Vermittelt ein Unternehmen online Veranstaltungstickets, darf es für deren Versand nur die tatsächlich anfallenden Kosten berechnen, entschied der BGH 2018. Eine Servicegebühr ohne Gegenleistung entfällt.
Vorausgegangen war dem Urteil eine Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen die CTS Eventim AG. Die CTS Eventim AG vermittelt online Eintrittskarten für Events und bietet ihren Kunden verschiedene Versandoptionen an. Entscheidet sich der Besteller für die Option print@home, bedeutet dies, dass er die Veranstaltungskarten selbst ausdruckt. Hierfür berechnete Eventim bisher eine Gebühr von 2,50 Euro.
Die Verbraucherschützer sahen darin ebenso einen Rechtsbruch wie in der Option Premiumversand. Diese wurde den Kunden für den stolzen Preis von 29,90 Euro angeboten. Denn tatsächlich verschickte Eventim die Karten zum Premiumpreis in einem Briefumschlag, der als Standardbrief frankiert war.
Beide Praktiken wollte die Verbraucherzentrale nicht länger hinnehmen. Für das Unternehmen bestand daher die Verpflichtung nachzuweisen, welche Leistung es für die angegebenen Servicegebühren tatsächlich erbrachte. Die CTS Eventim AG berief sich jedoch darauf, ihre Kalkulationen als börsennotiertes Unternehmen nicht offenlegen zu müssen.
In erster Instanz wandte sich die Verbraucherzentrale NRW mit einer Unterlassungsklage an das Landgericht Bremen, das der Verbraucherzentrale in seiner Auffassung folgte und die bisherige Form der Gebührenerhebung untersagte.
Eventim reichte Berufung ein und so wurde der Fall in zweiter Instanz vor dem Bremer Oberlandesgericht verhandelt. Auch dieses sah die Klage der Verbraucherzentrale als berechtigt an. Aufgrund einer erneuten Revision durch die CTS Eventim AG entschied dann als dritte Instanz der Bundesgerichtshof, dass die Unterlassungsklage der nordrhein-westfälischen Verbraucherschützer rechtmäßig und die Revision von Eventim demnach abzuweisen sei.
In der Urteilsbegründung führte der BGH aus, dass der Erwerb einer Eintrittskarte online für den Käufer ohne anschließende Zustellung sinnlos wäre. Daher gehört die Zustellung in jedweder Form zum Hauptgeschäft des Vermittlers und kann nicht gesondert als Serviceleistung in Rechnung gestellt werden. Der BGH berief sich in seiner Urteilsbegründung insbesondere auf § 307 BGB, demzufolge "Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen […] unwirksam" sind, "wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen."
Entsprechend dürften lediglich Material- und Versandkosten auf den Ticketpreis aufgeschlagen werden. Diese sind beim Onlineversand der Tickets aber überhaupt nicht vorhanden und beim Premium-Versand nicht in der in Rechnung gestellten Höhe.
Allerdings, so räumte das Gericht ein, könne es in Einzelfällen vorkommen, dass der Aufwand des Ticketvermittlers speziell bei einem Expressversand so hoch sei, dass er die Berechnung einer erhöhten Gebühr rechtfertige. Da die Eventim AG sich aber geweigert hatte, Einblick in ihre Kalkulation zu geben, konnte das Gericht nicht darüber entscheiden, ob ein solcher Aufwand betrieben worden war.
Hatte die Eventim AG anfänglich noch verkündet, dass sie weiterhin Gebühren für elektronisch übermittelte Tickets erheben wolle, so folgt sie mittlerweile den Vorgaben des BGH und berechnet für Tickets zum Selbstausdrucken keine Gebühren mehr. Der Expressversand innerhalb Deutschlands wird mit einer vergleichsweise moderateren Gebühr von 9,90 Euro in Rechnung gestellt (Stand 10/2018).
Dem Rechtsempfinden der Verbraucherschützer folgend ist die Unterlassung allein jedoch nicht genug. Ihrer Auffassung nach ist der Ticketvermittler dazu verpflichtet, unrechtmäßig erhobene Gebühren zumindest für einen Zeitraum von drei Jahren rückwirkend ab Urteilsverkündung zurückzuzahlen. KLUGO bietet als Vorlage ein Musterbrief zum Download an. Die Ticketpreise der Veranstalter sind von der Neuregelung nicht betroffen.
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