Als prominentes Beispiel für die Musterfeststellungsklage war die Hoffnung bei Verbraucherverbänden groß, durch das besondere Klageverfahren Verbraucherrechte auch von VW-Kunden und anderen Dieselbesitzern künftig leichter und effizienter durchzusetzen. Im Dieselskandal gibt es aktuell gleich mehrere anhängige Musterfestellungsklagen von großer Bedeutung. Hervorzuheben ist die Musterfeststellungsklage von der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen VW, bei der aktuell ein Vergleich angeboten wird. Die neue Klageart der Musterfeststellungsklage ist für viele Menschen von großer Bedeutung.
Für eine Gruppe von Betroffenen werden im Musterfeststellungsverfahren Rechtsverhältnisse verbindlich geklärt – beispielsweise die Frage, ob Voraussetzungen für Schadensersatzansprüche im Dieselskandal oder bei anderen Prozessen gegeben sind. Auf Grundlage des Urteils können die Teilnehmer der Musterfeststellungsklage anschließend in Zivilverfahren weiter vorgehen und ihre Ansprüche durchsetzen.
Insbesondere bei Verfahren, die viele Geschädigte betreffen, bietet sich diese Form der Sammelklage an: Gerade bei der Durchsetzung von Forderungen gegenüber Konzernen bietet die Musterfeststellungsklage nämlich den Vorteil, dass Verbraucher ohne großes Kostenrisiko einen erlittenen Schaden geltend machen können. Dadurch, dass anstelle der einzelnen Betroffenen klagebefugte Verbraucherschutzverbände in die juristische Auseinandersetzung einsteigen, geht auch das Kostenrisiko auf diese über.
(i. d. F. 12.7.2018, tritt am 1. November 2018 in Kraft, Buch 6: Musterfeststellungsverfahren)
Mit der Musterfeststellungsklage können qualifizierte Einrichtungen die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens von tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen zwischen Verbrauchern und einem Unternehmer begehren.
Im Unterschied zu Sammelklagen, die beispielsweise im VW-Skandal in den USA eingereicht werden, führt das Verfahren der Musterfeststellungsklage in Deutschland nicht zu unmittelbaren, Zahlungsansprüchen für die Teilnehmer. Diese müssen ihre individuellen Ansprüche anschließend in eigenen Gerichtsverfahren gegen den Schädiger durchsetzen.
Bei amerikanischen Sammelklagen können dagegen auch Kanzleien gegen VW und andere Unternehmen stellvertretend für die Verbraucher Klage einreichen. Das Ergebnis gilt dann direkt für die an der Sammelklage beteiligten Betroffenen. Infolge amerikanischer Sammelklagen mussten VW und andere Autokonzerne nach Vergleichen bereits Schadensersatz in Milliardenhöhe zahlen.
Zur Diskussion steht zurzeit ein Vorschlag der EU-Kommission für die Einführung von Sammelklagen in Europa nach US-amerikanischem Vorbild: Für die Verbraucher sollen sich Ansprüche direkt ableiten und umsetzen lassen. Klagen könnten, anders als in Amerika, jedoch nur vom Staat qualifizierte Verbände – wie bei der Musterfeststellungsklage, erheben. Aufgrund der Verjährungsfristen könnte ein mögliches neues Gesetz über bereits laufende Sammelklagen jedoch zu spät kommen.
Im VW-Dieselskandal können die Kläger, die sich der Musterfeststellungsklage vom vzbv gegen VW angeschlossen haben, nun wählen, ob sie sich auf den durch den Autokonzern angebotenen Vergleich eingehen möchten oder ihn ausschlagen. Ob es sich lohnt, das Vergleichsangebot anzunehmen oder nicht, kann Ihnen in der telefonischen Erstberatung erläutert werden.
