Im Arbeitsalltag kann es zu Fehlern kommen. Auch Ärzte und medizinisches Personal sind nicht frei davon. Vermutet man als Patient einen Ärztepfusch, kann man sich an die zuständige Krankenkasse wenden, um den Kunstfehler zu überprüfen. Alternativ steht Ihnen auch die Gutachterkommission für Behandlungsfehler bei der Landesärztekammer oder Landeszahnärztekammer zur Seite.
Damit rechtlich von einem Behandlungsfehler gesprochen werden kann, muss ein Verstoß gegen den ärztlichen Standard (§ 630a Abs. 2 BGB) vorliegen. Die Sorgfaltspflicht, der jeder Arzt unterstellt ist, ergibt sich aus den für diesen Arzt zumutbaren Anstrengungen und dem aktuellen Stand der Wissenschaft – und zwar beides zum Zeitpunkt der Behandlung. Ein Arzt ist also dazu verpflichtet, nach bestem Wissen und Gewissen eine Behandlung durchzuführen, sofern diese auch aufgrund seines Fachbereichs von ihm erwartet werden kann. Diese Regelungen werden auch im sogenannten Behandlungsvertrag festgehalten. Die Standards eines Facharztes werden dabei höher gelegt als die Standards eines Allgemeinmediziners. Konkret bedeutet dies für den Alltag: Wenn ein Hausarzt sich weigert, eine wichtige Hirnoperation durchzuführen, so handelt es sich dabei nicht um einen Ärztepfusch, sondern um eine für ihn nicht zumutbare Anstrengung.
Auch beim Einsatz von Diagnosetechniken und Therapien müssen sich Ärzte zwar am aktuellen Stand der Wissenschaft orientieren, aber noch keine kaum erprobten Methoden anbieten oder nutzen. Gibt es bereits aktuelle und neue Gerätschaften, die noch keine allgemeingültigen Standards darstellen, so kann man als Patient nicht erwarten, mit ebendiesen Geräten behandelt zu werden. Für die Beurteilung, ob ein Ärztepfusch vorliegt, gilt daher immer der verfügbare Stand der medizinischen Wissenschaft zum Zeitpunkt der Behandlung.
Im medizinischen Alltag kann es aber auch zu Behandlungsfehlern kommen, die den Patienten nachhaltig schädigen oder sogar dessen Tod hervorrufen. Die Beweispflicht liegt hier beim Patienten selbst oder dessen Angehörigen. Dafür ist in der Regel ein medizinisches Gutachten notwendig, das gemeinsam mit der Krankenkasse oder der Gutachterkommission für Behandlungsfehler angefertigt wird.
Als Patient ist die Beurteilung, ob es sich um einen Ärztepfusch handelt oder nicht, nicht immer einfach nachzuvollziehen. Ein ausbleibender Behandlungserfolg ist zum Beispiel noch lange kein Behandlungsfehler. Dies wurde im Medizinrecht auch eindeutig festgehalten – Ärzte sind zwar dazu verpflichtet, ihren bestmöglichen Teil für die Heilung ihres Patienten zu tun, können jedoch keine Heilungsgarantien abgeben. Kommt es im Alltag zu einem Behandlungsfehler, kann dies jedoch dramatische Folgen haben. Neben bleibenden körperlichen oder psychischen Schäden ist in einigen Fällen sogar der Tod die unmittelbare Folge des Ärztepfuschs. Ein Behandlungsfehler geht immer darauf zurück, dass ein Arzt nicht die notwendige Sorgfalt an den Tag legte.
Der Arzt muss den Patienten über jeden Eingriff aufklären, der an ihm durchgeführt wird. Dabei geht es sowohl um den Verlauf der Behandlung als auch um die Erfolgsaussichten und möglichen Risiken. Erfolgt eine solche Aufklärung nicht und der Patient lässt sich uninformiert auf die Behandlung ein, so handelt es sich um einen Behandlungsfehler. Auch eine falsche Beratung oder eine stichwortartige Zusammenfassung des Vorgangs wird als sogenannter Aufklärungsfehler gewertet und kann rechtliche Konsequenzen für den Arzt haben.
