STAND 09.06.2023 | LESEZEIT 9 MIN
Oft ist der Schreck groß, wenn eine nahestehende Person durch eine Krankheit oder einen Unfall handlungsunfähig wird. In solchen Fällen kommt eine Vorsorgevollmacht ins Spiel. Hier erfahren Sie, warum Sie noch heute eine erstellen sollten.
Eine Vorsorgevollmacht dient dazu, eine rechtliche Grundlage für Entscheidungen zu schaffen, die eine Person aufgrund von Krankheit, Unfall oder anderer Umstände nicht mehr selbst treffen kann. Es handelt sich um eine vorausschauende Maßnahme, um sicherzustellen, dass die persönlichen, finanziellen und medizinischen Angelegenheiten einer Person in ihrem besten Interesse geregelt werden, auch wenn sie selbst nicht mehr geschäfts- oder handlungsfähig ist.
Eine Vorsorgevollmacht dient außerdem dazu, im Notfall eine gerichtliche Betreuung zu verhindern und wenn Sie bis zum Ende Ihres Lebens selbstbestimmt Ihre Angelegenheiten geregelt wissen wollen. Hierbei geht es vor allem um den Erhalt der eigenen Autonomie: Durch die Vorsorgevollmacht legen Sie selbst fest, wer für Sie einspringen soll, wenn Sie selbst es nicht mehr können.
Bei der Auswahl der Person, die mit einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigt werden soll, ist es wichtig, dass Sie jemanden auswählen, dem Sie voll und ganz vertrauen. Die Vorsorgevollmacht setzt keine speziellen Fähigkeiten des Vertreters voraus. Das bedeutet, dass bei der Erteilung einer Vorsorgevollmacht besondere Vorsicht geboten ist – ein umfassendes Vertrauensverhältnis ist grundlegend und unverzichtbar. Bedenken Sie ebenfalls, dass der Bevollmächtigte keiner Kontrolle unterworfen ist und eine gewisse örtliche Nähe von Vorteil ist: Der Bevollmächtigte sollte schnell erreichbar sein, um im Fall des Falles tatsächlich wichtige Entscheidungen treffen zu können. Auch ein Anwalt für Medizinrecht kann als Bevollmächtigter tätig werden – dies ist immer dann von Interesse, wenn es sonst niemanden gibt, der für die Vertretung in Betracht kommt.
Zu den Aufgabenbereichen der bevollmächtigen Person gehören typischerweise:
Sie können mehrere Bevollmächtigte für unterschiedliche Bereiche festlegen. So können Sie Personen die Verantwortung für Bereiche übergeben, in denen sie wirklich Ahnung haben.
Ehepartner, Partner, Eltern, Kinder dürfen nicht automatisch entscheiden und die Bevollmächtigung geht nicht automatisch auf Familienmitglieder über. Hierzu bedarf es einer expliziten Vollmachtserteilung in Form der Vorsorgevollmacht.
Sollte eine volljährige Person nicht mehr in der Lage sein, für sich selbst zu entscheiden, muss laut Gesetz von einem Betreuungsgericht eine Betreuung bestellt werden. Es gibt allerdings eine Ausnahme: das sechsmonatige Not-Vertretungsrecht für Eheleute und Lebenspartner. Das Notvertretungsrecht entlastet Gerichte und kann solche Situationen schneller regeln.
Es ist heutzutage ganz einfach, eine Vorsorgevollmacht zu erstellen. Sie haben die folgenden Möglichkeiten:
Wichtig zu wissen: Voraussetzung dafür, eine Vorsorgevollmacht zu erstellen ist, dass Sie voll geschäftsfähig sind. Das sind normalerweise alle Menschen ab 18 Jahren. Unfälle oder psychische Erkrankungen z. B. können dazu führen, dass man seine Geschäftsfähigkeit verliert.
Aus juristischer Sicht ist die Vorsorgevollmacht die bessere Lösung, da sie explizit festlegt, wann sie in Kraft tritt bzw. welches Ereignis für die Gültigkeit der Bevollmächtigung sorgt. Die Generalvollmacht ist dagegen sofort und ohne Einschränkung gültig – auch dann, wenn Sie selbst uneingeschränkt in der Lage sind, Ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln.
Im Unterschied zu einer Generalvollmacht ist die Vorsorgevollmacht immer auf einen konkreten Bereich bezogen und damit sehr viel spezifischer. Natürlich kann eine Vorsorgevollmacht genauso umfangreich sein wie eine Generalvollmacht – sie muss es aber nicht sein.
Die folgenden Punkte bzw. Bereiche können Sie mit einer Vorsorgevollmacht konkret regeln:
Eine Untervollmacht ist eine spezielle Art von Vollmacht, die innerhalb einer bereits bestehenden Vorsorgevollmacht erteilt wird. Sie ermöglicht es der bevollmächtigten Person, einen Teil ihrer Vollmacht an eine weitere Vertrauensperson zu übertragen. Diese zweite Person wird dann zum Untervollmachtnehmer ernannt und erhält bestimmte Befugnisse und Verantwortlichkeiten. Der Zweck einer Untervollmacht besteht darin, die Aufgaben und Verantwortlichkeiten innerhalb der Vorsorgevollmacht zu teilen oder zu delegieren.
