit
Lebensalter
Unterhaltspflichten (z. B. Kinder)
Schwerbehinderung
Punktesystem der Sozialauswahl entscheidet, wer zuerst gehen muss
Das Punktesystem berücksichtigt die Dauer deiner Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten, dein Alter und eventuelle Behinderungen. Nach dem Prinzip der Vergleichbarkeit dürfen nur die Mitarbeiter bewertet werden, die in ihrer Fähigkeit, Qualifikation, ihrem Arbeitsvertrag und ihrer Stellung vergleichbar sind. Das bedeutet, dass du als Mitarbeiter im Lagerwesen nicht mit einem Mitarbeiter aus dem Controlling verglichen werden kannst. Ausgenommen von der Sozialauswahl sind sogenannte Leistungsträger, die für das Unternehmen wirtschaftlich unentbehrlich sind.
So funktioniert das Punktesystem der Sozialauswahl:
Bis 10 Betriebsjahre: 1 Punkt pro Jahr
Ab dem 11. Betriebsjahr: 2 Punkte pro Jahr
Lebensjahr bis 55 Jahre: 1 Punkt pro Lebensjahr
Unterhaltspflichtiges Kind (unverheiratet): 4 Punkte
Unterhaltspflichtiges Kind (verheiratet): 8 Punkte
Schwerbehinderung bis GdB 50: 5 Punkte
Schwerbehinderung für jeden weiteren GdB 10: 1 Punkt
Der Mitarbeiter mit der höchsten Punkteanzahl wird als „sozial schwach“ eingestuft; in diesem Fall ist eine betriebsbedingte Kündigung unzulässig. Die Mitarbeiter mit den geringsten Punktzahlen gelten als weniger schutzwürdig. Dadurch sind oft jüngere und unverheiratete Mitarbeiter ohne Kinder die ersten, die den Betrieb verlassen müssen. Das System berücksichtigt die Schutzbedürftigen und geht davon aus, dass sozial stärkere Arbeitnehmer unter einer Kündigung weniger finanziell leiden und schneller eine neue Anstellung finden können.
Kündigungsfristen bei einer betriebsbedingten Kündigung
Da es sich bei einer betriebsbedingten Kündigung um eine ordentliche Kündigung handelt, richtet sich die gesetzliche Kündigungsfrist gemäß § 622 BGB nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit:
Dauer der Betriebszugehörigkeit | Kündigungsfrist (zum Monatsende) |
---|---|
2 Jahre | 1 Monat zum Monatsende |
5 Jahre | 2 Monate zum Monatsende |
8 Jahre | 3 Monate zum Monatsende |
10 Jahre | 4 Monate zum Monatsende |
12 Jahre | 5 Monate zum Monatsende |
15 Jahre | 6 Monate zum Monatsende |
20 Jahre | 7 Monate zum Monatsende |
Betriebsbedingte Kündigung im Kleinbetrieb
Von einem Kleinbetrieb spricht man, wenn maximal zehn Mitarbeiter in Vollzeit beschäftigt sind. In einem Betrieb dieser Größe greift der Kündigungsschutz nicht, und eine Kündigung kann ohne Angabe von Gründen ausgesprochen werden. Daher ist eine betriebsbedingte Kündigung hier vergleichsweise einfach. Dein Arbeitgeber kann relativ frei agieren, da er dir weder eine Abfindung zahlen noch eine vollumfängliche Sozialauswahl vornehmen muss.
Achtung Sonderfall
Einen Sonderfall bilden jedoch die Mitarbeiter, deren Beschäftigungsverhältnis vor dem 01.01.2004 begann. Vor diesem Stichtag lag der Schwellenwert für Kleinbetriebe bei fünf oder weniger Arbeitnehmern. Bei diesen Alt-Arbeitnehmern findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Betroffene sollten ihren Anspruch auf eine Abfindung prüfen lassen. Informier dich in einer Erstberatung beim Fachanwalt für Arbeitsrecht über deine Rechte und Optionen.
Ist eine betriebsbedingte Kündigung während der Probezeit möglich?
Eine betriebsbedingte Kündigung während der Probezeit ist grundsätzlich möglich. In dieser Zeit gelten jedoch in der Regel verkürzte Kündigungsfristen. Die genauen Bedingungen und der Umfang einer betriebsbedingten Kündigung können je nach Arbeitsvertrag und geltendem Arbeitsrecht variieren. Arbeitgeber sind während der Probezeit nicht verpflichtet, einen Kündigungsgrund anzugeben.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung innerhalb der Probezeit nicht dieselben sind wie außerhalb. Der allgemeine Kündigungsschutz gemäß § 1 Abs. 1 KSchG greift erst, wenn in einem Betrieb regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer in Vollzeit beschäftigt sind und du länger als 6 Monate im Betrieb tätig bist. Diese zweite Voraussetzung, die Beschäftigungsdauer von mehr als 6 Monaten, nennt man Wartezeit und bleibt unabhängig von einer vereinbarten Probezeit bestehen.