Vor allem im Krankenhaus kommt es immer wieder zu Behandlungsfehlern, was meist an einer unausgereiften Organisation oder schlechten Koordination liegt. Ein solcher Behandlungsfehler kann zum Beispiel daraus resultieren, dass für die Überwachung einer frisch operierten Person ein Medizinstudent oder auszubildender Pfleger abgestellt wird, der noch gar nicht über das notwendige Wissen zur Versorgung des Patienten verfügt. Kommt es infolgedessen zu gesundheitlichen Schwierigkeiten, handelt es sich um einen ärztlichen Behandlungsfehler. Auch die Gabe falscher oder falsch dosierter Medikamente geht auf einen Organisationsfehler im Klinikalltag zurück und gilt damit als ärztlicher Behandlungsfehler.
Ärzte und Mediziner müssen ihre Geräte und Hilfsmittel immer auf dem aktuellen Stand der Zeit halten. Kommt es aufgrund eines defekten oder veralteten Geräts zu einer Fehldiagnose, gilt auch dies als ärztlicher Behandlungsfehler. Selbiges gilt natürlich auch dann, wenn der Arzt die Informationen des Geräts falsch auswertet, obwohl er über eine ausreichend hohe Qualifikation für korrekte Ergebnisse verfügt. Entsteht aufgrund dieser Faktoren für den Patienten ein Gesundheitsschaden, ist auch dies ein Ärztefehler.
Zusätzlich können auch diese Fälle als Behandlungsfehler gewertet und damit rechtlich verfolgt werden:
Besonders häufig kommt es bei Geburten zu ärztlichen Behandlungsfehlern. Wie es sich bei der Haftung bei Geburtsschäden verhält, erfahren Sie in unserem verlinkten Beitrag.
Haben Sie den Verdacht auf einen ärztlichen Behandlungsfehler, sollten Sie zunächst mit der Krankenkasse Kontakt aufnehmen. Handelte es sich bei der Behandlung um eine Kassenleistung, so muss durch die Krankenkasse eine genauere Untersuchung stattfinden. Dafür werden in der Regel die Patientenakten und Therapienachweise eingesehen. Außerdem kann die Krankenkasse den Medizinischen Dienst (MDK) beauftragen, ein Gutachten zum Sachverhalt anzufertigen, um so Beweise für den Ärztepfusch zu erbringen.
So gehen Sie Schritt für Schritt vor:
Suchen Sie das direkte Gespräch mit der zuständigen Krankenkasse. Liegt der Behandlungsfehler noch innerhalb der Verjährungsfrist und wurde die Behandlung von der Kasse gezahlt, so findet zunächst ein ausführliches Erstgespräch statt, in dem Sie Ihren Fall schildern und von Ihren Beschwerden nach dem Ärztefehler berichten können. Zudem erhalten Sie hier umfassende Informationen zum Patientenrecht. Fertigen Sie möglichst frühzeitig ein Gedächtnisprotokoll zur Behandlung an, damit keine Informationen verloren gehen. Je detaillierter Sie den Sachverhalt schildern können, desto eher lässt sich ein Behandlungsfehler nachweisen.
Die Krankenkasse wird nun gemeinsam mit Ihnen einen Blick auf Ihren Krankheitsverlauf werfen. Alle vorgelegten Informationen müssen schlüssig und plausibel sein, um einen Ärztefehler eindeutig nachweisen zu können. Dafür wird die Krankenkasse alle relevanten Behandlungsunterlagen anfordern – zum Beispiel Befunde, Untersuchungsergebnisse, Röntgenaufnahmen und andere Informationen. Damit die Krankenkasse dazu berechtigt ist, muss man als Patient eine Entbindungserklärung von der Schweigepflicht unterzeichnen. Andernfalls dürfen Krankenhäuser und Ärzte Ihre Gesundheitsunterlagen nicht herausgeben. Anhand der vorliegenden Dokumente wird die Krankenkasse im Anschluss eine gründliche Überprüfung des Falls anstreben.
Liegt ein begründeter Verdacht auf einen ärztlichen Behandlungsfehler vor, so beauftragt die Krankenkasse den Medizinischen Dienst (MDK) zur Erstellung eines Gutachtens. Dieses Gutachten verursacht für Sie keinerlei Kosten. Durch den Medizinischen Dienst findet eine gründliche Beurteilung statt. Dabei wird vor allem geprüft, ob dem betroffenen Patienten ein gesundheitlicher Schaden entstanden ist und ob dieser durch deinen Ärztepfusch hervorgerufen wurde. Dieses Gutachten ist die Grundlage für eine gerichtliche oder außergerichtliche Klärung des Sachverhalts.