Die Musterfeststellungsklage kann, anders als Sammelklagen gegen Dieselhersteller in den USA, ausschließlich von qualifizierten Einrichtungen im Sinne des § 3 des Unterlassungsklagegesetzes (kurz: UKlaG) erhoben werden, welche die Voraussetzungen nach § 606 Abs. (1) der Zivilprozessordnung (kurz: ZPO) erfüllen. Neben anderen gehören die Verbraucherzentralen vom Bund und der Länder zu den qualifizierten Einrichtungen, die Klage einreichen können. Ziel der strengen Voraussetzungen ist, dass die Musterfeststellungsklage ausschließlich zur Interessenwahrung der Betroffenen genutzt wird und nicht zur gezielten Schädigung großer Unternehmen.
Voraussetzungen für Verbände
Sind mindestens zehn Verbraucher von demselben Fall betroffen, kann ein qualifizierter Verband klagen. Damit der Fall vor Gericht geht, müssen sich zwei Monate nach öffentlicher Bekanntmachung außerdem mindestens 50 weitere Betroffene der Musterfeststellungsklage angeschlossen haben.
Sind alle Voraussetzungen erfüllt, wird die Musterfeststellungsklage im Klageregister des Bundesamtes für Justiz veröffentlicht. Betroffene Verbraucher können sich nun von unseren KLUGO Partner-Anwälten oder Rechtsexperten anmelden und eintragen lassen. Kosten entstehen für die Teilnahme nicht.
Angaben bei einer Teilnahme nach § 608 Abs. 2 ZPO-E
Die Anmeldung führen unsere Fachanwälte im Dieselskandal schriftlich, also per Brief, E-Mail oder Fax, beim Bundesamt für Justiz durch. Die Daten werden dann ins Klageregister übertragen. Die Anmeldung sollte sorgfältig geschehen: Sind die Angaben fehlerhaft, nimmt der Verbraucher nicht an der Musterfeststellungsklage teil und kann keine Rechte aus dem Urteil ableiten. Eine Anmeldung ohne Anwalt ist zwar möglich, aber aufgrund der komplizierten Rechtslage nicht empfehlenswert: Durch fehlerhafte Angaben könnten die Ansprüche unter Umständen verjähren. Teilnehmer können Ihre Anmeldung bis zum ersten mündlichen Verhandlungstermin zurücknehmen. Wenden Sie sich an unsere Fachanwälte im Dieselskandal und nutzen Sie die Erstberatung. So können Ihre Ansprüche vor der Verjährung geschützt werden.
Da eine Anmeldung zur Musterfeststellungsklage nur mit fehlerfreien Angaben gültig ist, sollten sich Verbraucher von Rechtsanwälten beraten lassen.
Der Musterprozess kann mit einem Urteil oder einem Vergleich enden. Für den Verbraucher ist ein Vergleich bequemer, da er keine eigene Klage mehr einreichen muss. Das angeklagte Unternehmen und der Verband einigen sich dabei beispielsweise auf einen Betrag, den der Angeklagte dem Geschädigten zahlen muss. Betroffene können dann ihren Anteil direkt vom Unternehmen verlangen. Jeder Teilnehmer der Musterfeststellungsklage kann innerhalb von zwei Monaten seinen Austritt aus dem Vergleich erklären. Der Vergleich muss vom Gericht genehmigt werden und wird nur wirksam, wenn weniger als 30 Prozent der Teilnehmer austreten. Endet das Verfahren mit einem Urteil, nach welchem VW beispielsweise den betroffenen Kunden Schadensersatz zu leisten hat, müssen die Teilnehmer ihre Ansprüche anschließend individuell einklagen – dabei können sie sich auf das Urteil der Musterfeststellungsklage gegen VW berufen.
Da der Autobauer aktuell einen Vergleich angeboten hat, bleibt abzuwarten, wie viele der Verbraucher das Angebot annehmen – und wie viele Teilnehmer in der Musterfeststellungsklage verbleiben.
So gehen unsere Rechtsexperten bei der Musterfeststellungsklage vor:
Haben Sie Fragen zum Thema Dieselskandal oder zu Ihren Ansprüchen? Unsere Rechtsexperten helfen Ihnen auch hierbei mit einer Erstberatung gerne weiter.
Dazu zählen beispielsweise:
Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.
Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion
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