STAND 26.02.2024 | LESEZEIT 4 MIN
Wann wurde wohl die letzte Person für Scheckkartenbetrug strafrechtlich verfolgt? Sicher nicht vor allzu kurzer Zeit, denn Scheckkarten gibt es seit etwa 20 Jahren nicht mehr. Deshalb braucht es auch nicht mehr den Straftatbestand des Missbrauchs von Scheckkarten. Dieser Vorschlag ist einer von vielen innerhalb der angekündigten Strafrechtsreform.
Die Strafrechtsreform ist ein Vorhaben, das im Koalitionsvertrag festgehalten wurde. Mit der Strafrechtsreform soll das StGB systematisch auf „Handhabbarkeit, Berechtigung und Wertungswidersprüche“ überprüft werden, nicht mehr zeitgemäße und historisch überholte Straftatbestände sollen ersatzlos gestrichen werden. Damit soll das StGB verschlankt und die Arbeit der Justiz erleichtert werden.
Zu den historisch überholten Straftatbeständen gehören die §§ 211, 212 StGB. Hier soll eine sprachliche Anpassung erfolgen, da sich die darin kommunizierten Täterprofile auf einer zur NS-Zeit populären Lehre stützen. Diese Gesetzesfassung aus dem 1941 soll deshalb angepasst werden, ohne die Rechtslage zu verändern. Auch der § 316a StGB „Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer“ hat seine Wurzeln in der nationalsozialistischen Justiz. Da dieser Tatbestand durch andere Straftatbestände wie Raub (§ 249 StGB), schwerer Raub (§ 250 StGB), Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB), räuberischer Diebstahl (§ 252 StGB) und der räuberischen Erpressung (§ 255 StGB) angemessen zu ahnden, ist, soll dieser veraltete Paragraf entfernt werden.
Reform würdig ist auch der § 183 StGB. Er stellt exhibitionistische Handlungen unter Strafe, jedoch bezieht er sich nur auf Männer. Es ist in der Diskussion, ob exhibitionistische Handlungen generell und geschlechtsunabhängig, unter Strafe gestellt werden oder der Paragraf gestrichen wird. Letzterer Vorschlag beruht auf der Annahme, dass Nacktheit und Sexualität Teil unserer öffentlich wahrnehmbaren Gesellschaft sind und damit dem § 183 StGB der Zweck genommen wird.
Mit der Strafrechtsreform sollen vor allem Straftatbestände aus dem StGB gelöscht werden, die nicht mehr zeitgemäß sind, anderen Gesetzen widersprechen oder mit den Wertevorstellungen der Gegenwart nicht vereinbar sind.
Dazu gehören die folgenden Straftatbestände:
Auch der § 217 StGB soll im Zuge der Strafrechtsreform aus dem StGB entfernt werden. Der Straftatbestand der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung wurde erst 2015 eingeführt. 2020 stellte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) jedoch fest, dass der Paragraf nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Mit der Strafrechtsreform sollen einige bisherige Straftatbestände zu Ordnungswidrigkeiten bzw. Bagatelldelikte herabgestuft werden.
Dazu gehören die folgenden:
Es steht auch zur Debatte, das „Containern“, die Rettung von entsorgten Lebensmitteln, im Rahmen der StGB-Reform zu entkriminalisieren. Aktuell steht das Entwenden von Lebensmitteln aus Müllcontainern gemäß § 242 StGB unter Strafe.
Ein Schwerpunkt der Strafrechtsreform ist die Reform der Strafbarkeit des unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 StGB. So soll Fahrerflucht in Zukunft nur noch strafbar sein, wenn ein Personenschaden vorliegt.
Liegt ein reiner Sachschaden vor, soll die betroffene Person den Unfall einer noch einzurichtenden Meldestelle – womöglich online – anzeigen. Alternativ soll die Person ihre persönlichen Daten wie Name und Anschrift an dem beschädigten Fahrzeug hinterlassen. Entfernt sich die Person ohne eine solche Information vom Unfallort, soll dies eine einfache Ordnungswidrigkeit sein, die mit einer Geldbuße geahndet wird.
Bisher steht das Erschleichen von Leistungen gemäß § 265a StGB unter Strafe, es droht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Mit der Strafrechtsreform soll dieser Straftatbestand zu einer Ordnungswidrigkeit herabgestuft werden.
In diesem Zusammenhang soll innerhalb der StGB-Reform auch die Ersatzfreiheitsstrafe für unbezahlte Geldstrafen herabgesetzt werden. Werden beispielsweise Geldstrafen für „Schwarzfahren“ nicht gezahlt, muss die betroffene Person aktuell die Summe der Geldstrafe im Gefängnis absitzen. Dabei entspricht die Höhe der verhängten Tagessätze der Anzahl der Gefängnistage.
Mit der Strafrechtsreform soll die Anzahl der Hafttage halbiert werden, sodass beispielsweise 24 Tagessätze zwölf Hafttagen entsprechen. Außerdem sieht die Strafrechtsreform vor, dass die Betroffenen zukünftig ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen werden müssen, anstatt der Ersatzfreiheitsstrafe soziale Arbeit zugunsten der Allgemeinheit verrichten zu können.
Wenn Sie Fragen haben, wie spezielle Straftatbestände nach der Strafrechtsreform vor Gericht behandelt werden, wenden Sie sich gern an einen KLUGO Partner-Anwalt für Strafrecht.
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