Zum Abschluss der Untersuchungen fertigt die Krankenkasse einen Abschlussbericht an. In diesem sollte eine schriftliche Stellungnahme der Krankenkasse beiliegen, in der auf alle relevanten Fakten eingegangen wird und welche Schlüsse daraus gezogen werden können. Wird durch Krankenkasse und Medizinischen Dienst festgestellt, dass es sich nicht um einen ärztlichen Behandlungsfehler handelt, so muss dafür eine entsprechende Begründung beigelegt werden. Stellt die Prüfung jedoch fest, dass ein Ärztepfusch vorliegt, sollten Sie schnellstmöglich einen Fachanwalt für Medizinrecht beauftragen, um Ihre Ansprüche gerichtlich oder außergerichtlich durchzusetzen. Das gilt auch dann, wenn Sie trotz gegenteiligem Gutachten der Krankenkasse davon überzeugt sind, dass es sich um einen Behandlungsfehler handelt.
Für eine gründliche Analyse der medizinischen Behandlung fertigt die zuständige Krankenkasse einen ausführlichen Bericht an. Sie können sich während des gesamten Vorgangs durch einen Fachanwalt für Medizinrecht unterstützen lassen, um so Ihre Ansprüche durchzusetzen.
Lässt sich der gesundheitliche Schaden eines Patienten auf einen Behandlungsfehler zurückführen, steht dem Betroffenen in der Regel eine Entschädigung zu.
Dafür müssen jedoch zwei Punkte erfüllt sein:
Da Patienten grundsätzlich die Beweislast eines Behandlungsfehlers tragen, muss zunächst nachgewiesen werden, dass es sich tatsächlich um einen Ärztepfusch handelt. Ist dies bereits geschehen, zum Beispiel in der direkten Zusammenarbeit mit der Krankenkasse, kann im Anschluss das Einigungsverfahren beginnen, um Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld zu fordern.
Bei besonders schweren Behandlungsfehlern kehrt sich die Beweislast um und der behandelnde Arzt muss nachweisen, bei seiner Untersuchung und Therapie korrekt vorgegangen zu sein.
Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn:
In besonders schweren Fällen müssen nicht Sie als Patient den Ärztepfusch nachweisen, sondern der Arzt muss belegen, dass seine Vorgehensweise korrekt und nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt wurde.
Kommt es nach einer medizinischen Behandlung zu gesundheitlichen Schäden, die auf einen Ärztefehler zurückzuführen sind, hat dies nicht nur psychische Konsequenzen für den Patienten, sondern möglicherweise auch finanzielle. Handelt es sich um einen dauerhaften Schaden, können zusätzliche Kosten für Pflegepersonal, Hilfsmittel, Medikamente und Therapien anfallen.
Daher haben Sie nach einem ärztlichen Behandlungsfehler Anspruch auf:
Wie hoch die Leistungen ausfallen, hängt dabei immer vom Schweregrad des Behandlungsfehlers und den daraus resultierenden Konsequenzen ab.
Die Höhe des Schmerzensgeldes bemisst sich nach folgenden Faktoren:
Ist der Behandlungsfehler so schwerwiegend, dass der Patient aufgrund der Fehlbehandlung verstirbt, steht auch den Hinterbliebenen Schmerzensgeld wegen Körperverletzung zu. Leiden die Angehörigen nach dem Tod des Patienten unter Depressionen, Panikattacken oder anderen psychischen Leiden, so kann auch hierfür ein Schmerzensgeld eingeklagt werden.
Weitere Informationen zum Schmerzensgeld und der Haftung des Arztes erhalten Sie in unserem verlinkten Beitrag:
"Ein Anspruch auf Schmerzensgeld ist dann möglich, wenn ein immaterieller Schaden verursacht wurde. Durch das Schmerzensgeld soll entstandenes Leid ausgeglichen werden, wobei die Höhe der Summe stark variieren kann. "
Auch Schadensersatzzahlungen können nach einem Behandlungsfehler gerichtlich angeordnet werden. Während sich das Schmerzensgeld anhand sehr individueller Faktoren bemisst, handelt es sich beim Schadensersatz immer um Ausgleichszahlungen, die einen entstandenen Schaden ausgleichen müssen.
