STAND 14.06.2024 | LESEZEIT 9 MIN
Sie haben es eilig, um einen geplanten Termin einzuhalten und wollen dabei Ihren Vordermann überholen, der Ihrer Einschätzung nach halten wollte. Doch das stellt sich als ein Trugschluss heraus, denn er biegt nun ebenfalls ab. Welche Gefahr eine unklare Verkehrslage darstellt bei fehlendem Sicherheitsabstand und welche Strafen dafür verhängt werden, lesen Sie hier.
Sie zweifeln an Ihrem Bußgeldbescheid, demzufolge Sie nicht den nötigen Sicherheitsabstand eingehalten haben. In der telefonischen Erstberatung von KLUGO können Sie einfach und schnell durch einen kompetenten Fachanwalt oder Rechtsexperten professionellen Rat einholen.
Der Sicherheitsabstand innerhalb des Straßenverkehrs wird in § 4 Absatz 1 StVO genauer definiert. Demnach muss der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug groß genug sein, damit der Hintermann bei einer plötzlichen Bremsung immer noch genug Platz hat, um halten zu können. Der Sicherheitsabstand verringert sich ebenso, wenn ohne erforderlichen Grund gebremst wird. Dies nimmt also auch den Vordermann in die Pflicht, denn wer vorausfährt, darf nicht ohne zwingenden Grund bremsen. Eine Bestimmung der genauen Werte für Pkws gibt der § 4 Absatz 1 StVO nicht vor. Genauere Informationen beziehen sich hier nur auf Lkws und Kraftomnibusse.
Ausschließlich für Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 Tonnen oder Kraftomnibusse wird in § 4 Absatz 3 StVO ein Mindestabstand von 50 Metern vorgeschrieben, sobald die Geschwindigkeit mehr als 50 km/h beträgt.
Es ist ratsam, bei bestimmten Witterungen einen größeren Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einzuhalten. Dies ist der Fall, wenn die Straße nass oder verschneit ist, da sich der Bremsweg dadurch verlängern kann. Ein größerer Sicherheitsabstand ist auch dann zu empfehlen, wenn die Sicht durch Nebel eingeschränkt ist.
Wenn Sie den Sicherheitsabstand selbst ermitteln wollen, ist dies anhand des Bremsweges möglich. Das bedeutet, dass der Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug größer sein muss, je schneller sie fahren, denn mit höherem Tempo vergrößert sich auch automatisch der Bremsweg. Ebenfalls sollten Sie darauf achten, ob Sie sich innerhalb oder außerhalb einer geschlossenen Ortschaft befinden, denn hier wird der Sicherheitsabstand nach bestimmten Kriterien unterschieden.
Der Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug sollte der Strecke entsprechen, die innerhalb einer Sekunde gefahren wird. Bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h entspricht das 15 Meter oder drei Pkw-Längen.
Aufgrund der höheren Geschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften entspricht der Sicherheitsabstand der Strecke, die innerhalb von zwei Sekunden gefahren wird. Alternativ ist auch eine Orientierung am Tacho sinnvoll, wobei der Sicherheitsabstand in der Regel einem halben Tachowert entspricht. Auf Autobahnen können Sie sich am Abstand zwischen den Leitpfosten orientieren, dieser beträgt jeweils 50 Meter.
Beim Sicherheitsabstand sollte nicht nur der zum vorausfahrenden Fahrzeug eingehalten werden, sondern auch der seitlich beim Überholen. Gemäß § 5 Absatz 4 StVO sind auch hier die Werte nur teilweise bestimmt, allgemein gilt aber beim Überholen einen ausreichenden Seitenabstand zu anderen Verkehrsteilnehmern einzuhalten wie Fußgängern, Radfahrern und Elektrofahrzeugen einzuhalten. Beim Überholen mit Kraftfahrzeugen von zu Fuß Gehenden, Rad Fahrenden und Elektrokleinstfahrzeug Führenden beträgt der ausreichende Seitenabstand innerorts mindestens 1,5 m und außerorts mindestens 2 m.
