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Arzt verklagen: Schmerzensgeld & Schadensersatz erhalten

Wenn es bei der ärztlichen Behandlung zu einem Fehler kommt, können betroffene Patienten eine Entschädigung in Form von Schmerzensgeld bzw. Schadensersatz einklagen. Erfahren Sie in diesem Beitrag, wie Sie im Falle von Behandlungsfehlern den Arzt verklagen können, um Ihre Ansprüche geltend zu machen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Behandlungsfehler durch einen Arzt kann dazu führen, dass den betroffenen Patienten ein Anspruch auf Schmerzensgeld zusteht.
  • Wenn Sie Ihren Arzt verklagen möchten, muss ein Behandlungsfehler nachweisbar sein.
  • Das gilt auch dann, wenn Sie das Krankenhaus verklagen möchten – zum Beispiel aufgrund eines Behandlungsfehlers oder wegen unterlassener Hilfeleistung.
  • Behandlungsfehler können ganz unterschiedlich aussehen und sowohl im Rahmen der Diagnose bzw. der Nachsorge als auch bei der Behandlung selbst passieren.
  • Die KLUGO Rechtsexperten und Partner-Anwälte unterstützen Sie bei einer Klage gegen den Arzt oder das Krankenhaus auf Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld.

Wann kann ich bei Ärztepfusch den Arzt verklagen?

Laut Statistik kommt es jährlich zu rund 10.000 Behandlungsfehlern in Deutschland. Nicht alle davon sorgen dafür, dass die Patienten anschließend an Gesundheitsschäden leiden. Dies lässt sich aber immerhin bei rund 2.000 Fällen feststellen. Wer als Patient von einem Behandlungsfehler betroffen ist, kann unter Umständen den behandelnden Arzt verklagen und Schmerzensgeld bzw. Schadensersatz einfordern.

Allerdings ist nicht jeder Fehler bei der ärztlichen Behandlung als Ärztepfusch zu verstehen. Auch Fehldiagnosen oder Fehler bei der Nachsorge einer Behandlung führen nicht automatisch zu einem Anspruch auf Schmerzensgeld. Hier müssen zusätzliche Bedingungen erfüllt sein, damit Betroffene klagen können.

Eine Klage nach einem Behandlungsfehler gegen den Arzt ist möglich, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. Nicht jeder Fehler bei der Behandlung in der Arztpraxis oder im Krankenhaus löst automatisch eine Schadensersatzpflicht aus.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, wenn ich meinen Arzt verklagen möchte?

Grundlage für eine Klage gegen den Arzt ist der zwischen dem Patienten und dem Behandelnden geschlossene Behandlungsvertrag nach §§ 630a ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (kurz: BGB). Der „Behandelnde“ kann beispielsweise aber auch eine juristische Person, wie etwa ein Krankenhaus sein.

§ 630a BGB: Vertragstypische Pflichten beim Behandlungsvertrag


(1) Durch den Behandlungsvertrag wird derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung, der andere Teil (Patient) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist.

(2) Die Behandlung hat nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist.

Der Behandlungsvertrag ist Anspruchsgrundlage, wenn es zu Fehlern rund um die Behandlung kommt. Der Arzt haftet in diesem Zusammenhang nicht nur für eigene Fehler, sondern auch für Behandlungsfehler des ihm unterstellten Personals.

Ein Behandlungsvertrag wird nur zwischen dem Patienten und dem Behandelnden (i. d. R. der Arzt) geschlossen und erstreckt sich nicht explizit auch auf das in der Praxis tätige Personal. Dieses wird aber als sogenannte Erfüllungsgehilfen für den Behandelnden tätig. Begeht eine Sprechstundenhilfe im Rahmen ihrer Tätigkeit einen Fehler, haftet der Behandelnde dafür nach den Grundsätzen des § 278 BGB.

Wann liegt ein Behandlungsfehler vor?

