STAND 22.12.2023 | LESEZEIT 3 MIN
Arbeitgeber möchten möglichst viel über ihre Bewerber erfahren. Das ist verständlich – schließlich möchte man wissen, mit wem man es zu tun hat. Dem Interesse des Arbeitgebers steht allerdings das Interesse des Bewerbers gegenüber, Persönliches für sich zu behalten. Um das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers zu schützen, gibt es einige unzulässige Fragen im Bewerbungsgespräch. Stellt der Arbeitgeber sie dennoch, darf der Bewerber lügen.
Das Fragerecht des Arbeitgebers meint die Befugnis des Arbeitgebers, während des Bewerbungsprozesses oder auch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses bestimmte Fragen an den Arbeitnehmer zu stellen. Dieses Recht ist jedoch nicht uneingeschränkt, sondern unterliegt gesetzlichen Bestimmungen und Grenzen, um die Privatsphäre und die persönlichen Rechte der Arbeitnehmer zu schützen.
Auch in Deutschland ist geregelt, welche Fragen der Arbeitgeber während des Einstellungsprozesses stellen darf und welche unzulässigen Fragen es im Bewerbungsgespräch gibt.
Welche Fragen darf der Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch nicht stellen? Typischerweise sind Fragen, die auf persönliche Informationen abzielen und nicht direkt mit der Eignung für die Arbeit zu tun haben, im Vorstellungsgespräch rechtlich problematisch. Im Rahmen von Bewerbungsgesprächen gibt es deswegen klare rechtliche Grenzen dafür, welche Fragen Arbeitgeber Bewerbern stellen dürfen.
Das Ziel dieser klaren rechtlichen Grenzen ist es, Diskriminierung und unangemessene Einblicke in die persönlichen Lebensbereiche des Arbeitnehmers zu verhindern.
Nachfolgend schauen wir uns näher an, welche Fragen der Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch nicht stellen darf.
Fragen zur Familienplanung sind im Bewerbungskontext in der Regel unzulässig. Arbeitgeber sollten sich nicht nach dem Familienstand, Kinderwunsch, einer bestehenden Schwangerschaft oder der bestehenden Familiensituation des Bewerbers erkundigen. Solche Fragen können als diskriminierend betrachtet werden, da sie keinen unmittelbaren Bezug zur beruflichen Eignung haben und das Recht des Bewerbers auf Privatsphäre verletzen können.
Ebenso gehen die sexuellen Neigungen des Bewerbers den Arbeitgeber nichts an. Auch Fragen zum Partner bzw. der Partnerin oder anderen Familienmitgliedern und Verwandten gehören zu den unzulässigen Fragen im Bewerbungsgespräch.
Solange Fragen zur Gesundheit des Bewerbers nicht in direktem Zusammenhang mit den spezifischen Anforderungen der Position stehen, sind sie unzulässig. Arbeitgeber sollten sich vor dem Hintergrund des Datenschutzes und der Antidiskriminierungsgesetze hüten, nach Krankheiten, Medikamenteneinnahme oder dem allgemeinen Gesundheitszustand zu fragen, wenn dies nicht unmittelbar die Ausübung der Arbeit betrifft.
Auch Fragen zu schweren Krankheiten innerhalb der Familie sind nicht erlaubt und müssen vom Bewerber nicht bzw. nicht ehrlich beantwortet werden.
Die private Weltanschauung, religiösen Überzeugungen und politischen Ansichten des Bewerbers dürfen nicht Gegenstand von Fragen im Rahmen des Bewerbungsgesprächs sein. Deswegen sollten Arbeitgeber davon Abstand nehmen, Bewerbern Fragen zu ihrer privaten Weltanschauung zu stellen, da auch sie nicht unmittelbar die Qualifikation oder Eignung des Bewerbers für die Position betreffen.
Fragen, die zu persönlich und nicht relevant für die Arbeitsleistung sind, fallen in die Kategorie unzulässiger Fragen im Bewerbungsgespräch.
Dazu gehören etwa Fragen zu sexueller Orientierung, finanzieller Situation oder persönlichen Beziehungen. Der Fokus bei Fragen im Bewerbungsgespräch sollte auf berufsbezogenen Qualifikationen und Fähigkeiten liegen. Nur so kann gewährleistet werden, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter fair und diskriminierungsfrei auswählen.