Möchten Sie vermeiden, dass Ihre bevollmächtigte Person einer dritten Person gestattet, in Ihrem Namen zu handeln, sollte Ihre Vorsorgevollmacht Untervollmachten ausschließen.
Ein „In-sich-Geschäft“ wird gemäß § 181 BGB wie folgt definiert: „Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen, mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.“
Sinngemäß bedeutet das, dass ein Bevollmächtigter kein Rechtsgeschäft abschließen kann, bei dem er auf beiden Seiten des Vertrags steht. Vorsorgevollmachten beinhalten häufig einen Satz, ob die vertretende Person vom In-sich-Geschäft befreit ist. Entscheiden Sie sich für eine Befreiung, darf der Bevollmächtige in Ihrem Namen ein Geschäft mit sich selbst abschließen.
Innerhalb von Familien wird häufig eine Befreiung vom Verbot eines In-sich-Geschäfts definiert. So sind z. B. Überweisungen des Pflegegeldes an den Ehepartner als Pflegekraft möglich.
In bestimmten Fällen ist es sinnvoll, eine Vorsorgevollmacht auch über den Tod hinaus als gültig zu bestimmen. Sinnvoll kann dies z. B. sein, wenn die Beerdigung noch bezahlt werden muss, die Erben noch nicht feststehen oder es Streit um das Erbe gibt.
Es gibt Bereich, die nicht durch eine Vorsorgevollmacht abgedeckt werden können. Sie können z. B. niemanden bevollmächtigen, der für Sie entscheidet, zu heiraten. Auch Entscheidungen über größere Operationen (z. B. Transplantationen oder Amputationen) und das Schreiben eines Testaments können Sie nicht übertragen. Bevollmächtigte dürfen darüber hinaus nicht über freiheitsentziehende Maßnahmen entscheiden, also z. B., ob bei Ihnen eine Bauchfessel am Bett installiert werden oder ob Sie in ein geschlossenes Wohn- oder Pflegeheim kommen. In diesen Fällen muss der Bevollmächtigte eine Genehmigung vom Betreuungsgericht einholen.
Wenn Sie für die Vertrauensperson Ihrer Wahl eine Vorsorgevollmacht vorsehen, dann sollten Sie dabei bedenken, dass diese tatsächlich erst im Notfall zum Einsatz kommt. Damit unterscheidet sie sich wesentlich von anderen Dokumenten wie der Generalvollmacht, der Patientenverfügung und der Betreuungsvollmacht. Ob Sie dies als Vor- oder Nachteil bewerten, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab – allerdings ist es juristisch vorteilhaft, erst dann einen Bevollmächtigten einzusetzen, wenn dieser tatsächlich auch benötigt wird.
Eine Vorsorgevollmacht und gleichzeitig eine Betreuungsverfügung ergibt keinen Sinn. Die Vorsorgevollmacht soll das gerichtliche Betreuungsverfahren gerade ersetzen. Daher kommt die Betreuungsverfügung sowieso nicht zum Einsatz, wenn die Vorsorgevollmacht rechtswirksam erteilt wurde.
Vorteile der Vorsorgevollmacht:
Nachteile der Vorsorgevollmacht:
Die Vorsorgevollmacht tritt zu dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem der Bevollmächtigte eine Vertretung seiner Person wünscht. Das kann ganz unterschiedlich aussehen und kann auch ein bestimmtes Ereignis sein – so zum Beispiel der Eintritt in den attestierten Zustand der Geschäftsunfähigkeit. Welcher Zeitpunkt das ist, legt aber der Aussteller der Vorsorgevollmacht autonom und nach eigenem Ermessen fest: Wenn es sinnvoll ist, kann das auch schon der Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vorsorgevollmacht sein.
Der Empfänger der Vorsorgevollmacht übernimmt eine große Verantwortung: Er ist im Vertretungsfall voll verantwortlich dafür, dass die Angelegenheiten des Vertretenen in dessen Sinn geregelt werden – und das betrifft regelmäßig auch finanzielle Entscheidungen. Rechnungen müssen pünktlich bezahlt werden, Behördengänge wollen erledigt werden und auch alle Fragen rund um die eigenen vier Wände verlangen danach, dass der Bevollmächtigte aufmerksam alles im Blick behält.
Wer sich diesen Anforderungen nicht gewachsen fühlt, kann im Zweifelsfall die Vorsorgevollmacht auch ablehnen: Rechtlich gibt es keine Verpflichtung, die einen Bevollmächtigten zwingt, die Vorsorgevollmacht anzunehmen.
Als Bevollmächtigter können Sie von der Vorsorgevollmacht auch Teilbereiche abgeben, wenn Sie mit diesen überfordert sind. In der Praxis geschieht dies häufig im Rahmen der Vermögensverwaltung, die – je nach der Komplexität der Vermögensverhältnisse – dann eines geschulten Experten bedarf.