Konkret bedeutet dies, dass Ihnen nach einem Ärztepfusch folgende Kosten erstattet werden können:
Schadensersatz bei Behandlungsfehlern wird entweder durch die Haftpflichtversicherung des Arztes oder die Haftpflichtversicherung des Krankenhauses abgedeckt. So ist sichergestellt, dass Sie die entstandenen Kosten nach einem Ärztepfusch auch wirklich erstattet kriegen.
Können Sie dem Arzt oder Krankenhaus einen Behandlungsfehler nachweisen, müssen Sie sich selbst um das Einklagen von Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld bemühen. Dafür stehen Ihnen mehrere Optionen zur Verfügung.
Wenn Sie einen Gerichtstermin vermeiden möchten, haben Sie die Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung. Dafür nimmt Ihr Fachanwalt für Medizinrecht Kontakt zur Landesärztekammer oder Landeszahnärztekammer auf, um den Sachverhalt zu klären und eine Einigung mit finanziellem Ausgleich zu erzielen. Zunächst muss ein entsprechender Antrag bei der Gutachterkommission und Schlichtungsstelle gestellt werden. Das Verfahren ist kostenfrei. Im Anschluss wird ein Gutachten erstellt, das Sie über mögliche Ausgleichszahlungen informiert. Sind diese für Sie unzureichend, haben Sie die Möglichkeit, das Gutachten abzulehnen und dennoch den Klageweg zu beschreiten.
Wenn Sie keine außergerichtliche Einigung wünschen oder die Verhandlungen erfolglos bleiben, können Sie Schmerzensgeld und Schadensersatz auch gerichtlich einklagen. Dazu muss der Anwalt zunächst die Klageschrift einreichen. Vor der Eröffnung des Verfahrens wird ein Gerichtskostenvorschuss fällig, den Sie zahlen müssen. Im Prozess wird der Richter alle relevanten Beweise sichern, Sachverständige anhören und möglicherweise Zeugen befragen. Im Anschluss entscheidet das Gericht, ob ein Behandlungsfehler vorliegt und welche Entschädigungszahlungen dadurch gerechtfertigt sind.
Während Sie bei der außergerichtlichen Einigung lediglich die Kosten für den Anwalt tragen müssen, kommen bei einem Gerichtsprozess noch weitere Kosten auf Sie zu – darunter auch die Gerichtskosten. Die Anwaltskosten bemessen sich anhand des Streitwerts und sind im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) genau definiert. Erhalten Sie vor Gericht Recht, so muss die Gegenseite – also der Arzt oder das Krankenhaus – für diese Kosten aufkommen. Entscheidet der Richter jedoch, dass es sich nicht um einen Behandlungsfehler handelte, müssen Sie die gesamten Kosten des Verfahrens tragen.
Verfügen Sie nicht über ausreichend finanzielle Mittel, um den Gerichtsprozess und die Anwaltskosten eigenständig zu tragen, so können Sie Prozesskostenhilfe beantragen. Auch einige Dienstleister bieten bei guten Erfolgsaussichten eine Prozessfinanzierung an, allerdings muss dafür zum Ausgleich ein Teil der Entschädigung an den Dienstleister gezahlt werden. Verfügen Sie vor Prozessbeginn über eine Rechtsschutzversicherung, kommt möglicherweise auch diese für die Kosten des Gerichtsverfahrens auf.
Wenn Sie den Verdacht hegen, möglicherweise Opfer eines Ärztepfuschs oder Behandlungsfehlers zu sein, sollten Sie zunächst Kontakt mit der zuständigen Krankenkasse aufnehmen. Ein Fachanwalt für Medizinrecht hilft Ihnen dabei, alle notwendigen Unterlagen zusammenzutragen und den Sachverhalt zu analysieren. Um dem Arzt auf Augenhöhe entgegenzutreten, kann Unterstützung in juristischer Form daher sinnvoll sein – auch dann, wenn der Behandlungsfehler noch nicht einwandfrei nachgewiesen wurde. Spätestens bei einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Einigung sollten Sie jedoch einen Fachanwalt für Medizinrecht konsultieren, um die bestmöglichen Entschädigungszahlungen aus Ihrem Fall herauszuholen. Die KLUGO Partner-Anwälte und Rechtsexperten für Medizinrecht stehen dabei an Ihrer Seite. Nutzen Sie die telefonische Erstberatung unserer Rechtsexperten und entscheiden Sie im Anschluss selbst, ob Sie eine weiterführende Beratung zu Ihrem Fall wünschen.
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