STAND 19.08.2022 | LESEZEIT 8 MIN
Mietnomaden werden rechtlich auch als Einmietbürger bezeichnet. Sie zahlen keine Miete und/oder hinterlassen erhebliche Schäden an der Mietsache. Häufig sind vor allem private Kleinvermieter mit einem oder wenigen Wohnobjekten von Mietnomaden betroffen. Auch die finanziellen Folgen von Mietnomaden sind für private Vermieter schwieriger zu tragen.
Als Mietnomaden bezeichnet man Mieter, die immer wieder in neue Wohnungen ziehen und dort weder die Miete noch die anfallenden Nebenkosten zahlen. Durch diese Rückstände verursachen sie hohe finanzielle Belastungen für den Vermieter. Zudem sind verwüstete Wohnungen und Schäden am Mieteigentum durch Mietnomaden keine Seltenheit. Auch Personen, die trotz wirksamer Kündigung weiterhin in der Wohnung bleiben und dort verweilen, bis sich die Räumungsklage nicht mehr abwehren lässt, werden als Mietnomaden bezeichnet.
Der Begriff Mietnomade hat sich im allgemeinen Sprachgebrauch eingebürgert. Rechtlich werden Mietnomaden dagegen als Einmietbürger bezeichnet. Aufgrund der strengen Regularien professioneller Vermieter sind von Mietnomaden vor allem private Kleinvermieter betroffen, die nur über ein oder mehrere Mietobjekte verfügen.
Es gibt natürlich auch Mieter, die aufgrund einer unerwarteten Krankheit oder wegen plötzlicher Arbeitslosigkeit die Mietzahlungen nicht mehr in voller Höhe leisten können. Hier spricht man aber nicht von Mietnomaden. Als Einmietbürger werden rechtlich nur jene Personen bezeichnet, die in betrügerischer Absicht vorgehen.
Die meisten Mietnomaden legen bewusst Wert auf einen gepflegten, ersten Eindruck. Sie erscheinen häufig gut gekleidet zur Wohnungsbesichtigung und zeigen sich von ihrer besten Seite. Auch finanziell sind Mietnomaden überwiegend nicht schlecht aufgestellt und können einen festen Job sowie ein regelmäßiges Einkommen vorweisen. Grundsätzlich kann jeder Mieter ein Mietnomade sein oder werden – egal ob Angestellter, Handwerker, Arzt oder Jurist. Es gibt aber auch Mietnomaden, die bewusst gefälschte Dokumente vorlegen, um besser dazustehen und die offenen Mietschulden aus vorherigen Wohnverhältnissen zu verschleiern versuchen. Bei diesen Dokumenten handelt es sich größtenteils um gefälschte Gehaltsabrechnungen und Schufa-Auskünfte, Mietschuldenfreiheitsbescheinigungen des Vormieters oder Bankbürgschaften. Es ist also ausgesprochen schwierig, Mietnomaden auf den ersten Blick zu erkennen.
Rein äußerlich lässt sich ein Mietnomade nicht erkennen, das haben die Erfahrungen anderer Vermieter in der Vergangenheit gezeigt. Dennoch gibt es einige Formulare, die Sie als Vermieter anfordern können, um bestmöglich auf „Nummer sicher“ zu gehen. Ob die Angaben, die der mögliche Neumieter in den Formularen macht, tatsächlich der Realität entsprechen, lässt sich jedoch meist nur schwer überprüfen.
Diese Möglichkeiten stehen Ihnen zur Verfügung, um sich vor Mietnomaden zu schützen:
Bei Zahlungsrückständen von zwei Monatsmieten besteht die Möglichkeit für den Vermieter, das Mietverhältnis außerordentlich zu kündigen. Allerdings kann der Mieter eine außerordentliche fristlose Kündigung dadurch unwirksam machen, dass er den gesamten Mietrückstand bis spätestens zwei Monate nach Zustellung einer Räumungsklage zahlt. Das geht allerdings nur einmal innerhalb von zwei Jahren. Auf eine (hilfsweise) fristgerechte Kündigung wirkt sich die Zahlung im Normalfal nicht aus."Jan Reilbach
Grundsätzlich gibt es nicht „den Prototyp Mietnomade“, der es auf eine ganz besondere Art von Wohnung abgesehen hat. Jede Mietwohnung ist für Mietnomaden interessant – meist hängt es nur davon ab, ob die Täter tatsächlich einen Mietvertrag erhalten oder nicht.
Dennoch gibt es einige Faktoren, die eine Mietwohnung für Mietnomaden besonders begehrenswert macht:
Wenn Sie als Vermieter gegen Mietnomaden vorgehen möchten, haben Sie mehrere Möglichkeiten. Wir haben Schritt-für-Schritt für Sie zusammengefasst, was Sie beachten müssen – und wann Ihre Mitwirkung notwendig wird.