Die Klage gegen den behandelnden Arzt aufgrund eines Fehlers oder aufgrund von Ärztepfusch ist nur dann möglich, wenn tatsächlich ein Behandlungsfehler vorliegt. Grundsätzlich geht man immer dann von einem Behandlungsfehler aus, wenn die gesamte Behandlung nicht gemäß den ärztlichen Behandlungsregeln sowie den gesicherten medizinischen Erkenntnissen durchgeführt wird. Der Begriff der Behandlung ist weit zu fassen. Er beinhaltet sowohl die Aufklärung über die durchzuführenden Behandlungsschritte als auch sämtliche Diagnose- und bildgebende Verfahren sowie die Nachsorge nach der eigentlichen Behandlung.

Ein Behandlungsfehler kann sowohl aktiv begangen werden als auch durch Unterlassen entstehen, etwa dann, wenn ein Notfall eine notwendige Behandlung nicht erfährt oder diagnosegebende Verfahren unterlassen werden, die eigentlich notwendig gewesen wären.

Grundsätzlich können ärztliche Behandlungsfehler eine große Bandbreite aufweisen:

  • Befunderhebungsfehler: medizinisch gebotene Befunde werden nicht rechtzeitig erhoben oder werden nicht gesichert
  • Diagnoseirrtum: die für eine Krankheit typischen Symptome werden durch den behandelnden Arzt nicht ausreichend berücksichtigt oder die Auswertung der Symptome ist nach gesicherten medizinischen Erkenntnissen nicht vertretbar
  • Therapiefehler: die gewählte Therapie bzw. Behandlung ist nicht geeignet, die Erkrankung zu behandeln oder die gewählte Therapie bzw. Behandlung entspricht nicht dem allgemein anerkannten Facharztstandard
  • Organisationsfehler: Behandlungsabläufe entsprechen nicht den hygienischen und apparativen Standards; typische Organisationsfehler sind zum Beispiel ein zu geringer Personaleinsatz, Mängel im Hygienemanagement, eine unzureichende apparative Ausstattung oder eine mangelhafte Ausstattung mit Medikamenten
  • Mangelhafte therapeutische Informationen: der Patient wird nicht über die dem Zustand angepassten Lebensweise informiert, der Arzt hält den Patienten nicht zur richtigen Einnahme verordneter Medikamente an, klärt nicht über mögliche Nebenwirkungen auf oder unterlässt die Information über Nachsorge- und Kontrolltermine.

Ob tatsächlich ein Ärztepfusch vorliegt, lässt sich als medizinischer Laie oft nicht sicher feststellen. Hier empfiehlt sich eine unverbindliche und kostenlose Erstberatung durch unsere KLUGO Partner-Anwälte und Rechtsexperten.

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Ein Anwalt für Medizinrecht kann schon frühzeitig die Chancen und Risiken erkennen, wenn Sie Ihren behandelnden Arzt auf Schadensersatz bei Behandlungsfehlern verklagen wollen. Er begleitet Sie als Kläger im Prozess gegen den Arzt oder auch gegen das Krankenhaus, in dem Sie behandelt wurden.

Kann ich den Arzt wegen unterlassener Hilfeleistung verklagen?

Nicht nur für Fehler bei der Behandlung können Patienten Schmerzensgeld verlangen. Auch im Fall einer unterlassenen Hilfeleistung steht den Betroffenen unter Umständen eine Entschädigung zu.

Nach § 323c des Strafgesetzbuches (kurz: StGB) macht sich jeder strafbar, der in einem Notfall nicht entsprechend seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten Hilfe leistet. Das betrifft besonders Ärzte, da diese über die notwendigen Qualifikationen verfügen.

Praktisch bedeutet dies auch, dass ein Arzt im Notfall eine Behandlung nicht ablehnen darf. Wann ein Notfall vorliegt und welches Vorgehen im konkreten Fall geboten ist, entscheidet sich anhand der Umstände im Einzelfall.

Wichtig zu wissen: Im Rahmen einer regulären Behandlung besteht für Ärzte keine Behandlungspflicht. Sie können demnach eine Behandlung ablehnen, solange keine Notfallsituation vorliegt.

Wie viel Entschädigung steht mir zu, wenn ich meinen Arzt verklagen möchte?