Kann eine betriebsbedingte Kündigung unwirksam sein – und für wen gilt der Sonderkündigungsschutz?
Eine betriebsbedingte Kündigung kann unwirksam sein, wenn folgende Kriterien nicht erfüllt sind:
Die Schriftform entspricht nicht den Richtlinien oder die Kündigung wurde per WhatsApp oder SMS verschickt.
Es fehlen Fristen im Text (diese variieren je nach Betriebszugehörigkeit: zwischen einem Monat bei einer Beschäftigungsdauer von bis zu 2 Jahren und bis zu sieben Monaten bei einer Beschäftigungsdauer von 20 Jahren).
Für bestimmte Personengruppen – wie Schwangere, Arbeitnehmer in Elternzeit, Schwerbehinderte und Betriebsratsmitglieder – gilt ein Sonderkündigungsschutz.
Besteht nach einer betriebsbedingten Kündigung ein Anspruch auf Arbeitslosengeld?
Um Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG 1) zu haben, muss der Arbeitnehmer in den letzten 30 Monaten insgesamt mindestens 12 Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Da der Arbeitnehmer im Falle einer betriebsbedingten Kündigung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zu verschulden hat, fällt keine Sperrzeit an, und der Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht.
Widerspruch des Betriebsrats bei betriebsbedingter Kündigung
Der Betriebsrat kann bei einer betriebsbedingten Kündigung Widerspruch erheben, wenn folgende Punkte zutreffen:
Soziale Gesichtspunkte sind nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Auswahlrichtlinien gemäß § 95 BetrVG sind nicht beachtet worden.
Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für den jeweiligen Arbeitnehmer durch anderen Arbeitsplatz oder Weiterbildung sind vorhanden.
Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter anderen Vertragskonditionen sind möglich.
So reagierst du auf eine betriebsbedingte Kündigung
Wenn du betriebsbedingt gekündigt wurdest, atme erst einmal durch und handle nicht übereilt. Verweigere zunächst die Unterschrift, um deinem Arbeitgeber zu zeigen, dass du mit der Kündigung nicht einverstanden bist. Sei offen für Weiterbildungen und Fortbildungen, denn das könnte dein Beschäftigungsverhältnis im Betrieb sichern oder deine Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen. Informiere den Betriebsrat über deine Kündigung, damit sie geprüft und gegebenenfalls Widerspruch eingelegt werden kann.
Lass dich in einer Erstberatung von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten, um die nächsten Schritte zu klären.
Du hast drei Wochen Zeit, um eine Kündigungsschutzklage einzureichen. Ein Anwalt kann dir helfen, die Erfolgsaussichten zu prüfen und ob dir eine Abfindung zusteht. Melde dich innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsamt arbeitssuchend, um finanzielle Engpässe zu vermeiden.
Wann hast du Anspruch auf eine Abfindung?
Gemäß § 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) hast du bei einer betriebsbedingten Kündigung unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Abfindung.
Dieser Anspruch entsteht aber nur, wenn:
Der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben darauf hinweist, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Gründe gestützt ist und du bei Verzicht auf eine Klage innerhalb der 3-wöchigen Frist eine Abfindung bekommst.
Du innerhalb dieser Frist keine Kündigungsschutzklage erhebst.
Häufig bieten Arbeitgeber eine Abfindung an, um eine Klage zu vermeiden. Die Höhe richtet sich nach deinen Beschäftigungsjahren und wird versteuert. Nutze einen Abfindungsrechner, um deine voraussichtliche Abfindung zu berechnen.
Ist ein Aufhebungsvertrag eine gute Alternative?
Alternativ zur betriebsbedingten Kündigung kann der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag anbieten. Damit umgeht er einen möglichen Arbeitsrechtsstreit, da der Kündigungsschutz des Arbeitnehmers entfällt. Oft wird dabei eine höhere Abfindung angeboten, die du jedoch genau nachrechnen und verhandeln solltest.
Ein Aufhebungsvertrag sollte gut überlegt sein, da er Risiken birgt:
Mit deiner Unterschrift ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses endgültig und nicht mehr anfechtbar. Außerdem wirst du in der Regel für drei Monate vom Arbeitslosengeld gesperrt. Die höhere Abfindung sollte also mindestens diesen Zeitraum finanziell ausgleichen. Eine Sperrzeit kann umgangen werden, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung bereits konkret in Aussicht gestellt hat oder der Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist beendet. Es empfiehlt sich, vorher mit der Arbeitsagentur Rücksprache zu halten.
Betriebsbedingte Kündigung So hilft dir ein Rechtsexperte weiter
Wurdest du betriebsbedingt gekündigt, solltest du dir der Risiken bewusst sein und nichts überstürzt entscheiden. Einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren, ist auf jeden Fall die richtige Wahl. Er unterstützt dich fachlich und steht dir zur Seite, wenn du Widerspruch gegen eine betriebsbedingte Kündigung einlegen oder eine angemessene Abfindung verhandeln möchtest.