STAND 12.06.2023 | LESEZEIT 7 MIN
Eine Flugverspätung ist nicht nur nervig, es können auch echte Probleme damit einhergehen – möglicherweise verpassen Sie Ihren Anschlussflug oder können Termine am Zielort nicht rechtzeitig wahrnehmen. Wer von einer Flugverspätung betroffen ist, hat in einigen Fällen Anspruch auf Entschädigung.
Eine Flugstörung ist ärgerlich. Doch steht Ihnen auch unabhängig davon, ob es tatsächlich zu einem finanziellen Schaden für Sie kam, eine Entschädigungszahlung zu. Diese muss direkt bei der Airline beantragt werden.
So gehen Sie vor, wenn Sie eine Entschädigung wegen Flugverspätung fordern möchten:
Dokumentieren Sie die Flugverspätung und alle damit einhergehenden Kosten so detailliert wie möglich und senden Sie der Fluggesellschaft alle Belege zu. Heben Sie auch nach dem Anfordern der Entschädigung alle Belege im Original auf, falls sich die Fluggesellschaft weigert zu zahlen.
Kommt es bei einem gebuchten Flug zu einer erheblichen Verspätung, sind Entschädigungszahlungen möglich. Der Anspruch auf Entschädigung hängt dabei immer von der Dauer der Verspätung ab. Ab einer zweistündigen Wartezeit besteht zunächst nur ein Anspruch auf die Versorgung mit Getränken und Snacks. Finanzielle Entschädigungen sind bereits ab einer Flugzeitverspätung von 3 Stunden möglich. Die Höhe der Entschädigung hängt schlussendlich von der Gesamtdauer der Verspätung ab und liegt zwischen 250 und 600 €. Zusätzlich besteht ein Anspruch auf Entschädigung, wenn aufgrund der Verspätung der Anschlussflug verpasst wurde – aber nur dann, wenn beide Flüge zusammen gebucht wurden. Verschiebt sich der Flug sogar auf den nächsten Tag, haben Sie das Recht auf eine Hotelübernachtung inklusive bezahltem Transport zum Hotel und zurück zum Flughafen. Aber Achtung: Der Anspruch auf Entschädigung verfällt, wenn sich der Flug aufgrund außergewöhnlicher Umstände verspätet.
Bereits ab zwei Stunden Flugverspätung haben Sie Anspruch auf Verpflegung – zumindest bei Kurzstreckenflügen bis maximal 1.500 km. Bei Mittelstreckenflügen zwischen 1.500 und 3.500 km Wegstrecke haben Sie ab drei Stunden Verspätung einen Anspruch auf Versorgungsleistungen, bei Langstreckenflügen ab 3.500 km erst nach vier Stunden Verspätung.
Die Airline ist nach Ablauf dieser Zeit dazu verpflichtet, Ihnen kostenfrei Snacks und Getränke anzubieten. Ferner muss die Airline Ihnen zwei kostenfreie Telefonate, Faxe oder E-Mails ermöglichen.
Wie hoch die Entschädigungszahlung ausfällt, hängt von vielen Faktoren ab – unter anderem davon, wie lange die Gesamtstrecke bis zum Zielort ist und wie viel Verspätung das Flugzeug bei der Ankunft am Zielort hat.
Ihre Rechte im Überblick:
Verspätung | Leistungsanspruch | Entschädigung |
---|---|---|
Ab 2 Stunden | Essen, Getränke, zwei Telefonate / E-Mails | keine |
Ab 3 Stunden Ankunftsverspätung (Kurzstrecke) | Versorgungsleistungen | 250 € |
Ab 3 Stunden Ankunftsverspätung (Mittelstrecke) | Versorgungsleistungen | 400 € |
Ab 3 Stunden Ankunftsverspätung (Langstrecke) | Versorgungsleistungen | 600 € |
Ab 5 Stunden (alle Strecken) | Recht, vom Flug zurückzutreten und Erstattung der Ticketkosten | |
Abflug ein Tag später | Hotel, Übernachtung, Transfer |
Weitere Informationen dazu, welche Ansprüche Sie haben, wenn Ihr Flug annulliert wurde oder es zu einem Mangel bei Pauschalreisen kam, erhalten Sie ebenfalls bei KLUGO. Gerne beraten wir Sie auch umfassend zum Thema Verlust und Beschädigung von Reisegepäck.
