STAND 25.09.2023 | LESEZEIT 3 MIN
Viele Menschen bereuen den vor Jahrzehnten gefassten Entschluss, mithilfe einer Renten- oder Lebensversicherung fürs Alter vorzusorgen. Denn die Renditen solcher Angebote sind über die Jahre erheblich gesunken. Die vorzeitige Kündigung eines Vertrages galt lange Zeit als Risiko. Mittlerweile ist es jedoch möglich, eine Lebensversicherung zu widerrufen bzw. eine Rückabwicklung zu forcieren. Das gilt vor allem für bestimmte Verträge.
Wenn Sie sich in der unglücklichen Situation befinden, eine Lebens- oder Rentenversicherung abgeschlossen zu haben und die Renditen dieser Verträge über die Jahre enttäuschend niedrig waren, haben Sie möglicherweise überlegt, Ihre Lebensversicherung zu widerrufen.
Die gute Nachricht ist, dass es inzwischen höchstrichterliche Entscheidungen gibt, die Versicherungsnehmern ermöglichen, unter bestimmten Bedingungen aus ihren Verträgen auszusteigen, und dabei sogar mehr Geld zurückzuerhalten, als es bei einer herkömmlichen Kündigung der Fall wäre. Aber bevor Sie diesen Schritt unternehmen, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, unter welchen Umständen Sie Ihre Lebensversicherung widerrufen können und ob Ihr Vertrag überhaupt betroffen ist.
Der Widerruf Ihrer Lebens- oder Rentenversicherung ist nicht für alle Versicherungsverträge möglich. In erster Linie betrifft dies Verträge, die zwischen dem 29. Juli 1994 und dem 31. Dezember 2007 nach dem sogenannten Policen-Modell abgeschlossen wurden. In diesen Fällen erhielten die Versicherten oft nicht alle wichtigen Verbraucherinformationen zum Zeitpunkt der Antragsstellung. Darüber hinaus konnte die Zusendung aller Vertragsunterlagen nach Vertragsabschluss, einschließlich der Belehrung über das Widerrufsrecht, oft nicht gewährleistet werden. Dies führte dazu, dass keine Frist für den Widerruf gegen den Vertrag lief.
Es gibt jedoch auch Verträge nach dem Antragsmodell, bei denen Verbraucher von einem Rücktrittsrecht Gebrauch machen können. Dies ist allerdings nur der Fall, wenn der Versicherer nicht ausreichend über das Rücktrittsrecht belehrt hat, beispielsweise bei Vorliegen eines Formmangels. Eine wichtige Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2014 (Az. IV ZR 260/11) und eine weitere aus dem Jahr 2017 (Az. IV ZR 173/15) bestätigten diese Möglichkeit.
Zudem ist es für Verbraucher wichtig zu wissen, dass Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherungen grundsätzlich rückabgewickelt werden können. Allerdings ist dies nicht immer die sinnvollste Option, weswegen Verbraucher sich zuvor beraten lassen sollten.
Wenn Sie festgestellt haben, dass Ihr Vertrag die Voraussetzungen für einen Widerruf erfüllt, stellt sich die Frage, wie Sie diesen Prozess in Gang setzen können.
Wir empfehlen Ihnen folgende Vorgehensweise:
Der Widerruf einer Lebensversicherung kann finanzielle Vorteile mit sich bringen. Wenn Ihr Widerruf erfolgreich ist, erhalten Sie die eingezahlten Beiträge zurückerstattet. Darüber hinaus haben Sie Anspruch auf einen sogenannten Nutzungsersatz. Dies bedeutet, dass der Versicherer die Zinsen, die er mit Ihren Beiträgen erwirtschaftet hat, erstatten muss.
Damit Sie die eingezahlten Beiträge und den Nutzungsersatz zurückerhalten, müssen Sie allerdings nachweisen können, dass tatsächlich Nutzungen aus Ihrem Kapital gezogen wurden. Sie können nicht einfach pauschal 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz als Nutzungsersatz verlangen, wie es § 288 BGB vorschreibt.
Es gibt Ausnahmen von der oben beschriebenen Regelung: Beispielsweise müssen der Risikoanteil und die Abschluss- und Verwaltungskosten von der Versicherung nicht als Nutzungsersatz erstattet werden. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10. Februar 2016 (Az. IV ZR 19/15) hervor.
In einem anderen Fall entschied das Oberlandesgericht Stuttgart, den Nutzungsersatz zu schätzen. Es basierte auf den Geschäftsberichten der relevanten Jahre und nahm einen durchschnittlichen Zinssatz von 4,02 Prozent an. Für einen zu erstattenden Betrag von etwa 16.000 Euro musste die Versicherung dann einen Nutzungsersatz von 3.500 Euro zahlen (Urteil vom 23. Oktober 2014 (Az. 7 U 54/14)).
Für fondsgebundene Versicherungen gelten wieder andere, besondere Regelungen. Hier stellen die aus der Anlage des Sparanteils erzielten Gewinne die tatsächlich gezogenen Nutzungen dar, wie in einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. November 2015 (Az. 513/14) klargestellt wurde. Andere Zinsen muss der Versicherer dem Versicherten nicht erstatten.
Der Widerruf einer Lebensversicherung kann finanzielle Vorteile haben – insbesondere, wenn Ihr Vertrag unter bestimmten Umständen zustande gekommen ist. Wenn Sie sich entschieden haben, Ihre Lebensversicherung zu widerrufen, kann die Unterstützung eines erfahrenen KLUGO Partner-Anwalts und Rechtsexperten von unschätzbarem Wert sein.
Unsere erfahrenen Rechtsexperten können Sie allgemein im Versicherungsrecht und bei jedem Schritt des Widerrufsprozesses beraten und vertreten, um sicherzustellen, dass Sie Ihre Ansprüche erfolgreich geltend machen können. Dies kann die Kommunikation mit der Versicherungsgesellschaft, die Prüfung der Vertragsbedingungen und die Berechnung des Nutzungsersatzes umfassen. Kontaktieren Sie uns jetzt, um einen Termin für ein Erstgespräch zu vereinbaren.
Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.
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