In der Probezeit steht der Fahranfänger unter strengerer Beobachtung als andere Verkehrsteilnehmer – zu seinem Schutz und dem Schutz anderer Menschen. In der Probezeit kann es dadurch leichter zu einem Verlust der Fahrerlaubnis kommen.
Es ist soweit – Sie haben sich durch zahllose Theoriestunden gekämpft und halten endlich die kleine grüne Plastikkarte in den Händen, die Sie zum Führen eines Kraftfahrzeugs berechtigt. Als Fahranfänger zählt man Sie allerdings zur größten Risikogruppe im Straßenverkehr: die Gruppe der Verkehrsteilnehmer zwischen 18 und 25 Jahren. Gerade junge Fahrer verursachen überproportional viele Unfälle und werden am häufigsten schwer verletzt.
Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber bereits zum 01.11.1986 reagiert und erteilt seitdem den Führerschein zunächst nur noch auf Probe. Das bedeutet, dass jeder, der den Führerschein erworben hat, eine zweijährige Frist durchläuft, in der Verstöße gegen das Straßenverkehrsgesetz (StVG) besonders nachhaltige Folgen haben können.
Die Probezeit soll dem hohen Unfallrisiko, welches insbesondere durch die unzureichende Wahrnehmung von Gefahren im Verkehr und der noch fehlenden Erfahrung im Führen des Fahrzeugs entsteht, vorbeugen.
Grundsätzlich müssen junge Fahranfänger in der Probezeit überall dort mit einem Fahrverbot rechnen, wo auch erfahrenen Fahrern ein solches drohen würde. Hinzu kommt, dass in der Probezeit Straftaten und Ordnungswidrigkeiten in zwei Kategorien unterteilt werden: A- und B-Verstöße. Zu Kategorie A gehören schwerwiegende Verstöße. Sie ziehen für den Fahranfänger immer ein Aufbauseminar für Fahranfänger (ASF) und eine Verlängerung der Probezeit auf vier Jahre nach sich.
Wie lange sich die Probezeit konkret verlängert, hängt immer von der Schwere des Verstoßes ab. Weniger schwere Verstöße der Kategorie B sind grundsätzlich nicht probezeitrelevant – solange sie eine einmalige Ausnahme bilden. Kommt es zu zwei Verstößen der Kategorie B, bewertet der Gesetzgeber die Lage anders: Die wiederholten Verstöße gegen die gesetzlichen Vorschriften sorgen dann ebenfalls für eine Verlängerung der Probezeit von zwei auf vier Jahre.
Wichtig zu wissen: Ob es zu einer Verlängerung der Probezeit kommt, hängt maßgeblich vom Zeitpunkt des Vergehens ab. Das bedeutet, dass auch Vergehen, deren Urteil erst nach Ablauf der Probezeit rechtskräftig wird, unter Umständen eine Verlängerung der Probezeit begründen können. Entscheidend ist dabei der Tatzeitpunkt. Das bedeutet in der Praxis: Auch ein Urteil nach Beendigung der Probezeit kann ein Aufbauseminar nach sich ziehen.
In der Probezeit sollten Fahranfänger besonders umsichtig am Straßenverkehr teilnehmen – dies gilt auch gerade dann, wenn es bereits zu einem Vergehen und einem damit verbundenen Aufbauseminar gekommen ist. Kommt es nämlich in der Probezeit nach dieser Anordnung zu einem weiteren A-Verstoß oder zwei weiteren B-Verstößen, dann hat dies eine schriftliche Verwarnung zur Folge mit der Aufforderung zur freiwilligen Teilnahme an einer verkehrspsychologischen Beratung (kurz: VPB). Ab dann gilt eine zweimonatige Frist – kommt es innerhalb der nächsten zwei Monate erneut zu einem A-Verstoß oder zwei weiteren B-Vergehen im Straßenverkehr, ist der Führerschein endgültig weg: Für mindestens drei Monate muss der Fahranfänger dann auf die Fahrerlaubnis verzichten – erst danach kann eine Neuerteilung des Führerscheins beantragt werden. Allerdings ist dafür in der Regel die Teilnahme an einer MPU (Abkürzung für medizinisch-psychologische Untersuchung) notwendig. Je nach Fallkonstellation kann die Führerscheinstelle auch die Wiederholung der Fahrprüfung einfordern.
Die Probezeit gilt in Deutschland für alle Fahranfänger und für die Führerscheinklassen:
Eine Ausnahme gilt für Mofas und forst- und landwirtschaftliche Zugmaschinen: Hier löst die Erlangung der Fahrerlaubnis keine Probezeit aus.
B-Verstöße beinhalten die weniger schwerwiegenden Verstöße. Zwei B-Verstöße haben die Konsequenzen eines A-Verstoßes. Ferner hat ein B-Verstoß oder auch eine Bußgeldstrafe über 60 Euro mit anschließendem A-Verstoß die gleichen Folgen wie ein A-Verstoß.
Das Bußgeld unterscheidet sich in der Regel nicht von dem Bußgeld, welches ein erfahrener Kraftfahrzeugfahrer zu zahlen hätte. Zur Geldstrafe kommt jedoch meist ein Aufbauseminar mit Verlängerung der Probezeit sowie ggf. Punkte im Fahreignungsregister hinzu. Außerdem haben Sie als Fahranfänger in der Probezeit nicht die Möglichkeit, Punkte abzubauen.
Die Unterschiede der beiden Kategorien zeigen sich auch durch die damit verbundenen Konsequenzen. Ein häufiges Delikt für einen A-Verstoß ist zum Beispiel das Handy am Steuer: Es wird in der Probezeit mit einem Bußgeld von 100 Euro sowie einem Punkt im Verkehrszentralregister bestraft. Kommt es durch das Benutzen des Handys zu einer Gefährdung, fällt ein Bussgeld von 150 Euro an. Kommt es sogar zu einer Sachbeschädigung, müssen 200 Euro Bussgeld gezahlt werden. In beiden Fällen wird ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.
