Schaden des Abgasskandals
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Dieselskandal verursacht 78 Milliarden Euro Schaden

Seit 2015 schlägt der Abgasskandal weltweit Wellen: Neben VW müssen inzwischen auch andere Automobilkonzerne Verantwortung für die Manipulation von Software zur Steuerung von Abgas-Abschalteinrichtungen übernehmen. Doch wie hoch ist der Schaden tatsächlich, wer kommt dafür auf und wer hat Anspruch auf VW-Schadensersatz? Das sind Fragen, die hier zum Dieselskandal, zu dessen tatsächlichem Schaden und zur VW-Entschädigung beantwortet werden.

Der Abgasskandal kurz & knapp erklärt

Ob Dieselskandal, Dieselgate oder Abgasskandal genannt – das ist damit gemeint: Am 18. September 2015 erfuhr die Öffentlichkeit, dass die Volkswagen AG in der Motorsteuerung ihrer Diesel-Fahrzeuge eine seit dem 15. Januar 2013 per EU-Verordnung verbotene und damit illegale Abschalteinrichtung (Software) im Einsatz hatte. Diese mindert den Ausstoß von Stickoxiden bei Abgastests. Demzufolge wurden Grenzwerte für Abgase nur auf dem Prüfstand eingehalten, nicht jedoch auf der Straße. Die strengen Abgaswerte, die zwingend einzuhalten waren, um für neue Diesel-Motoren eine Zulassung zu bekommen, insbesondere bei den in den USA sehr strengen Grenzwerten, waren technisch nicht erreichbar – außer mit einer Manipulation.

Aufgedeckt wurde der Abgasskandal, weil die US-Umweltbehörde Environmental Protection Agency (EPA) sich am 18. September 2015 mit einer sogenannten Notice of Violation, einer Art Mitteilung über einen Rechtsverstoß zu der „Defeat Device“, der Betrugssoftware, an die Volkswagen Group of America wandte. Die EPA nannte schon damals einen Strafrahmen: bis zu 37.500 US-Dollar pro manipuliertem Dieselfahrzeug.

Die Volkswagen AG bezifferte die Zahl der Fahrzeuge mit der illegalen Software auf weltweit rund elf Millionen. Betroffen seien Fahrzeuge mit Motoren der Reihe VW EA189 und in den USA auch die nachfolgende Reihe VW EA288. Des Weiteren soll es Anpassungen der Software an vier weitere Motorentypen gegeben haben. VW hatte – vor Bekanntwerden der Manipulationen – in den USA gerade die betroffenen Fahrzeuge als besonders saubere „Clean-Diesel“ beworben.

Das deutsche Bundesverkehrsministerium informierte darüber, dass auch in Europa zugelassene Autos manipuliert worden seien. Und eine zweite Notice of Violation der EPA sprach Anfang November 2015 auch von betroffenen Fahrzeugen der Hersteller Audi und Porsche.

2016 hatte der damalige Bundesverkehrsminister Dobrindt den Bundestag über 2,8 Millionen manipulierte Fahrzeuge in Deutschland informiert. Es gab bereits lange vor dem Abgasskandal Hinweise auf die illegalen Software-Manipulationen seitens eines Technikers von VW (2006). Heute lässt sich belegen, dass die Entscheidung zur Manipulation der Software in Dieselfahrzeugen schon 2006 (sogenannter Tatzeitraum) in der Motorenentwicklung in der VW-Zentrale in Wolfsburg gefallen ist.

In den Folgejahren wurden weitere Manipulationen bekannt, unter anderem bei Fahrzeugen der Hersteller Daimler (Mercedes) und Opel. Immer neue Verdächtige werden benannt, zuletzt im April 2019 die Mercedes-Benz Modelle GLK 220 CDI mit dem Motor OM 651 der Baujahre 2012 bis 2016. Und auch nichtdeutsche Autohersteller wie Fiat und Renault müssen sich inzwischen Vorwürfen stellen, Abgaswerte lange Zeit manipuliert zu haben.

Das sind Folgen vom Abgasskandal

Infolge des Skandals trat Konzernchef Martin Winterkorn am 23. September 2015 von seinem Amt als Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG zurück, obwohl er sich „keines Fehlverhaltens bewusst“ gewesen sei, wie die Tagesschau online berichtet. Strafbehörden ermitteln sowohl gegen Manager als auch Ingenieure. Haftstrafen werden ausgesprochen (zum Beispiel gegen VW-Manager Oliver Schmidt in den USA: sieben Jahre Haft).

Alle betroffenen Automobil-Hersteller riefen insgesamt Millionen von Fahrzeugen mit manipulierter Software zurück, um deren Motorsteuergerät umzuprogrammieren oder teils auch einen sogenannten Strömungstransformator nachzurüsten. Inzwischen kam allerdings heraus, dass das Abgasproblem damit nicht gelöst werde. Hierzulande erfolgt der Rückruf auch auf Anordnung der Bundesregierung (sogenannter Pflichtrückruf; sowohl vom früheren Bundesverkehrsminister Dobrindt als auch vom derzeitigen Amtsinhaber Scheuer ausgesprochen). Bei einigen Fahrzeugen verhängte der Bundesverkehrsminister Zulassungsverbote. Die Rückrufe der Fahrzeughersteller gehen ins Leere, wenn sich der Halter nicht freiwillig daran beteiligen will. Der Fahrzeughersteller hat nämlich keine Möglichkeit, die Autobesitzer zur Teilnahme zu verpflichten, dies kann nur eine Behörde.

