Das gute alte Sparbuch ist für viele Sparer eine lukrative Garantie für Zinsen. Wenig erstaunlich, denn besonders alte Sparverträge sind oft mit einer moderaten Verzinsung versehen und garantieren für die Sparer daher eine lohnende Einlage. Für die Banken und Sparkassen ist die schon länger andauernde Niedrigzinsphase allerdings gerade in Bezug auf Sparverträge ein Verlustgeschäft. Ein aktuelles BGH-Urteil erlaubt jetzt die Kündigung der Verträge.
Besonders in den 90er-Jahren waren die Prämiensparverträge beliebtes und viel beworbenes Produkt der Sparkassen. Sie versprachen hohe Rendite im Rahmen langjähriger Verträge. Die konkrete Ausgestaltung war dabei sehr unterschiedlich: Allen Prämiensparverträgen gemein war aber der Umstand, dass der Kunde als Vertragspartner jeden Monat einen bestimmten Sparbetrag eingezahlt hat, der jährlich verzinst wurde. Zusätzlich enthielten die Prämiensparverträge die Klausel, dass nach einer Vertragslaufzeit von drei Jahren eine jährlich steigende Prämie in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes vom jährlichen Sparbeitrag gezahlt werden sollte. Die Prämien waren gestaffelt und direkt an die Vertragslaufzeit gebunden.
Ob Altersvorsorge oder die Erfüllung langgehegter Wünsche: Sparverträge sind grundsätzlich eine unriskante Art Geld anzulegen. Sparer konnten sich dabei bisher auf die Prämiensparverträge der Banken und Sparkassen verlassen, denn diese waren oft mit hohen Verzinsungen versehen und versprachen daher nach einer entsprechend langen Laufzeit eine üppige Belohnung.
Das Prinzip ist dabei ganz simpel: Je länger die Laufzeit, desto höher der Zinssatz. Üblicherweise erreichten die Sparer so nach 15 Jahren die höchste Sparstufe – und auch die höchste Prämiengutschrift, die danach Jahr für Jahr kontinuierlich weiter gutgeschrieben wurde. Dies war sowohl für das Geldinstitut als auch für die Kunden von Vorteil, denn: Die Hochzinsphase sorgte dafür, dass die Sparkassen mit den Einlagen arbeiten konnten und belohnten ihre Kunden mit den entsprechenden Zinsen.
Die Entwicklung der Finanzmärkte brachte aber eine dramatische Veränderung der Zinssituation mit sich. Die weltweite Banken- und Finanzkrise in den Jahren 2007 und 2008 hat global für eine Neuausrichtung der Leitzinsen gesorgt. Auch die Europäische Zentralbank (kurz: EZB) hat seitdem kontinuierlich die Leitzinsen gesenkt. Ein Ende der Niedrigzinsphase ist auch aktuell nicht in Sicht – und sorgt bei den Geldinstituten für Einbußen, denn Einlagen bei der EZB sind für die Banken und Sparkassen mittlerweile sogar mit Strafzinsen belegt. Wenig erstaunlich also, dass diese aus den hoch verzinsten Prämiensparverträgen herauswollen – und diese zum erstmöglichen Zeitpunkt kündigten. Sparer wollten das jedoch nicht hinnehmen und zogen gegen die Praxis vor Gericht.
Die weltweite Niedrigzinsphase hat sowohl bei Sparern als auch bei Finanzinstituten weitreichende Folgen: Klassische Anlageformen sind für Verbraucher nicht mehr attraktiv, da die Banken Sparbücher oder Festgeldkonten nicht mehr mit üppigen Zinsen "belohnen".
Bei den Banken sorgte die Niedrigzinsphase dafür, dass diese nicht mehr auf die Einlagen der einzelnen Sparer angewiesen waren. Geld, das bei den Zentralbanken geliehen wurde, war unter dem Strich günstiger als die Zinsen, die im Rahmen von Anlegemodellen an die Sparkassenkunden ausgezahlt wurde. Damit war das Interesse der Sparkassen hoch, aus den bestehenden Prämiensparverträgen herauszukommen, denn: Immerhin ging es hier um mehrere Hunderttausend Verträge. Theoretisch kann die Kündigung daher alle Sparer betreffen.
Aktuell haben folgende Sparkassen eine Kündigung für Prämiensparverträge ausgesprochen:
Die gekündigten Sparer wollten mit einer Klage vor allem dem Verlust der eigenen Prämien entgegenwirken. Hier hatte nämlich insbesondere die Sparkasse mit Modellrechnungen Werbung für eine Einlage von 25 Jahren Dauer gemacht – genau diese Zeitspanne versprach für die Sparer einen maximalen Ertrag. Die massenhaften Kündigungen der Altverträge ab 2016 erfolgten zwar im Umfeld der Niedrigzinsen, dennoch wollten die Anleger weiterhin das Prämienmodell zu ihren Gunsten nutzen.