Zudem sollte man sich an der Rechtsprechung orientieren, wobei sich die meisten Gerichte für folgende Seitenabstände für die jeweiligen Verkehrsteilnehmer entschieden haben:
Zur Veranschaulichung dienen folgende Beispiele:
Bei der Komplexität der unterschiedlichen Maßgaben des Sicherheitsabstands stellt sich die Frage, wie ein fehlender Sicherheitsabstand überhaupt gemessen werden kann. Dazu gibt es verschiedene Methoden, die zur Messung angewendet werden.
Videonachfahrsystem: Hier wird ein Messgerät, ein sogenanntes ProVida-System (Proof Video Data System), in ein Polizeifahrzeug eingebaut. Durch Nachfahren kann die Polizei im Zivilfahrzeug anhand einer Front- oder Heckkamera und einem geeichten Wegstreckenzähler den Abstandsverstoß feststellen und entsprechend aufzeichnen.
Videoabstandmessanlage: Die Videoabstandsmessanlage zählt zu den etablierten Brückenabstandsmessverfahren. Es besteht aus zwei Kameras, die auf einer Brücke installiert werden und so den ankommenden Verkehr ohne Unterbrechung erfassen. Eine Kamera nimmt den Nahbereich auf, die andere den Fernbereich, um so den Abstand zwischen Fahrzeugen zu messen. Dabei wird der Verkehr zwischen vorher festgelegten Markierungen auf der Straße aufgenommen und der Abstand zwischen den Fahrzeugen gemessen. Um den Abstandsverstoß eindeutig zuzuordnen, filmt die zweite Kamera den Fahrer.
Brückenabstandsmessverfahren: Zu den klassischen Messverfahren zählt das Brückenabstandsmessverfahren. Hier werden zwei Videokameras auf einer Brücke installiert, die über eine Länge von 700 Metern die Fahrbahn überwachen. Über Monitore werden die Aufnahmen von Beamten registriert, die bei Verdacht einen Blitzer auslösen, der neben der Fahrbahn angebracht ist. Zuerst wird der Abstand im Fernbereich festgestellt, danach der Abstand zum Vordermann im Nahbereich.
Optische Abstandsmessung: Die optische Abstandsmessung wird auch als Laserentfernungsmessung bezeichnet. Dabei misst die Polizei den Sicherheitsabstand zwischen Fahrzeugen anhand einer Laserpistole.
Abstandsmessung per Augenmaß: Hier werden keinerlei technische Geräte benutzt, sondern einzig und allein das Augenmaß. Da es bei dieser zugelassenen Methode häufig zu Fehlinterpretationen und Messungenauigkeiten kommt, kann ein Autofahrer mit einem höheren Toleranzabzug von 20 bis 30 Prozent rechnen.
Bei der Messung des Sicherheitsabstandes kommt es immer wieder zu Fehlinterpretationen und Messfehlern. Falls Ihnen ein Fahrverbot droht, empfehlen wir, Ihren Bußgeldbescheid unbedingt prüfen zu lassen. Ein kompetenter Fachanwalt für Verkehrsrecht kennt sich im Einspruch von Bußgeldverfahren gut aus – seine Unterstützung kann zur Einstellung des Bußgeldverfahrens führen und ein Fahrverbot verhindern.
Je nach Geschwindigkeit und Gefährdung anderer werden unterschiedlich hohe Strafen erhoben wie Bußgelder, Punkte in Flensburg sowie Fahrverbot. Sollte die Geschwindigkeit unter 80 km/h liegen, kommt es ausschließlich zur Verordnung eines Bußgeldes von 25,00 €. Sobald jemand dabei gefährdet worden ist, beträgt die Strafe 30,00 €, bei Sachbeschädigung 35,00 €.
