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Bundesgerichtshof positioniert sich im VW Dieselskandal.
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Bundesgerichtshof bestätigt: Abschalteinrichtung ist Sachmangel

Durch einen Hinweisbeschluss hat der Bundesgerichtshof die Position der VW-Dieselkunden im Abgasskandal gestärkt. Während die bisherigen Entscheidungen den Käufern keine neuen, mangelfreien Autos zugesprochen hatten, stellt sich der BGH auf den Standpunkt, dass der Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung in VW-Dieselfahrzeugen als Sachmangel zu bewerten ist. Demnach kann Dieselfahrern der Anspruch auf Neulieferung zustehen.

BGH stärkt Position der VW-Dieselkunden

Der Bundesgerichtshof hat sich jetzt erstmals in dem Rechtsstreit um den Dieselskandal geäußert. Im vorliegenden Fall hatte ein VW-Kunde gegen einen VW-Händler geklagt. Gegenstand der Klage war die unzulässige Abschalteinrichtung, mit der der Autohersteller in Dieselfahrzeugen die Motosteuerungssoftware illegal manipuliert hatte. Er verlangte von dem beklagten Händler eine Ersatzlieferung. In der Vorinstanz hatte das Oberlandesgericht Bamberg das abgelehnt: Da mittlerweile ein Modellwechsel stattgefunden habe, sei die Ersatzlieferung nach § 439 Abs. (1) BGB für den Händler nicht mehr möglich.

Kläger und Beklagter haben sich mittlerweile zwar außergerichtlich per Vergleich geeinigt; dennoch bezog der BGH in einem Hinweisbeschluss Stellung zu Verfahren im Zusammenhang mit dem Dieselskandal.

Ausstattung mit Schummelsoftware stellt einen Sachmangel dar

Der Einbau der Manipulationseinrichtung in den VW-Dieselfahrzeugen stellt nach Ansicht des BGH einen Sachmangel dar. Dies schon allein aufgrund der Überlegung, dass durch die Abschalteinrichtung die Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die zuständige Behörde bestehe und eine Eignung zur Nutzung im Straßenverkehr vernünftigerweise nicht angenommen werden könne.

Neben möglichen Ansprüchen deliktischer Natur sind demnach für Käufer von VW-Dieselfahrzeugen in jedem Fall auch Ansprüche aus dem Gewährleistungsrecht einschlägig. Diese sind hier grundsätzlich darauf ausgerichtet, den Mangel durch die sogenannte Nachbesserung zu beseitigen oder ein mangelfreies Fahrzeug per Nacherfüllung zu liefern.

Problematisch hatte sich in den zahlreichen Verfahren zum Dieselskandal erwiesen, dass die von den Klägern oft geforderte Ersatzlieferung nach § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB schon alleine deshalb nicht in Betracht kam, weil die Kläger Fahrzeuge der Modellreihe erworben hatten, die mittlerweile von Volkswagen nicht gar nicht mehr produziert werden und somit auch nicht mehr beschafft werden können.

Damit war eine Nacherfüllung zumindest nach Ansicht der meisten Vorinstanzen nach § 275 Abs. (1) BGB ausgeschlossen. So hatte zum Beispiel auch das Oberlandesgericht im Ausgangsfall argumentiert: Da eine Nacherfüllung nicht mehr möglich sei, könne der Händler nicht dazu verurteilt werden, dem Kunden ein neues, mangelfreies Auto aus der aktuellen Fahrzeugserie bzw. Modellreihe zu liefern.

Hier hat der Bundesgerichtshof durch den aktuellen Hinweisbeschluss klargestellt, dass sich Händler nicht mehr der Nacherfüllung entziehen können – und liefert damit eine Vorgabe, wie in Zukunft in vergleichbaren Fällen zu urteilen ist.

Anspruch auf Lieferung eines neuen Modells zur Nacherfüllung

Demnach bleibt die Pflicht zur Nacherfüllung auch weiterhin bestehen – und zwar auch dann, wenn das beanstandete Fahrzeug gar nicht mehr hergestellt wird. Noch dazu sei die Lieferung einer identischen Sache auch gar nicht erforderlich: Der Inhalt der vertraglichen Beschaffungspflicht ist aus Sicht des Verkäufers ohne Belang – auch dann, wenn damit ein Modellwechsel verbunden sei. Nur in dem Fall, in dem die Kosten für eine Ersatzlieferung unverhältnismäßig hoch seien, könne eine Nachlieferung durch den Verkäufer verweigert werden.

Mit dem Hinweisbeschluss stärkt der Bundesgerichtshof nun auch auf höchster richterlicher Instanz die Position der geschädigten VW-Dieselfahrer, denn es wird nun immer deutlicher, dass der Einbau der Manipulationssoftware zu berechtigten Gewährleistungsansprüchen der Dieselbesitzer führt. Dem Beschluss wird Signalwirkung zugeschrieben, die sich auch auf die Rechtsprechung der unteren Instanzen auswirken kann.

Experten erwarten ebenso bei den deliktischen Klagen rund um den Dieselskandal zeitnah ein entsprechendes BGH-Urteil: Hier hat das Oberlandesgericht Braunschweig zwar aktuell eine diesbezügliche Klage abgewiesen, die Revision vor dem Bundesverfassungsgericht aber zugelassen.

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