Die Fälle, in denen aufgrund einer Flugverspätung der Anschlussflug nicht erreicht wurde, gestalten sich meist etwas komplizierter. Grundsätzlich haben Sie auch hier Anspruch auf Ausgleichszahlung – auch dann, wenn der Anschlussflug nicht innerhalb von Europa angetreten werden sollte. Allerdings kann diese Anschlusszahlung nur dann geltend gemacht werden, wenn beide Flüge zusammen gebucht wurden. Haben Sie den Anschlussflug separat erworben, so entfällt der Entschädigungsanspruch (Urteil EuGH vom 31. Mai 2018, Az. C-537/17).
Die Airline hat das Recht, Entschädigungszahlungen um die Hälfte (also 50 Prozent) zu kürzen, wenn sich der Flug um maximal vier Stunden verspätet. Dies ist in Art. 7 Abs. 2c Flug-VO geregelt.
Möchten Sie die genaue Höhe Ihrer zu erwartenden Entschädigungszahlung berechnen, so können Sie dazu einfach einen Entschädigungsrechner für Flugverspätungen im Internet nutzen. Hier werden Sie zum Beispiel beim ADAC fündig.
Entschädigungsansprüche wegen Flugverspätung unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Flug stattfand und endet demnach drei Jahre später. Haben Sie zum Beispiel am 18. Juni 2018 einen Flug gebucht, so beginnt die Verjährungsfrist am 31. Dezember 2018 und endet am 01. Januar 2022. Innerhalb dieser Zeit können Sie Entschädigungsansprüche wegen Flugverspätung geltend machen – achten Sie aber darauf, die notwendigen Belege auch weiterhin zur Hand zu haben.
Beachten Sie die gesetzlichen Verjährungsfristen, wenn Sie einen Entschädigungsanspruch wegen Flugverspätungen geltend machen möchten. Nach der Verjährungsfrist sind alle Ansprüche hinfällig.
Die meisten Fluggäste verstehen unter den Begriffen Entschädigung, Ausgleichszahlung und Schadensersatz dasselbe, allerdings handelt es sich dabei um unterschiedliche Sachverhalte. Während für die Flugverspätung unter Umständen eine Entschädigungszahlung fällig wird, muss für den Fall einer Schadensersatzzahlung ein konkreter, finanzieller Schaden vorliegen. Daher ist es nicht immer ganz einfach, eine Schadensersatzforderung gegen die Airline durchzusetzen. Dennoch lohnt es sich, eventuell entstandene Kosten geltend zu machen und Schadensersatz von der Airline zu verlangen.
Auch die Schadensersatzansprüche, die im Falle einer Flugverspätung geltend gemacht werden können, sind im Montrealer Übereinkommen und in den Paragrafen §§ 280 und 281 BGB geregelt. Darin wurde u. a. festgelegt, dass Passagiere nicht nur für den materiellen Schaden Schadensersatz fordern können, sondern auch für immaterielle Schäden – zum Beispiel, wenn ein wichtiger Termin aufgrund der Flugverspätung nicht stattfinden konnte. Laut Europäischem Gerichtshof kann man als Passagier weitergehende Schäden geltend machen, sofern die Umstände dies rechtfertigen. Die mögliche Höhe für Schadensersatzforderungen liegt bei bis zu etwa 6.000 €. Aber: Schadensersatzansprüche müssen meist gerichtlich mit der Airline ausgetragen werden. Dabei gilt es, den entstandenen Schaden bestmöglich nachzuweisen, um die Chancen auf ein erfolgreiches Verfahren sicherzustellen.
Kein Entschädigungsanspruch besteht bei Flugverspätungen, die aufgrund außergewöhnlicher Umstände eingetreten sind. Eine Entschädigungszahlung setzt immer das Verschulden der Airline voraus – und dieses Verschulden ist bei außergewöhnlichen Umständen nicht gegeben.
Zu diesen Umständen zählen:
Die Airline ist nur dann zur Zahlung von Entschädigungsleistungen verpflichtet, wenn Sie die Flugverspätung zu verschulden hat. Außergewöhnliche Umstände rechtfertigen keine Entschädigungszahlung.