VW-Entschädigung: In den USA gibt’s Geld zurück, für Europa lehnt VW Entschädigungen ab

In den USA schließt VW mehrere Vergleiche in Höhe von mehr als 17 Milliarden Euro. Für manche Kfz-Eigentümer gibt es dort auch substanzielle VW-Entschädigungen. Bis heute hat der Abgasskandal VW fast 30 Milliarden Euro gekostet, schreibt die Süddeutsche Zeitung online.

Für Europa lehnt VW Entschädigungen ab und erntet damit einen Sturm der Kritik. Die erste Schadensersatzklage aus Deutschland gegen VW wurde im Oktober 2015 erhoben. Zu den strafrechtlichen Ermittlungsverfahren kamen zivilrechtliche Auseinandersetzungen.

Bei den zivilrechtlichen Klagen gibt’s zweierlei Ansprüche auf eine VW-Entschädigung:

  1. die der Anteilseigner (VW Aktionäre Schadensersatz) an den Autoherstellern, die Ansprüche auf kapitalanlagerechtliche Vorschriften stützen, und
  2. die der Autokäufer mit Ansprüchen aus dem Verkehrszivilrecht.

Letztere stützen sich in der Regel auf die sogenannte Sachmangelhaftung im Kaufrecht (§§ 437ff. BGB) und auf unerlaubte Handlung (§ 826 BGB, § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB).

Inzwischen gibt es Einzelklagen und Sammelklagen sowie Klagen seitens der Bundesländer gegen VW und andere Automobil-Konzerne. Mehr als 400.000 deutsche Besitzer von Volkswagen-Autos mit manipulierter Abgassteuerung forderten bis Ende 2018 von VW Schadensersatz über eine Musterfeststellungsklage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (VZBV) und des Kooperationspartners ADAC. Insbesondere nach dem sogenannten Hinweisbeschluss des Bundesgerichtshofes (BGH), der einem VW-Geschädigten in wesentlichen Punkten Recht zuspreche und die Abschalteinrichtung als einen Sachmangel ansehe, sähen laut Zeit Online viele Rechtsanwälte Chancen, am Ende gegen VW zu gewinnen: Die Richter begründeten ihren Beschluss demnach damit, dass „die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde" bestünde.

Dieselskandal: 9 Millionen getäuschte VW-Autokunden weltweit, 78 Milliarden Euro Schaden durch VW

Die Staatsanwaltschaft Braunschweig legte im April 2019 eine Betrugsanklage gegen den früheren VW-Konzernchef Martin Winterkorn und dessen vier Mitbeschuldigte vor, die den Schaden des Abgasskandals auf knapp 78 Milliarden Euro beziffert. Laut der SZ nehme die Staatsanwaltschaft an, dass die betreffenden Diesel-Fahrzeuge allenfalls zu 60 Prozent ihres ursprünglichen Wertes weiterverkauft hätten werden können; in den USA wäre jedoch überhaupt kein Weiterverkauf möglich gewesen.

Das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen mit Sitz in Hannover, das dem SZ-Bericht zufolge der Staatsanwaltschaft in Braunschweig zuarbeite, sei 2016 in einem Zwischenbericht zur Schadensberechnung sogar auf einen vorläufigen Schaden für die 28 Staaten der EU, der Schweiz, Norwegen und den USA von fast 170 Milliarden Euro gekommen.

Dem entgegnet VW im April 2019, dass den Kunden – anders als in den USA – in Europa kein Schaden entstanden sei, da alle Autos im Verkehr genutzt werden könnten und sicher seien. Nach wie vor würden sie von hunderttausenden Kunden täglich gefahren. Die Fahrzeuge könnten auch weiterhin verkauft werden. Alle erforderlichen Genehmigungen lägen vor. Es gäbe demnach für Kunden-Klagen "keine Rechtsgrundlage".

Wer trägt für die Folgen des Abgasskandals Verantwortung?

Ex-VW-Konzernchef Winterkorn macht man nur für den allerkleinsten Teil der in knapp zehn Jahren weltweit mutmaßlich neun Millionen manipulierten VW-Fahrzeuge verantwortlich. Weil er spät von der betreffenden Software erfahren haben soll, laste man ihm nur 65.000 Autos an. Zwei der vier anderen angeschuldigten Führungskräfte ziehe man dagegen für alle neun Millionen VW-Fahrzeuge zur Rechenschaft. Ihnen, und nicht Volkswagen, werde auch die angebliche Schadensumme von 78 Milliarden Euro vorgehalten. Gegen 36 weitere Beschuldigte werde ermittelt. Die Prozesse werden sicher noch Jahre andauern.

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