Grundsätzlich müssen ausstehende Mietzahlungen nicht beim Mieter eingefordert werden. Die Miete wurde vertraglich zugesichert und muss zum vereinbarten Zeitpunkt des Monats auf dem Konto des Vermieters eingegangen sein. Sobald mehr als zwei ausstehende Monatsmieten (also Mietschulden) vorliegen, können Sie den Mieter außerordentlich kündigen. Zahlt dieser auch weiterhin die ausstehenden Mieten nicht, ist die außerordentliche Kündigung rechtsgültig. Aber: Erfolgt nach außerordentlicher Kündigung eine Mietzahlung, sodass keine zwei vollen Monatsmieten ausstehen, ist die Kündigung nichtig.
Um für den Fall gewappnet zu sein, dass der Mieter einen Teil der ausstehenden Mietkosten doch noch zahlt und damit die außerordentliche Kündigung abwehrt, sollte zusätzlich eine ordentliche Kündigung erfolgen. So kann der Mieter auch dann nicht entkommen, wenn er einen Teil oder die volle Höhe der ausstehenden Mietkosten nachzahlt. Damit die ordentliche Kündigung rechtswirksam ist, müssen Sie eine umfassende Begründung vorlegen – zum Beispiel wiederholt zu spät oder gar nicht gezahlte Mieten. Je umfassender Sie auf mögliche Kündigungsgründe eingehen, desto besser stehen Ihre Chancen. Achten Sie zudem darauf, dem Mieter die Kündigung des Wohnverhältnisses per Einschreiben zukommen zu lassen. Dadurch können Sie nachweisen, dass der Mieter die Kündigung erhalten hat.
Möglichkeiten, einen Mieter zu kündigen, gibt es zuhauf – doch leider bedeutet das nicht automatisch, dass der Mieter die Wohnung auch wirklich räumt und verlässt. Nach dem Einreichen der Kündigung beim Mieter können Sie nach Ablauf des Vertrages innerhalb von zwei Wochen eine Räumungsklage erwirken. Das Gericht muss die Räumungsklage jedoch umfassend prüfen. Erst zwei weitere Monate nach Ablauf der Kündigungsfrist wird das Gericht tätig. Bis es tatsächlich zu einer Räumung kommt, können nun erfahrungsgemäß 15 bis 18 Monate verstreichen. Das Gericht setzt dem Mieter meist noch weitere Fristen – und auch das Urteil muss erst rechtskräftig werden, bis es durchgesetzt werden kann. Reichen Mieter jetzt noch Widerspruch gegen das Urteil ein, kann sich die Zeit bis zur endgültigen Räumung der Wohnung noch länger hinauszögern.
War die Räumungsklage erfolgreich, sind Sie als Vermieter nun im Besitz des Titels zur Räumungsklage. Sie dürfen jetzt einen Gerichtsvollzieher damit beauftragen, die Wohnung zu räumen. Seit 2013 wird durch die Berliner Räumung vor allem die Vermieterseite unterstützt. Der Gerichtsvollzieher hat nur die Aufgabe, die Mietnomaden aus der Wohnung zu entfernen und somit den Besitz an der Mietsache zu verschaffen. Hinterlassenschaften, Möbel und ähnliches müssen durch den Vermieter beseitigt werden. Die dafür anfallenden Kosten sind jedoch meist überschaubar.
Stellen Mieter die Zahlungen der Mietkosten und Nebenkosten ein, ist für viele Vermieter ein naheliegender Wunsch, die Versorgung mit Strom und Wasser abzustellen. So soll Druck auf den Mieter ausgeübt werden, die Außenstände doch noch zu begleichen – denn der Verlust von Strom und Wasser ginge auch mit einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität einher.
Aber Vorsicht: Ganz so einfach ist das aber leider nicht. Erst wenn eine wirksame Kündigung zustande gekommen und eine nicht unerhebliche Zeit vergangen ist, darf der Vermieter den Strom und das Wasser abdrehen. Zudem muss dem Vermieter selbst ein stetig wachsender Schaden drohen, da er die Nebenkosten tragen muss. Diese Vorgabe bezieht sich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 06. Mai 2009 – Az. XII ZR 137/07) und ist letztendlich immer eine Frage des Einzelfalls.
Die Berliner Räumung wurde im Jahr 2013 als rechtliche Möglichkeit für Vermieter entwickelt, um Mietnomaden kostengünstig und schnell aus der Wohnung zu räumen. Als Vermieter benötigt man dafür einen Räumungsbescheid, mit dem ein Gerichtsvollzieher beauftragt werden kann, um die Mietnomaden aus den Räumlichkeiten zu entfernen. Die Berliner Räumung umfasst lediglich die Besitzverschaffung an der Wohnung und kostet ca. 300 – 500 €. Als Vermieter darf man die Gegenstände der Mietnomaden allerdings nicht einfach entsorgen, sondern muss diese entweder in der Wohnung belassen oder anderweitig lagern, um den Mietern die Möglichkeit zu geben, wieder in den Besitz ihrer Gegenstände zu kommen.