Die Forderung nach Entschädigungen im Falle einer mehrstündigen Flugverspätung muss bei der Airline schriftlich eingereicht werden. Um einen Nachweis darüber zu haben, dass die Forderung tatsächlich zugestellt wurde, empfehlen wir grundsätzlich das Versenden per Einwurfeinschreiben. In diesem Musterschreiben muss der Airline eine Frist gesetzt werden, bis zu der die Entschädigungszahlung erfolgen muss. Diese Frist sollte natürlich realistisch gesetzt werden – große Unternehmen mit umfassender Buchhaltung können selten binnen weniger Tage eine Entschädigungsforderung bearbeiten, sodass hier ca. zwei Wochen angesetzt werden sollten. Dem Anschreiben sollten zudem alle vorhandenen Nachweise über die tatsächliche Flugzeitverspätung beigefügt werden, z. B. eine Kopie der Bestätigung, die am Flughafen durch das Flughafenpersonal ausgestellt wurde. Auch ein Bild der Ankunfts- bzw. Abflugtafel dient als Beweis, sofern darauf die Flugzeitverspätung erkennbar ist. Sollte es sich um einen spätabendlichen Flug oder gar einen Nachtflug handeln, bei dem nur selten Flughafenpersonal vor Ort ist, können zusätzlich die Namen und Kontaktdaten einiger Mitreisender notiert werden, um diese als Zeugen benennen zu können.
Reagiert die Fluggesellschaft nicht auf die Forderung oder versucht, sich mit Ausreden aus der Angelegenheit herauszuwinden, steht den Passagieren die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) zur Verfügung, die in der Kommunikation zwischen Passagier und Airline vermittelt. Alternativ können die Kosten mithilfe eines Online-Portals für Fluggastrechte geltend gemacht werden – dies ist allerdings ein kostenpflichtiger Service. Diese Online-Portale gehen im Zweifelsfall auch bis vor Gericht und übernehmen dabei das Kostenrisiko für eventuelle Klagen.
Die dritte Möglichkeit, um gegen eine Airline vorzugehen, die der Forderung nach Entschädigungsleistungen oder Schadensersatzansprüchen nicht nachkommt, ist die Beratung durch einen Rechtsexperten. Genau hier setzt der KLUGO Service an: Unsere Erstberatung verschafft Ihnen einen ersten Überblick über die verschiedenen Optionen. Im Anschluss haben Sie die Möglichkeit, eine Beratungsleistung in Anspruch zu nehmen, um Ihre Forderungen mithilfe eines KLUGO Partner-Anwalts und Rechtsexperten durchzusetzen.
Es gibt klare Entschädigungsregelungen bei Flugverspätungen zugunsten der Passagiere. Scheuen Sie sich also nicht davor, Ihre Ausgleichsansprüche geltend zu machen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 16.06.2023, Az. X ZR 15/20 entschieden, dass die EU-Fluggastrechte für Verspätungen auch dann gelten, wenn das verspätete Flugzeug außerhalb der EU startet oder landet, solange die Reise in der EU ihren Anfang genommen hat. Haben Passagiere eine Reise gebucht, bei der sie mehrmals umsteigen müssen, ist es für den Anspruch auf Ausgleichszahlung irrelevant, ob die Flüge von unterschiedlichen Airlines durchgeführt werden. Es komme nur darauf an, dass ein Reiseunternehmen die Flüge akzeptiert und einen einheitlichen Flugschein im Sinne der EU-Fluggastrechte-Verordnung ausgegeben hat.
Haben Sie eine Reiseversicherung abgeschlossen, sind Sie grundsätzlich auf der sicheren Seite – anfallende Kosten für einen Anwalt für Reiserecht sind hier in den meisten Fällen bereits inkludiert, sodass sich auch bei geringen Summen die anwaltliche Unterstützung lohnt.
Anders sieht es dagegen aus, wenn Sie nicht über eine Reise- oder Rechtsschutzversicherung verfügen. Möchten Sie die Entschädigungszahlung einfordern, prüfen Sie zunächst, wie viel Geld Ihnen zusteht. Bei geringen Summen könnten die Kosten für einen Anwalt für Reiserecht die eigentliche Höhe der Entschädigungszahlung übersteigen, sodass sich eine Beratung hier nur bedingt lohnt. Anders sieht es dagegen bei sehr hohen Entschädigungssummen aus, zu denen möglicherweise auch noch Schadensersatzforderungen kommen. Hier kann es durchaus sinnvoll sein, einen Fachanwalt für Reiserecht zu beauftragen, um Ihre Forderungen durchzusetzen.
Im Rahmen der telefonischen Erstberatung verbinden wir Sie mit den KLUGO Partner-Anwälten und Rechtsexperten, die Ihnen eine erste Einschätzung zum Sachverhalt geben. Ob Sie im Anschluss von einem unserer Rechtsexperten darüberhinausgehend betreut werden möchten, entscheiden Sie natürlich selbst.
Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.
Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion
Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.