Die Höhe des Schadensersatzes und Schmerzensgeld, hängt in erster Linie vom Ausmaß des Schadens ab, der durch die falsche Behandlung verursacht wurde. Dabei hat das Schmerzensgeld nach dem Willen des Gesetzgebers und in Anwendung von § 253 BGB vor allem die Funktion, den immateriellen Schaden in angemessener Höhe auszugleichen, während der Schadensersatz die materiellen Schäden ersetzen soll. Als Faustformel gilt: je größer der durch den Behandlungsfehler verursachte Gesundheitsschaden, desto höher das Schmerzensgeld.

Aus der Rechtsprechung gibt es Beispiele für unterschiedlich hohe Schmerzensgeldzahlungen nach einem Ärztepfusch:

  • Verlust des Geruchssinns nach einer Operation: 3.500 Euro
  • mangelhaftes Vorgehen beim Einsetzen einer "künstlichen Hüfte": 5.000 Euro
  • Querschnittslähmung nach fehlerhafter Operation: 220.000 Euro
  • schwere Behinderung eines Kindes durch Nichtbehandlung: 250.000 Euro
  • schwere Behinderung durch einen zu spät eingeleiteten Kaiserschnitt: 600.000 Euro
  • Geburtsschaden mit 100%iger Behinderung: 700.000 Euro
  • Zahnverletzung bei einer Wurzelbehandlung: 2.000 Euro

Eine pauschale Summe für betroffene Patienten lässt sich im Vorfeld eines Behandlungsfehlers oder Ärztepfuschs nicht beziffern. Hier sind die individuellen Umstände im Einzelfall ausschlaggebend. Die Beweislast trifft grundsätzlich den geschädigten Patienten. Er muss schlüssig darlegen, dass ein Fehler des Arztes kausal für den folgenden Gesundheitsschaden verantwortlich ist. Im Rahmen der Beweislastregelung des § 630 h BGB wird in bestimmten Situationen allerdings vermutet, dass ein Behandlungsfehler durch den Behandelnden vorliegt und dieser ursächlich für die Gesundheitsschädigung war.

Schritt-für-Schritt-Anleitung: So gehen Sie vor, wenn Sie Ihren Arzt verklagen wollen

Wenn Sie eine Klage gegen Ihren Arzt wegen eines Behandlungsfehlers anstreben, sollten Sie dafür Schritt für Schritt vorgehen:

Arzt verklagen: So gehen Sie vor – Infografik
Arzt verklagen: So gehen Sie vor – Infografik
  1. Streben Sie eine außergerichtliche Einigung an. Dafür ist ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt unerlässlich. Suchen Sie das Gespräch und versuchen Sie, ohne einen Prozess eine Entschädigung zu erhalten. Dabei und bei allen folgenden Schritten unterstützt Sie ein Anwalt für Medizinrecht.
  2. Führt das Gespräch nicht zum gewünschten Erfolg, können Sie einen möglichen Anspruch gerichtlich durchsetzen. Auch dabei hilft Ihnen ein Anwalt für Medizinrecht. Ein Arzthaftungsprozess wird vor dem zuständigen Zivilgericht geführt.
  3. Krankenkasse kontaktieren: Auch die Krankenkasse muss informiert werden, wenn der Verdacht auf Ärztepfusch oder auf einen Behandlungsfehler besteht. Der medizinische Dienst wird über ein Gutachten prüfen, ob tatsächlich Pfusch vorliegt. Am Ende der Prüfung erfolgt eine schriftliche Stellungnahme zu Ihrem konkreten Fall. Alternativ können Sie ein Schlichtungsverfahren bei der Landesärztekammer eröffnen.
  4. Klage erheben: Scheitern alle Versuche der außergerichtlichen Einigung, können Sie zusammen mit Ihrem Anwalt Klage erheben.

Bei Fragen zum Thema Medizinrecht helfen wir Ihnen gerne im Rahmen einer kostenlosen telefonischen Erstberatung weiter. Die kompetenten KLUGO Partner-Anwälte und Rechtsexperten im Medizinrecht stehen Ihnen dabei mit juristischem Rat zur Seite und unterstützen Sie bei allen Anliegen.

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