Der Bevollmächtigte kann die Vorsorgevollmacht für gewöhnlich nicht „nebenbei“ ausüben, sondern muss dafür Zeit und Energie aufbringen. Daher ist ein Gespräch im Vorfeld unerlässlich – dabei sollte auch die Belastung thematisiert werden, die entstehen kann, wenn der Bevollmächtigte alleine die Verantwortung für den Vertretenen übernimmt.
Die Vorsorgevollmacht sollte in schriftlicher Form verfasst werden und – wie ein Vertrag – sowohl den Vor- und Nachnamen, die Adresse und das Geburtsdatum des Bevollmächtigten und des Vertreters enthalten. Eine Unterschrift mit Ort und Datum von beiden Beteiligten unter das Dokument sorgt dann für die rechtliche Verbindlichkeit der Vorsorgevollmacht.
Eine notarielle Beglaubigung der Vorsorgevollmacht ist grundsätzlich nicht erforderlich. Es gibt eine Ausnahme, die dann gilt, wenn der Bevollmächtigte auch die Verantwortung für Immobilien übernehmen soll oder wenn ein ganzes Unternehmen durch die Vorsorgevollmacht erfasst wird. In diesem Fall ist eine notarielle Beurkundung nach § 128 BGB erforderlich.
Alternativ zur notariellen Beurkundung bietet sich bei der Vorsorgevollmacht auch die öffentliche Beglaubigung an. Sie wird durch die Betreuungsbehörden vorgenommen und wird durch § 6 des Betreuungsbehördengesetzes (kurz: BtBG) geregelt. Nach Absatz (2) der Vorschrift steht die öffentliche Beglaubigung durch die Behörde mit der notariellen Beurkundung auf einer Stufe:
(2) Die Urkundsperson bei der Betreuungsbehörde ist befugt, Unterschriften oder Handzeichen auf Vorsorgevollmachten oder Betreuungsverfügungen öffentlich zu beglaubigen.
Der Vorteil der öffentlichen Beglaubigung durch die Betreuungsbehörde ist der Umstand, dass diese im Vergleich zur notariellen Beurkundung deutlich geringere Kosten verursacht. Verbraucher können hier also bares Geld sparen: Die öffentliche Beglaubigung darf nach dem Willen des Gesetzgebers nur maximal 10 Euro kosten.
Wenn Sie die Vorsorgevollmacht nicht über unser kostenloses Muster aufsetzen möchten, sondern von einem Notar eine Vorsorgevollmacht erstellen lassen wollen, dann wird dieser Vorgang nach dem Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare (kurz: GNotKG) vergütet.
Entscheidend ist dabei das Vermögen, auf das sich die Vorsorgevollmacht bezieht. Hier gilt die Faustregel: je größer das Vermögen, desto höher die Kosten. Zusätzlich zu den gesetzlichen Gebühren fallen für die Erstellung einer Vorsorgevollmacht auch noch Auslagen für Post und Schreibarbeiten an sowie die gesetzliche Mehrwertsteuer.
Die folgenden Punkte können Ihnen einen ersten Eindruck über die anfallenden Kosten geben:
Eine Innenverhältnisregelung ist empfehlenswert, da sie das „wie“ regelt. Haben Sie z. B. Ihren Sohn bevollmächtigt, in Ihrem Namen Bankgeschäfte zu tätigen, regelt die Innenverhältnisregelung, wie genau er das tun soll. So werden z. B. konkrete Summen oder Zeitpunkte der Geldabhebungen festgelegt. Manche Betreuungsgerichte sehen Vorsorgevollmachten ohne Innenverhältnisregelung als nicht vollständig an.
Sie sollten in regelmäßigen Abständen prüfen, ob Ihre Vorsorgevollmacht noch Ihren aktuellen Wünschen entspricht. Sie können Ihre Vorsorgevollmacht jederzeit anpassen oder widerrufen.
Eine Registrierung Ihrer Vorsorgevollmacht im Zentralen Vorsorgeregister ist empfehlenswert. So stellen Sie sicher, dass sie im Ernstfall gefunden wird und kein Betreuer vom Betreuungsgericht gestellt wird.
Genauso wie alle anderen wichtigen Unterlagen wie Verträge, Steuerunterlagen & Co. sollten Sie auch das Dokument der Vorsorgevollmacht sicher aufbewahren. Hier bieten sich z. B. Bankschließfächer oder spezielle Dokumententresore an.
Sie können vorsorgen, indem Sie z. B. einen Hauptbevollmächtigten und eine Vertretung bestimmen. Außerdem bietet es sich u. U. an, zwei oder mehrere Bevollmächtigte zu bestimmen.
Im Gegensatz zur Betreuungsverfügung ist der durch die Vorsorgevollmacht berechtigte Vertreter in einer Notfallsituation sofort in der Lage, rechtlich verbindlich für den Vertretenen zu handeln, wenn er die Bevollmächtigung nachweisen kann gem. § 167 BGB. Bei der Betreuungsverfügung ist dies erst möglich, wenn der Betreuer durch das zuständige Betreuungsgericht bestellt wurde.
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