Die vorinstanzlichen Gerichte hatten hier bereits zugunsten der Sparkasse entschieden und sich dabei auf die AGB berufen, die eine Kündigung von Verträgen beim „Vorliegen eines sachgerechten Grundes“ explizit vorsehen. Final hat nun auch der Bundesgerichtshof entschieden: Die Niedrigzinsphase reicht demnach aus, um eine Kündigung der Verträge zu rechtfertigen und stellt nach Ansicht der Richter einen sachgerechten Kündigungsgrund gemäß der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen dar.
Wenn auch in den Prospekten Modellrechnungen bis zu einer Dauer von 25 Jahren Laufzeit ausgewiesen waren, so seien diese nicht als verbindliche Aussage zur tatsächlichen Laufzeit des Vertrags zu verstehen. Sie seien vielmehr als werbende Anpreisung zu verstehen, auf die sich die Sparer im Anschluss aber nicht verbindlich berufen könnten. Klar ist aber: Trotz aller Unverbindlichkeit lässt sich auch das sogenannte „S-Prämiensparen flexibel“ nicht einfach kündigen.
Durch das genannte Urteil des Bundesgerichtshofes ist bei einer Kündigung des Prämiensparens guter Rat gefragt. Nicht wenige Sparer fragen sich, was sie tun können, wenn sie das Kündigungsschreiben der Sparkasse in den Händen halten. Das finale höchstrichterliche Urteil macht natürlich wenig Hoffnung – dennoch lohnt es sich, bei einer Kündigung zunächst einmal Widerspruch einzulegen.
Vorsicht ist geboten, wenn die Sparkasse mit dem Kündigungsschreiben gleich auch ein alternatives Anlagemodell vorschlägt. Diese haben regelmäßig zur Folge, dass Sparer mögliche Ansprüche gegen die Sparkasse aufgrund einer unzulässigen Kündigung verlieren.
Mit dem o. g. Urteil ist die Lage aber keineswegs hoffnungslos. Der BGH setzt nämlich auch im Rahmen der Kündigung ganz klar Grenzen, die vergleichsweise eng gesetzt sind. Demnach geht es insbesondere um die Verträge mit dem Label "S-Premiumsparen flexibel". Diese weisen weder eine Mindestlaufzeit auf noch eine fest vereinbarte Laufzeit. Der BGH hat hierzu ganz klar festgehalten, dass der Prämiensparvertrag der Sparkasse nur dann gekündigt werden darf, wenn zwischen Sparer und Sparkasse keine feste Laufzeit vereinbart wurde und mindestens einmal die höchste Bonusstufe erreicht wurde.
In der Praxis gab es trotzdem auch Kündigungen von Prämiensparverträgen, die diese Voraussetzungen nicht erfüllten. Hier lohnt sich also eine genaue Prüfung, wenn es zur Kündigung kommt, denn: Möglicherweise fällt auch Ihr Vertrag nicht unter die Bedingungen, die das BGH-Urteil aufstellt.
Nicht nur die genannten Voraussetzungen sind ein Stolperstein, wenn die Sparkasse tatsächlich aus einem Prämiensparvertrag aussteigen will. Oft wurden nämlich auch die Zinsen ganz falsch berechnet und geben Anlass zur Überprüfung der vertraglichen Vereinbarungen.
Dies gilt nach einem Urteil des BGH vor allem dann, wenn
Eine Kündigung und generell das Thema Prämiensparverträge legt Sparern nahe, sich die Vertragsunterlagen genau anzusehen. Hierbei kann ein Anwalt für Vertragsrecht mit der notwendigen Expertise wertvolle Hilfestellung leisten. Dies betrifft nicht nur die Rechtmäßigkeit von Kündigungen, sondern auch die Prüfung noch bestehender Prämiensparverträge. Bei der Zinsberechnung betrifft dies übrigens auch Verträge, die schon länger beendet wurde, denn: Die Verjährungsfrist beträgt hier drei Jahre.
Auch angesichts des höchstrichterlichen Urteils sehen Verbraucherschützer noch Chancen für treue Sparer. Das Urteil aus Karlsruhe sei zwar richtungsweisend, aber dennoch eben nur auf den Einzelfall einer Sparkasse bezogen. Entscheidend seien daher immer die individuellen Vereinbarungen rund um den Prämiensparvertrag. So könnte zum Beispiel die Vereinbarung über eine konkrete Laufzeit ein Grund sein, warum eine Kündigung des Prämiensparens ausgeschlossen ist.
Kunden sollten daher eine mögliche Kündigung und auch die Vertragsunterlagen bzw. -bedingungen genau prüfen und einen Widerspruch oder auch die gerichtliche Lösung gegen die Kündigung in Erwägung ziehen.
Um finale Klarheit zu schaffen, hat die Verbraucherzentrale Sachsen jetzt auch eine Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Leipzig eingereicht. Hier steht vor allem die Frage zur Diskussion, ob die Schwankungen der Zinsentwicklungen an die Vertragspartner beim Prämiensparen weitergegeben wurden. Für Verbraucher bietet die Musterfeststellungsklage die Möglichkeit, sich ohne Kostenrisiko an der Klage zu beteiligen.
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