Wenn Sie in einem Bewerbungsgespräch ungerecht behandelt worden sind und mit der Situation überfordert waren, sich im Nachhinein aber zur Wehr setzen wollen, kann Ihnen ein Anwalt für Arbeitsrecht jederzeit behilflich sein.
Es ist wichtig, dass Arbeitgeber während des Bewerbungsprozesses sensibel agieren und sicherstellen, dass die Fragen, die sie stellen, ausschließlich darauf abzielen, die berufliche Eignung der Bewerber zu überprüfen.
Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen. In bestimmten Fällen sind Bewerber dazu verpflichtet, eigentlich unzulässige Fragen zu beantworten. Und nicht nur das: Teils gibt es sogar eine Offenbarungspflicht. Das heißt, dass der Bewerber den Arbeitgeber unter bestimmten Bedingungen von sich aus über Bestimmtes informieren muss.
Wann verbotene Fragen im Bewerbungsgespräch ausnahmsweise erlaubt sind und wann Bewerber eine Offenbarungspflicht haben, erläutern wir im Folgenden näher.
Im Regelfall darf ein Arbeitgeber nicht nach einer Schwangerschaft fragen. Tut er es doch, darf der Bewerber mit einer Lüge antworten.
Geht es allerdings um einen Job, der die Gesundheit einer werdenden Mutter bzw. ihres Babys gefährdet, sieht das anders aus: Der Arbeitgeber darf hier nicht nur nach einer Schwangerschaft fragen, sondern die Bewerberin muss auch wahrheitsgemäß antworten. Sagt sie nicht die Wahrheit, kann der Arbeitgeber den Vertrag zu einem späteren Zeitpunkt anfechten.
Was Krankheiten oder Behinderungen angeht, hat der Arbeitgeber begrenzt Fragemöglichkeiten. Allerdings gilt, dass Bewerber in bestimmten Fällen sogar eine Offenbarungspflicht haben – nicht nur, was Krankheiten und Behinderungen angeht:
Die Frage nach Vorstrafen ist unter bestimmten Umständen zulässig. Wurde der Bewerber beispielsweise zu einer Haftstrafe verurteilt, die er noch nicht angetreten hat, muss der Arbeitgeber ebenfalls davon in Kenntnis gesetzt werden.
Auch länger zurückliegende Verurteilungen und Vorstrafen dürfen nicht immer geheim gehalten werden. Vor allem bei angehenden Juristen, Polizisten und in Berufen, die viele Berührungspunkte mit Kindern und Jugendlichen haben, müssen Fragen zu Vorstrafen wahrheitsgemäß beantwortet werden.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gibt Bewerbern das Recht, zu lügen, wenn Personaler ihnen Fragen stellen, die sie nicht stellen dürfen. Allerdings hilft das Recht zu lügen hier manchmal nur begrenzt: Die meisten Personaler sind so geschult, dass sie verbotene Fragen im Bewerbungsgespräch umgehen und gezielt andere Fragen stellen, die erlaubt sind und ihnen gleichzeitig Aufschluss über die Fragen geben, die sie eigentlich nicht stellen dürfen.
So dürfen Personaler beispielsweise nicht direkt nach dem Alter fragen, aber nach der Berufserfahrung, die indirekt auch Aufschluss übers Alter gibt. Und die erlaubte Frage nach der Muttersprache verrät potenziellen Arbeitgebern etwas über die Herkunft des Bewerbers.
Wenn Bewerber im Vorstellungsgespräch mit unzulässigen oder verbotenen Fragen konfrontiert werden, ist es wichtig, angemessen zu reagieren, um die eigene Privatsphäre zu schützen und gleichzeitig professionell zu bleiben.
Folgende Tipps können Ihnen dabei helfen:
Wenn Sie ein Bewerbungsgespräch führen, ist es wichtig, selbstbewusst auf unzulässige Fragen zu reagieren, während Sie dennoch ein professionelles und respektvolles Verhalten wahren. Das ist nicht immer ganz einfach – und nur allzu schnell ist man so überfordert von der Situation, dass einem erst im Nachhinein bewusst wird, wie man sich am besten hätte verhalten sollen.
Ein erfahrener KLUGO Partner-Anwalt und Rechtsexperte für Arbeitsrecht ist der richtige Ansprechpartner, wenn Sie sich gegen Diskriminierung oder unzulässige Fragen im Vorstellungsgespräch zur Wehr setzen wollen. Kontaktieren Sie uns jetzt, um einen Termin für ein unverbindliches Erstgespräch zu vereinbaren.
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