Wenn Sie von der Berliner Räumung Gebrauch machen, sollten Sie genau dokumentieren, welche Gegenstände sich zum Zeitpunkt der Räumung in der Wohnung befunden haben. Am besten ist es, wenn Sie zusätzlich Zeugen dabeihaben, die dies bestätigen können. Halten Sie schriftlich mit einer Bestandsliste fest, welche Gegenstände Sie vorfinden konnten und z. B. eingelagert haben.
Ebenfalls zur Erleichterung einer Wohnungsräumung durch den Vermieter wurde der Urkundenprozess eingeführt. Hierbei handelt es sich um ein beschleunigtes Verfahren, mit dem eine langwierige Zwangsräumung umgangen werden soll. Der Mieter hat beim Urkundenprozess nicht die Möglichkeit, den Prozess durch die Aussagen von Zeugen zu verschleppen, da lediglich anhand von Urkunden das Fehlverhalten nachgewiesen werden kann. Der Vermieter muss dafür mithilfe von Kontoauszügen und ähnlichen Belegen beweisen können, dass es seitens des Mieters ausstehende Mietzahlungen gibt. Kann dies eindeutig belegt werden, führt das in der Regel zu einem sehr schnellen Vollstreckungsurteil vor Gericht – und mit diesem Urteil kann im Anschluss ein Gerichtsvollzieher die Wohnung räumen.
Aber: In der Realität wird der Urkundenprozess nur sehr selten durchgeführt, da alles eindeutig und lückenlos belegbar sein muss. Kam es zum Beispiel während der Mietdauer der Mietnomaden zu einem Eigentümerwechsel seitens des Wohnungsinhabers, so ist die eindeutige Nachweisbarkeit schon nicht mehr gegeben. Hier müssten beide Vermieter zusammenarbeiten, um eine lückenlose Dokumentation zu ermöglichen.
Grundsätzlich haben Vermieter die Möglichkeit, alle bei der Räumung anfallenden Kosten an den Mieter weiterzugeben. Dabei handelt es sich natürlich meist eher um eine Wunschvorstellung, denn wenn der Mieter seit mehreren Monaten keine Mietzahlungen leistet, wird er voraussichtlich auch der Forderung der Räumungskosten nicht nachkommen. In den meisten Fällen bleiben die Vermieter daher auf den damit einhergehenden Kosten sitzen.
Allerdings gibt es auch hier für die Vermieter die Möglichkeit, sich mit einer gesonderten Versicherung für solche Fälle abzusichern – häufig übernimmt die Mietausfallversicherung, die im Volksmund auch als Mietnomadenversicherung bezeichnet wird. Auch die Kosten für die Wohnungsräumung. Allerdings muss hier jede Wohnung einzeln versichert werden. Die dafür anfallenden Kosten sind also ebenfalls hoch.
Betreten Vermieter nach dem Prozess mit Mietnomaden erstmals wieder ihr Wohneigentum, folgt meist auf die erste Erleichterung der nächste Schreck. Mietnomaden hinterlassen die Wohnung nicht selten vollkommen verdreckt und absolut renovierungsbedürftig.
Dennoch ist es sinnvoll, Schritt-für-Schritt vorzugehen, um wieder Ordnung in das Chaos zu bringen – auch, wenn es zu einer weiteren Belastung wird:
Ein Fachanwalt für Mietrecht ist der erste Ansprechpartner, wenn es um Mietnomaden geht. Als Vermieter sollten Sie bei ausstehenden Mietzahlungen umgehend einen solchen Fachanwalt kontaktieren, um frühzeitig Maßnahmen einleiten zu können. In vielen Fällen ist schon der direkte Kontakt zum Mieter ein guter Lösungsweg, denn es handelt sich im Alltag nur vergleichsweise selten um Mietnomaden. Weit häufiger sind dagegen Zahlungsausfälle aufgrund persönlicher Probleme des Mieters, zum Beispiel Krankheit oder Jobverlust – hier lässt sich auch unabhängig von einer aufwendigen Räumungsklage möglicherweise eine Lösung finden. Aber auch hierbei steht Ihnen ein Fachanwalt natürlich zur Seite!
Sind Sie tatsächlich Opfer eines Mietnomaden geworden, bleibt Ihnen nur der aufwendige und juristische Weg, um einen Räumungsbescheid zu erwirken. Glücklicherweise gestaltet sich dies inzwischen etwas einfacher für Vermieter. Ob bei Ihnen die Berliner Räumung oder der Urkundenprozess infrage kommt, kann Ihnen ein Fachanwalt für Mietrecht selbstverständlich mitteilen.
Wenden Sie sich auch an die telefonische Erstberatung von KLUGO, bei der wir Sie mit unseren Partner-Anwälten und Rechtsexperten für Mietrecht verbinden. Hier erhalten Sie eine erste Einschätzung zu Ihrem Fall, damit Sie im Anschluss das weitere Vorgehen planen können. Ob Sie einen unserer Partner-Anwälte zur weiteren Begleitung in Ihrem Fall engagieren möchten, entscheiden Sie natürlich selbst.
Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.
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