Ein klassisches Beispiel für einen B-Verstoß ist die Fahrt ohne die vorgeschriebene Beleuchtung. Kommen Fahranfänger hier den gesetzlichen Vorschriften nicht nach, zieht diese eine Bestrafung mit einem Punkt im Verkehrszentralregister in Flensburg nach sich sowie ein Bußgeld in Höhe von 60 Euro.
Alkohol am Steuer
Nach § 24a StVG handelt eine Person ordnungswidrig, sofern sie mit 0,5 Promille oder mehr Alkohol im Blut ein Fahrzeug führt.
Nach § 24c StVG handelt eine Person unter 21 Jahren ordnungswidrig, sofern sie unter Alkoholeinfluss ein Fahrzeug bewegt.
In der Probezeit gilt eine Promillegrenze von 0,0. Wenn Sie dennoch unter Alkohol- und/oder Drogeneinfluss am Steuer erwischt werden, wird es richtig teuer:
Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kann Sie im Falle einer Alkohol- oder Drogenfahrt kompetent beraten. In solchen Fällen gibt es oft Möglichkeiten, die Strafe aufgrund mildender Umstände zu senken und ein Strafverfahren zu einem günstigeren Ausgang zu bringen.
Auch bei Geschwindigkeitsverstößen erfahren Sie als Führerscheinneuling eine besondere Behandlung. Wobei jedoch zu unterscheiden ist, ob Sie bis zu 20 km/h zu schnell waren oder mehr als 20 km/h.
Bei einer geringen Geschwindigkeitsüberschreitung werden Sie verwarnt und müssen ein entsprechendes Bußgeld zahlen. Sie müssen aber nicht an einem Aufbauseminar teilnehmen und die Probezeit wird auch nicht verlängert. Erst wenn sich die Geschwindigkeitsüberschreitung wiederholt, müssen Sie auch mit diesen Konsequenzen rechnen. Sind Sie mit mehr als 20 km/h zu schnell geblitzt worden, ist nicht nur das Bußgeld fällig, sondern auch ein Punkt in Flensburg und die Teilnahme am Aufbauseminar. War die Geschwindigkeitsüberschreitung innerorts gibt es zusätzlich noch einen Monat Fahrverbot.
Die wichtigsten Fakten in aller Kürze:
Wenn Ihnen die Teilnahme an einem Aufbauseminar aufgrund eines A-Verstoßes oder zwei B-Verstößen angeordnet wurde, sind Sie verpflichtet, dieser Anordnung innerhalb von acht Wochen Folge zu leisten. Tun Sie dies nicht, müssen Sie in der Regel mit einem Führerscheinentzug in der Probezeit rechnen. Eine Verlängerung der Frist ist nur in Ausnahmefällen (zum Beispiel bei schwerer Krankheit oder Krankenhausaufenthalt) möglich. Es ist also sinnvoll, der Aufforderung zeitnah nachzukommen, um einen Entzug der Fahrerlaubnis in der Probezeit erst gar nicht zu riskieren.
Das Aufbauseminar können Sie in einer beliebigen Fahrschule absolvieren, wobei der seminarleitende Fahrlehrer über eine entsprechende Zusatzausbildung verfügen muss. Sollten Sie Schwierigkeiten haben, eine geeignete Fahrschule zu finden, können Sie sich an die zuständige Fahrerlaubnisbehörde wenden. Diese verfügt in der Regel über ein Verzeichnis der befugten Fahrlehrer in Ihrem Umkreis.
Inhalt des ASF sind unter anderem Wahrnehmungssensibilisierung, Gefahrenabwendung sowie das Besprechen Ihrer Gefühle beim Fahren. Die Kosten des Seminars liegen je nach Fahrschule zwischen 250 und 500 Euro. Das Seminar wird in Gruppen durchgeführt und dauert neun Zeitstunden. Neben der Theorie wird auch eine Fahrprobe von Ihnen erwartet. Wenn Sie das ASF erfolgreich absolviert haben, erhalten Sie eine Teilnahmebestätigung. Diese müssen Sie vor Ablauf der achtwöchigen Frist der Fahrerlaubnisbehörde vorlegen.
"Zwischen einem Fahrverbot und einem Führerscheinentzug liegt eine große rechtliche Differenz. Ein Fahrverbot gilt nur temporär, ein Führerscheinentzug hingegen unbefristet. Welche Maßnahme erteilt wird, hängt von der Schwere des Vergehens ab. "
Etwas anders sieht es aus, wenn Sie aufgrund eines Drogen- oder Alkoholverstoßes zur Teilnahme eines Aufbauseminares verpflichtet wurden. In diesem Fall müssen Sie an einem sogenannten Aufbauseminar für Drogen und Alkohol (ALFA) teilnehmen. Hier geht es in erster Linie um die Reflektion Ihres Trinkverhaltens. Üblicherweise sind bei diesen Seminaren auch Teilnehmer anwesend, die wegen anderen Alkohol- und/oder Drogenvergehen auffällig geworden sind. Auch hier ist die Seminarteilnahme der Fahrerlaubnisbehörde durch fristgerechte Vorlage einer Teilnahmebestätigung nachzuweisen.
Bei rechtlichen Fragen zum Thema Führerscheinentzug in der Probezeit und Fahrverbot helfen wir Ihnen gerne im Rahmen einer telefonische Erstberatung weiter. Unsere kompetenten Fachanwälte stehen Ihnen dabei mit juristischem Rat zur Seite und unterstützen Sie bei allen Anliegen.
Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.
Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion
Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.