Abstandsverstoß bei Geschwindigkeit zwischen mehr als 80 km/h und 99 km/h:
Verstoß | Bußgeld | Punkte |
---|---|---|
weniger als 5/10 des halben Tachowertes | 103,50 € | 1 |
weniger als 4/10 des halben Tachowertes | 128,50 € | 1 |
weniger als 3/10 des halben Tachowertes | 188,50 € | 1 |
weniger als 2/10 des halben Tachowertes | 268,50 € | 1 |
weniger als 1/10 des halben Tachowertes | 348,50 € | 1 |
Abstandsverstoß bei Geschwindigkeit zwischen mehr als 100 km/h bis 129 km/h:
Verstoß | Bußgeld | Punkte | Fahrverbot |
---|---|---|---|
weniger als 5/10 des halben Tachowertes | 103,50 € | 1 | Nein |
weniger als 4/10 des halben Tachowertes | 128,50 € | 1 | Nein |
weniger als 3/10 des halben Tachowertes | 188,50 € | 2 | 1 Monat |
weniger als 2/10 des halben Tachowertes | 268,50 € | 2 | 2 Monate |
weniger als 1/10 des halben Tachowertes | 348,50 € | 2 | 3 Monate |
Abstandsverstoß bei Geschwindigkeit bei über 130 km/h:
Verstoß | Bußgeld | Punkte | Fahrverbot |
---|---|---|---|
weniger als 5/10 des halben Tachowertes | 128,50 € | 1 | Nein |
weniger als 4/10 des halben Tachowertes | 208,50 € | 1 | Nein |
weniger als 3/10 des halben Tachowertes | 268,50 € | 2 | 1 Monat |
weniger als 2/10 des halben Tachowertes | 348,50 € | 2 | 2 Monate |
weniger als 1/10 des halben Tachowertes | 428,50 € | 2 | 3 Monate |
Auf den Punkt gebracht droht immer dann ein Fahrverbot, sobald die Geschwindigkeit höher ist als 100 km/h und der Abstand weniger als 3/10 des halben Tachowertes beträgt.
Auffallend häufig sind junge Fahranfänger zwischen 18 und 25 Jahren in Verkehrsunfälle verwickelt. Die übliche Probezeit beträgt nach Erwerb des Führerscheins zwei Jahre, danach ist er unbegrenzt gültig. Sollten Sie sich noch in der Probezeit befinden und den Mindestabstand nicht eingehalten haben, müssen Sie neben der Zahlung eines Bußgeldes mit weiteren Folgen rechnen, abhängig vom Verstoß. Während der Probezeit werden Verkehrsverstöße in A- und B-Delikte unterteilt. Beträgt der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug weniger als 5/10 des halben Tachowertes, wird dies ebenfalls als A-Verstoß gewertet. Ein Punkt in Flensburg sowie ein Bußgeld von mindestens 75 Euro. Der Abstandsverstoß zählt zu schwerwiegenderen Verstößen und damit zu den A-Delikten. Hierbei handelt es sich um eine Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre und die Teilnahme an einem Aufbauseminar.
Wie für Pkw-Fahrer gilt auch für Lkw-Fahrer ein bestimmter Sicherheitsabstand, der eingehalten werden muss. Aufgrund seines höheren Gewichts und seiner jeweiligen Beladung im Vergleich zum einfachen Auto sollte der Abstand größer sein, da sich dadurch ein erheblich längerer Bremsweg ergibt. Auf Autobahnen müssen Lkw-Fahrer einen noch größeren Mindestabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug beachten, da das Fahrtempo höher ist und sich der Bremsweg ebenfalls verlängert. Demnach sollten Lkws mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen (und Kraftomnibusse) bei einer Geschwindigkeit von mehr als 50 km/h auf Autobahnen einen Mindestabstand von 50 Metern zum Vordermann einhalten. Das Gleiche gilt für ein Überholmanöver, hier muss der Abstand 50 Meter betragen. Generell gilt, dass Lkws sowie Pkws immer einen Abstand von mindestens einem halben Tachowert in Metern zum vorausfahrenden Fahrzeug einhalten müssen.
Für Lkw-Fahrer kommt es auf der Autobahn zu einem Bußgeld, sobald ihr Lkw mit über 3,5 Tonnen nicht einen Mindestabstand von 50 Metern bei mehr als 50 km/h einhält:
Leitlinien, wie sich Lkw-Fahrer am besten verhalten sollten:
Nach Erhalt des Bußgeldbescheides sollten Sie schnell handeln, denn Sie haben nur 14 Tage Zeit, um einen schriftlichen Einspruch gegen eine Abstandsmessung einzulegen. Wenn Sie davon überzeugt sind, dass der Bußgeldbescheid nicht gerechtfertigt ist und Ihnen ein Fahrverbot droht, ist es sinnvoll, einen Fachanwalt für Verkehrsrecht einzuschalten, der sich im Verkehrsrecht auskennt. Er berät Sie nicht nur in allen relevanten Fragen, sondern weiß auch, wie man ein Fahrverbot umgeht.
Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.
Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion
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